Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Die Suche nach dem verlorenen Heimvorteil
Auf der eigenen Bahn spielt es sich am besten: Das gilt auch für die Anlage der Kegelsportfreunde Blau-Weiß Solingen-Hilden.
Von den Lamellenvorhängen über die Tischdecken bis zur Verkleidung der eigentlichen Sportanlage – die Farben Blau und Weiß dominieren die Halle am Schmalzgraben 7b und zeigen, wer hier Herr im Haus ist. Oder es bisher war. Denn die Kegelsportfreunde Blau-Weiß Solingen-Hilden müssen sich nach der Kündigung des Mietvertrags wegen Eigenbedarf des Vermieters bekanntlich eine neue Spielstätte suchen – und somit auch einen neuen Ort, an dem sie in den Duellen der 2. Bundesliga ihren Heimvorteil ausspielen können.
Und der hat nicht nur psychologische Ursachen wie die Vertrautheit des Ortes – oder die motivierende Präsenz der Vereinsfarben: „Jede Bahn ist ein kleines bisschen anders“, erklärt Markus Gruben, Geschäftsführer des Vereins. Zwar gibt es grundsätzlich Normen des Verbands über Länge, Breite und Aufbau einer sogenannten „Scherenbahn“. Wie stark die Bahn gekehlt, also nach innen gewölbt ist, variiert allerdings minimal. Und letztlich kann auch der Zustand der Lauffläche den feinen Unterschied ausmachen, wie Gruben verrät: „Am Tag vor dem Wettkampf wird die Bahn immer regelmäßig gewachst und ist dann glatter.“Dadurch verzeihe sie auch kleinere Fehler, und die Kugel rutsche schneller. Solche Details machten sich immer bemerkbar, wenn man von der eigenen Trainingsstätte zum Auswärtsspiel reisen müsse, erklärt Gruben.
17 Jahre lang war die noch immer modern wirkende, vollautomatisch ausgerüstete Bahn Schauplatz der Heimspiele der Blau-Weißen: Die waren damals von der Klingenhalle an den Schmalzgraben umgezogen und hatten sich mit Unterstützung des Vermieters aus dem Umfeld des Vereins ihr neues „Wohnzimmer“
„Wir hoffen, die Anlage in einem Container zwischenlagern
zu können“
Dennis Grohmann
Vorsitzender
eingerichtet. Ein gutes halbes Jahr dauerte es, bis die Bahn, die der Hallen-Eigentümer nun ganz offiziell den Keglern übertragen wird, aufgebaut war. Sie werden die Sportler weitgehend in Eigenarbeit bis Ende Mai abbauen. „Wir hoffen, die Anlage in einem Übersee-Container zwischenlagern zu können“, sagt der Vereinsvorsitzende Dennis Grohmann. Denn die Zeit bis zum NeuStart der Zweitliga-Saison im September wird zu knapp, um sie irgendwo wieder neu aufzubauen – ganz zu schweigen davon, dass noch überhaupt nicht klar ist, wo die Kegelsportfreunde demnächst unterkommen werden.
Als Übergangslösung im Gespräch ist eine große Vereinsanlage mit acht Bahnen in Langenfeld. Dort aber wird das Kegeln ein anderes sein als im Schmalzgraben, so viel ist klar – erst recht für Dennis Grohmann, der praktisch mit der Bahn im Gewerbegebiet aufwuchs. „Für mich war es die einzige Heimspielstätte, die ich erlebt habe“, betont er – und verbindet viele Erfolge mit diesem Ort, allen voran den Wiederaufstieg der Blau-Weißen in die zweithöchste deutsche Spielklasse im Jahr 2016.
Von der Geschichte der Solinger Kegler, von Westdeutschen Meisterschaften und zahlreichen Siegen bei nationalen und internationalen Turnieren zeugt die beachtliche Ansammlung schmucker Pokale in der Vitrine. Zu den Höhepunkten – und Garanten für gute Einnahmen – zählten über Jahr hinweg auch die Hobbyturniere, die Blau-Weiß an diesem Ort ausrichtete. Nun geht es für den Verein, der 2012 mit den Sportkeglern Meide 63 aus Hilden fusionierte und sich die Halle mit dem SK 66/99 Solingen teilte, auf Reisen – und auf die Suche nach dem neuen Heimvorteil.
Doch ob sich der sofort wieder einstellen wird, ist unklar. Denn, auch wenn ein Kegelbahnbauer die Bahn an anderer Stelle wieder neu aufgebaut haben wird, werden wohl Unterschiede bleiben, wie Markus Gruben erklärt: „Je nach Unterbau wird sie nie genau gleich sein wie vorher.“