Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Drogen-Prozess: Gutachter ließ sich nicht täuschen
(mis) Proteste gab es beim letzten Verhandlungstag im März vom Solinger Drogenhändler, der vom SEK in Gräfrath nach einem Scheinkauf der Ermittler festgenommen worden war. Das medizinische Gutachten hatte seine Behauptung, dass die eingekauften Rauschmittel vor allem für den Eigenbedarf gebraucht worden sein, und der anderweitig verkaufte Stoff diesen hätte finanzieren sollen, ins Reich der Fabel verwiesen. Ähnlich wie bei Dopingproben nach einem Radrennen wurde das Ergebnis abgestritten, sogar eine Verwechslung von Proben vermutet.
Denn nach diesen sei der Mann kein exzessiver Trinker gewesen. Auch hätten sich angeblich 30 Joints am Tag nicht beweisen lassen. Schmerzmittel, Schlafmittel, Kokain, all das habe er im Übermaß eingeworfen, so behauptete der Angeklagte. Die Sucht sei Schuld an seinem Drogenhandel – aber lediglich Kokain und Cannabis wurde in deutlich geringerer Menge in den Haarproben gefunden. Eine neuerliche Untersuchung allerdings bestätigte das erste Gutachten. Weder seien Haarproben verwechselt noch verkehrt herum zur Zeitlinie ausgewertet worden.
Das neue psychiatrische Gutachten sah es ähnlich. Trotz einer verkorksten Jugend und einer „tief verwurzelten Abhängigkeit“gäbe es nur leichte Einschränkungen der Steuerungsfähigkeit. „Ein ausgeklügeltes Geschäftsverhalten beim Drogenhandel“sah der Gutachter, man habe es nicht mit „dem kleinen Dealer an der Ecke“zu tun. Sein Denken und Handeln sei nur durch Rauschmittel bestimmt. Trotzdem könne eine Therapie sinnvoll sein, wie die Vergangenheit gezeigt habe, aber mindestens zwei Jahre wären dazu notwendig.
Auch den Gutachter habe der Angeklagten mit der „maßlose Übertreibung“seines Drogenkonsum täuschen wollen – sein Ziel sei wohl eine Therapie im Maßregelvollzug gewesen, die deutlich angenehmer sein könne als normale Haft. Die Plädoyers von Staatsanwalt und Verteidiger werden in der nächsten Woche erwartet.