Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Die Grünen blinken nach links
Die Grünen sind nach Umfragen die zweitstärkste politische Kraft in Deutschland und stellen mit Winfried Kretschmann im wirtschaftlich erfolgreichen Baden-Württemberg seit zehn Jahren einen Ministerpräsidenten, der seine Partei zuletzt über 32 Prozent führte. Es lohnt sich also, das Wahlprogramm sorgfältig zu lesen und zu bewerten.
Strategisch haben die Grünen eine richtige Entscheidung getroffen. Da die Corona-Pandemie im Sommer an Dringlichkeit verlieren dürfte, könnte der Klimaschutz wieder an erster Stelle stehen. Dort gelten die Grünen bei den Wählern als kompetent. Auch wenn das 1,5-Grad-Ziel als sehr ehrgeizig und einschneidend gilt, so dürfte der Ökopartei der Beifall gewiss sein. Die Grünen wollen dieses Ziel mit einer Mischung aus marktwirtschaftlichen (höherer CO2-Preis) und ordnungsrechtlichen Maßnahmen (Verbot des Verbrennungsmotors) erreichen. Das könnte für die Wirtschaft zum Belastungstest werden.
Auch die Einführung der Vermögensteuer, eines Mietendeckels und die deutliche Anhebung des Mindestlohns signalisieren ein Bündnisangebot an RotRot-Grün, sind aber nicht gerade wirtschaftsfreundlich. Hier laufen die Grünen die Gefahr, die ihnen bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg neu zugeschriebene Kompetenz in Wirtschaftsfragen wieder einzubüßen. Die faktische Abschaffung der privaten Krankenversicherung dürfte Ersparnisse in großem Umfang vernichten.
Ihren Wählern streuen die Grünen überdies Sand in die Augen. Sie wollen jedes Jahr 50 Milliarden Euro in Ökologie, Digitalisierung und die Verkehrswende investieren. Die hemmende Schuldenbremse können sie nur über eine Zwei-Drittel-Mehrheit kippen. Das ist wohl erfolglos und nur etwas für das Schaufenster.