Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Frisches zum Picken aus eigener Mühle
Familie Kottsieper setzt auf Regionalität und Nachhaltigkeit. Für den Geflügelhof gibt es Futter vom eigenen Feld.
Wenn spätestens im Mai die goldgelben Rapsfelder auf Obergarschagen, bei Herbringhausen und Beyenburg in voller Pracht blühen, sind sie für viele Spaziergänger und Fotografen wieder ein beliebtes Fotomotiv. Was aber die wenigstens wissen: Die Felder sind Teil des Lüttringhauser Traditionsbauernhofs Kottsieper.
Rund 80 Hektar Land gehören zum Betrieb des bekannten Geflügelhofes. Neben Raps werden auf den Ackerfeldern auch Weizen und Gerste angebaut. Der geerntete Raps wird in einer Ölmühle weiterverarbeitet. Der so genannte Rapskuchen, der feste Pressrückstand nach der Kaltpressung, kommt zurück auf den Hof und ist Bestandteil des Hühnerfutters. Weizen und Gerste nutzen Kottsiepers ausschließlich für den Eigenbedarf. Das Getreide bildet die Grundlage für die hochwertige und ausgewogene Ernährung der Lüttringhauser Hühner. Seit zwei Jahren wird es in der hofeigenen Mühle gemahlen. Die hat Robin Kottsieper (29) auf dem Gelände errichten lassen. „Das ist im Grunde back to the roots“, erklärt der studierte Agrarwissenschaftler.
Im Sommer 2019 übernahm er gemeinsam mit seiner Frau Anna (31), die ebenfalls Agrarwissenschaft studierte, in sechster Generation den Familienbetrieb. Für mehr Nachhaltigkeit und die Zukunftsfähigkeit setzt das Paar auf Regionalität sowie die Verbindung von Tradition und modernen Fortschritt. Wurde die Ernte früher noch an eine verarbeitende Firma verkauft und gemahlen zurückgekauft, kann sie nun direkt vor Ort gelagert und verarbeitet werden.
Sehen kann man davon in dem geschlossenen Kreislauf jedoch nicht viel. Die im Sommer eingefahrenen Getreidesorten werden einmal in der Woche „gecrackt“– denn die Hühner mögen es gern knackig. Das Bruchkorn wird unter anderem um regional zugekauften Mais sowie Spurenelemente ergänzt und in den großen Silos aufbewahrt. Von dort aus gelangt es automatisch in die Hühnerställe. Daran können sich die Tiere jederzeit bedienen, wenn sie Hunger haben, erklärt der junge Chef. Und der ist groß: Rund 1400 Tonnen Futter jährlich verzehren die Geflügeltiere. „Alles passiert bei uns ohne Gentechnik“, betont Anna Kottsieper. Das gilt sowohl für den eigenen Anbau, als auch die zugekauften Zutaten. Bis zu 22 Überprüfungen jährlich durchläuft der Eierbetrieb zur Wahrung der hohen Qualitätsstandards. „Wir sind nicht nur einfach ein Bauernhof, sondern ein Lebensmittelunternehmen und müssen die entsprechenden Auflagen erfüllen“, betont Robin Kottsieper.
Die Regularien zum Anbau von Lebensmitteln werden jedoch immer strenger. Und da die Felder im Wasser- und Landschaftsschutzgebiet liegen, muss der Geflügelbauer ohnehin auf spezielle Kriterien achten, um Wasser und selbst kleinste Lebewesen zu schützen. Dazu zählen etwa der Einsatz von organischem Dünger, integrierter Pflanzenanbau und selteneres Ernten der Felder. Die Natürlichkeit und das Engagement für die Umwelt schmeckt man letztlich als Verbraucher auch im Ei selbst. Allein die saftige Eigelbfarbe spricht für sich.
Im Sinne der Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit für kommende Generationen, die mit Sohn Emil (vier Monate) bereits in den Startlöchern steckt, hat Kottsieper Anfang des Jahres einen neuen Produktionszweig aufgenommen. Im Betrieb wird nun wöchentlich in Handarbeit auch frisches Vollei in der „Regionalen Vollei-Manufaktur“hergestellt. Das Produkt wird an Bäckereien und Gastronomie im Umkreis ausgeliefert.
Denn: „Nicht jedes Ei geht in den Supermarkt“, erklärt der Experte. Vielleicht ist es zu groß, zu klein oder eine Feder stört. Früher wurden diese Bestände an die wenigen Großfirmen verkauft, die Vollei produzieren. Dort wurden sie jedoch auch mit Eiern anderer Betriebe vermischt. „Bei unserem Vollei sind nur unserer Eier enthalten. Die intensive Dotterfarbe sieht man auch hier“, sagt er nicht ohne Stolz. Der Lüttringhauser Geflügelhof, ergänzt er, ist der erste in NRW und der zweite in Deutschland, der das Vollei selbst produziert.