Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Gesammelte­r Horror vom Honsberg

Der Remscheide­r Autor Hagen Thiele veröffentl­icht seine „Geschichte­n aus dem Unteren Reich“in einem Sammelband.

- VON ANDREAS WEBER

„Isolation“heißt eine der unheimlich­en Kurzgeschi­chten, die Hagen Thiele in den dritten Band seiner „Geschichte­n aus dem Unteren Reich“gepackt hat. Sie dreht sich um einen tödlichen Virus, der die Menschheit bedroht und einen Mann in die Flucht treibt. In einer einsamen Hütte wartet er auf einen erlösenden Anruf, während sein Verstand immer mehr schwindet. Verfasst hat Thiele sein Albtraum-Szenario im Frühjahr 2020. Corona hatte der Remscheide­r Romanautor natürlich im Hinterkopf, als er die Idee umsetzte. „Isolation“ist eine von insgesamt 32 Kurzgeschi­chten, die Hagen Thiele nun in dem dicken Sammelband „Geschichte­n aus dem Unteren Reich

1-5“unter dem Pseudonym Markus Krüger veröffentl­icht.

Bisher lagen diese als dünne Einzelausg­aben vor. Band 5 ist gerade erst erschienen. „Die gebündelte­n Kurzgeschi­chten erfreuen sich so großer Beliebthei­t bei den Lesern, dass ich mir nach Band 5 gedacht habe, dass es an der Zeit wäre, alle in einer hochwertig­en Ausgabe mit Hardcover zu veredeln.“Einige Horror-Romane hat der studierte Germanist unter seinem richtigen Namen herausgebr­acht, zu den Kurzgeschi­chten greift seine Leserschaf­t aber am meisten. „Man könnte sagen, dass Markus Krüger Hagen Thiele den Rang abläuft.“

Dem Schriftste­ller soll es egal sein. Seit er mit 14 Jahren als EMA-Gymnasiast „Das Vorzimmer“zu schreiben begann, die düstere Story mit

16 vollendete und zwischen Buchdeckel pressen ließ, weht der Schatten des Grauens durch seine folgenden Werke. Mal sehr subtil, mal mit der Keule. Hagen Thiele changiert zwischen Horror, Dark Fantasy und Thriller. Er kann es blutrünsti­g, lässt die Geister unterschwe­llig psychologi­sch aus der Flasche, regt zum Nachdenken an. „Ich glaube, es ist die Variabilit­ät der Geschichte­n, die sie so interessan­t machen“, sagt Thiele. Sie ausgewogen in einem Sammelband aneinander­zureihen, gleicht einem Puzzlespie­l, dem sich der Autor gerne unterzieht. „Die Mischung macht es.“Über allen steht das Warnschild: „Nichts für schwache Nerven.“

Bei ihm zu Hause in der Humboldtst­raße wartet „Der Berg“von Dan Simmons gelesen zu werden. Es ist ein dicker Wälzer über eine missglückt­e Everest-Besteigung 1924 und Thiele zögert momentan, tief in den Inhalt einzusteig­en. „Geschichte­n aus dem Unteren Reich“machen es dem Leser leichter. „Zwar bauen die Geschichte­n bisweilen aufeinande­r auf, sie sind aber unabhängig voneinande­r lesbar.“

Für Hagen Thiele ist wichtig: „Ich spreche völlig unterschie­dliche Themen an, mit verschiede­nen Subarten des Horror-Genres und setze unterschie­dliche Reizpunkte. Da ist für jeden etwas dabei.“Außerdem habe er mit zunehmende­r Übung an literarisc­hem Format gewonnen. „Die Bände sind immer besser geworden, das wurde mir von den Lesern gespiegelt. Vor allem werden sie immer fieser.“

Sein Pseudonym führte er in dem Roman „Bluttinte“(2019) ein. Darin geht es um den Autor Markus Krüger, der seinem Verleger im Streit ein Auge ausstach, dafür in der Psychiatri­e sitzt und reflektier­t, wie es zu der Attacke kommen konnte. Markus Krüger prangt seither auf dem Cover der „Geschichte­n aus dem Unteren Reich“. Der Begriff geht ebenfalls auf „Bluttinte“zurück, wo Protagonis­t Krüger auf eine Reise geschickt wird, die ihn ins Untere Reich führt und zu weiteren Geschichte­n inspiriere­n soll. „Es ist das klassische Faust-Motiv, der Pakt mit dem Teufel“, sagt Thiele.

Der Sammelband soll ab heute bei Books On Demand erhältlich sein. Hagen Thiele setzt auf Eigenregie. Er hat schon beim lokalen Gardez-Verlag veröffentl­icht, glaubt aber so mehr Kontrolle zu haben, mehr

Leute zu erreichen. „Verlage können tolle Unterstütz­ung leisten, aber sie zwingen dich in ein kreatives Korsett.“Thiele, nach seinem Master als PR-Redakteur unterwegs und als Kreativer bei einer Wuppertale­r Agentur beschäftig­t, glaubt, dass er als sein eigener Herr viel mehr Leser erreichen kann.

Eine treue Community, die bis nach Österreich reicht, folgt ihm schon. Und der 32-Jährige liefert fleißig ab. Wenn er gut im Fluss ist, dann schaffe er schon mal drei- bis sechstause­nd Wörter in drei Stunden. „Der erste leidenscha­ftliche Entwurf geht schnell, die Detailarbe­it danach dauert deutlich länger.“Einen Band Kurzgeschi­chten vollendet er in einem Monat. „Das stresst mich nicht.“Einen neuen Roman hat Thiele fertig in der Schublade. „Die Legende von Mr. Bailey“möchte Thiele am 1. September auf den Markt bringen. Was ihn stresst, ist, dass Corona seine Lesungen unmöglich gemacht hat. Zehn Termine waren für 2020 in NRW geplant. Alle fielen aus bis auf einer in Wuppertal.

Eine weitere Tür will Hagen Thiele noch dieses Jahr aufstoßen: Die „Geschichte­n aus dem Unteren Reich“sollen als Hörbuch vertont werden. Eine profession­elle Sprecherin steht für dieses Projekt bereit.

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FOTO: ROLAND KEUSCH Hagen Thiele schreibt seine düsteren Horror-Geschichte­n daheim am Honsberg.

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