Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
„Die Mitwirkung des Teams ist selbstverständlich“
Der Geschäftsführer des Handball-Bundesligisten Bergischer HC spricht über den Abgang von Trainer Sebastian Hinze.
Es ist eine Nachricht, die die Handballwelt in Deutschland bewegt: Sebastian Hinze wird seinen Vertrag beim Handball-Erstligisten Bergischer HC nach dann zehn Jahren im Amt des Cheftrainers nicht über den 30. Juni 2022 hinaus verlängern. Die Löwen müssen sich einen neuen Coach suchen. Was dies für den Club bedeutet, verrät Geschäftsführer Jörg Föste im Interview.
Im Sommer 2022 wird eine zehnjährige Ära beim Bergischen HC zu Ende gehen. Wird das einen der größten Umbrüche der Vereinsgeschichte darstellen?
FÖSTE Ganz sicher nicht. Strategie, Philosophie und Zielsetzung des Clubs bleiben bestehen. Das gilt auch, wenn Einzelne sich anderweitig orientieren – selbst, wenn es wie in diesem Fall zentrale Leistungsträger sind.
Hat Sie die Entscheidung des Trainers, seinen Vertrag nicht zu verlängern, überrascht?
FÖSTE Es hatte sich über Monate hinweg angedeutet, die Anzeichen haben sich gemehrt; also nein.
Haben Sie eine Rückmeldung aus der Mannschaft bekommen? Wie hat diese auf die Nachricht reagiert?
FÖSTE Die Mannschaft hat es am Mittwochmittag digital von Sebastian Hinze erfahren, im Quarantänestatus. Es ist also kein guter Zeitpunkt, um einen persönlichen Austausch zu pflegen. Mit Kapitän Fabian Gutbrod und anderen telefoniere ich. Den Eindruck fasse ich nach zwei positiven Fällen in unserem Team einmal so zusammen: Wir haben derzeit dringendere Sorgen als eine Demission per Juni 2022. Und das sage und meine ich völlig wertfrei.
Befürchten Sie größere Unruhe in der weiteren Amtszeit Hinzes, wenn es sportlich mal nicht wie erhofft laufen sollte?
FÖSTE Nein. Wir analysieren bekanntlich jedes einzelne Spiel sehr umfassend. Das wird auch weiterhin der Fall sein – gewohnt sachorientiert.
Die Suche eines Nachfolgers hat begonnen. Könnten Sie noch einmal das Anforderungsprofil definieren?
FÖSTE Der Weg des BHC ist gekennzeichnet durch harte Arbeit, Verlässlichkeit, Beständigkeit und Zielorientierung. Diese Idee muss auch der Trainer verkörpern. Hinzu kommt: Es herrscht ein ganz einzigartiger Geist in unserem Team – dazu muss er passen. Die Entwicklung der Spielphilosophie und der Kaderqualität sind weitere Kriterien.
Sie sagten, der BHC will zum TopTen-Club reifen. Heißt das, der neue Trainer muss bereits über ein höheres Level an Erfahrung verfügen, als es Sebastian Hinze bei Amtseinführung 2012 hatte?
FÖSTE Wir stecken selbst im Reifeprozess. Ein Mitwachsen ist da durchaus vorstellbar. Im Vordergrund steht die Fähigkeit, die ganz spezifischen BHC-Stärken zu mehren. Dazu braucht es Qualitäten, die nicht ganz zwangsläufig über jahrzehntelange Berufserfahrung herzuleiten sind.
In den Entscheidungsprozess werden Sie die Mannschaft einbeziehen. Ist das auch als Vertrauensbeweis ins Team zu sehen?
FÖSTE Unser Team ist in jeder Hinsicht das wertvollste, das wir je hatten. Daher ist die Mitwirkung selbstverständlich und entspricht der besonderen Atmosphäre im Club. Zudem wäre es ganz einfach töricht, auf so viel Sachverstand zu verzichten. Und zuletzt: Dem Zeitalter einsamer Entscheidungen sind wir bereits seit langem entwachsen.
Wie sieht die Einbindung der Mannschaft denn genau aus?
FÖSTE Das möchten wir zunächst intern besprechen – mit der Mannschaft selbstredend.
Angenommen Sie würden nun doch sehr zeitnah den perfekten Kandidaten finden, der auch schon frühzeitig verfügbar wäre: Ist ein vorzeitiger Abgang von Sebastian Hinze dann weiterhin absolut ausgeschlossen?
FÖSTE Die klassische Konjunktiv-Frage. Das Ziel lautet, den perfekten Kandidaten zu finden, der frühzeitig – also zum 1. Juli 2022 – verfügbar ist.