Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Gesammelter Horror vom Honsberg
Der Remscheider Autor Hagen Thiele veröffentlicht seine „Geschichten aus dem Unteren Reich“in einem Sammelband.
„Isolation“heißt eine der unheimlichen Kurzgeschichten, die Hagen Thiele in den dritten Band seiner „Geschichten aus dem Unteren Reich“gepackt hat. Sie dreht sich um einen tödlichen Virus, der die Menschheit bedroht und einen Mann in die Flucht treibt. In einer einsamen Hütte wartet er auf einen erlösenden Anruf, während sein Verstand immer mehr schwindet. Verfasst hat Thiele sein Albtraum-Szenario im Frühjahr 2020. Corona hatte der Remscheider Romanautor natürlich im Hinterkopf, als er die Idee umsetzte. „Isolation“ist eine von insgesamt 32 Kurzgeschichten, die Hagen Thiele nun in dem dicken Sammelband „Geschichten aus dem Unteren Reich
1-5“unter dem Pseudonym Markus Krüger veröffentlicht.
Bisher lagen diese als dünne Einzelausgaben vor. Band 5 ist gerade erst erschienen. „Die gebündelten Kurzgeschichten erfreuen sich so großer Beliebtheit bei den Lesern, dass ich mir nach Band 5 gedacht habe, dass es an der Zeit wäre, alle in einer hochwertigen Ausgabe mit Hardcover zu veredeln.“Einige Horror-Romane hat der studierte Germanist unter seinem richtigen Namen herausgebracht, zu den Kurzgeschichten greift seine Leserschaft aber am meisten. „Man könnte sagen, dass Markus Krüger Hagen Thiele den Rang abläuft.“
Dem Schriftsteller soll es egal sein. Seit er mit 14 Jahren als EMA-Gymnasiast „Das Vorzimmer“zu schreiben begann, die düstere Story mit
16 vollendete und zwischen Buchdeckel pressen ließ, weht der Schatten des Grauens durch seine folgenden Werke. Mal sehr subtil, mal mit der Keule. Hagen Thiele changiert zwischen Horror, Dark Fantasy und Thriller. Er kann es blutrünstig, lässt die Geister unterschwellig psychologisch aus der Flasche, regt zum Nachdenken an. „Ich glaube, es ist die Variabilität der Geschichten, die sie so interessant machen“, sagt Thiele. Sie ausgewogen in einem Sammelband aneinanderzureihen, gleicht einem Puzzlespiel, dem sich der Autor gerne unterzieht. „Die Mischung macht es.“Über allen steht das Warnschild: „Nichts für schwache Nerven.“
Bei ihm zu Hause in der Humboldtstraße wartet „Der Berg“von Dan Simmons gelesen zu werden. Es ist ein dicker Wälzer über eine missglückte Everest-Besteigung 1924 und Thiele zögert momentan, tief in den Inhalt einzusteigen. „Geschichten aus dem Unteren Reich“machen es dem Leser leichter. „Zwar bauen die Geschichten bisweilen aufeinander auf, sie sind aber unabhängig voneinander lesbar.“
Für Hagen Thiele ist wichtig: „Ich spreche völlig unterschiedliche Themen an, mit verschiedenen Subarten des Horror-Genres und setze unterschiedliche Reizpunkte. Da ist für jeden etwas dabei.“Außerdem habe er mit zunehmender Übung an literarischem Format gewonnen. „Die Bände sind immer besser geworden, das wurde mir von den Lesern gespiegelt. Vor allem werden sie immer fieser.“
Sein Pseudonym führte er in dem Roman „Bluttinte“(2019) ein. Darin geht es um den Autor Markus Krüger, der seinem Verleger im Streit ein Auge ausstach, dafür in der Psychiatrie sitzt und reflektiert, wie es zu der Attacke kommen konnte. Markus Krüger prangt seither auf dem Cover der „Geschichten aus dem Unteren Reich“. Der Begriff geht ebenfalls auf „Bluttinte“zurück, wo Protagonist Krüger auf eine Reise geschickt wird, die ihn ins Untere Reich führt und zu weiteren Geschichten inspirieren soll. „Es ist das klassische Faust-Motiv, der Pakt mit dem Teufel“, sagt Thiele.
Der Sammelband soll ab heute bei Books On Demand erhältlich sein. Hagen Thiele setzt auf Eigenregie. Er hat schon beim lokalen Gardez-Verlag veröffentlicht, glaubt aber so mehr Kontrolle zu haben, mehr
Leute zu erreichen. „Verlage können tolle Unterstützung leisten, aber sie zwingen dich in ein kreatives Korsett.“Thiele, nach seinem Master als PR-Redakteur unterwegs und als Kreativer bei einer Wuppertaler Agentur beschäftigt, glaubt, dass er als sein eigener Herr viel mehr Leser erreichen kann.
Eine treue Community, die bis nach Österreich reicht, folgt ihm schon. Und der 32-Jährige liefert fleißig ab. Wenn er gut im Fluss ist, dann schaffe er schon mal drei- bis sechstausend Wörter in drei Stunden. „Der erste leidenschaftliche Entwurf geht schnell, die Detailarbeit danach dauert deutlich länger.“Einen Band Kurzgeschichten vollendet er in einem Monat. „Das stresst mich nicht.“Einen neuen Roman hat Thiele fertig in der Schublade. „Die Legende von Mr. Bailey“möchte Thiele am 1. September auf den Markt bringen. Was ihn stresst, ist, dass Corona seine Lesungen unmöglich gemacht hat. Zehn Termine waren für 2020 in NRW geplant. Alle fielen aus bis auf einer in Wuppertal.
Eine weitere Tür will Hagen Thiele noch dieses Jahr aufstoßen: Die „Geschichten aus dem Unteren Reich“sollen als Hörbuch vertont werden. Eine professionelle Sprecherin steht für dieses Projekt bereit.