Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Wie sehen die Bäume der Zukunft aus?
Dieser Frage gehen aktuell der Remscheider Stadtförster Markus Wolff und sein Team nach.
Sie sichern unsere Lebensgrundlage. Und sie zählen mittlerweile neben Freizeitmöglichkeiten zu den weichen Standortfaktoren einer Stadt: Grünflächen. Laut einem Ranking der „Berliner Morgenpost“landete Remscheid im deutschen Großstädtevergleich 2016 auf Platz 16 von 79, Solingen auf Rang 22, Wuppertal auf Platz 25, was den Grünflächenanteil betrifft. Dazu werteten die Experten Satellitenaufnahmen aus.
„Wir wollen den Stadtbaumbestand zukunftsfähig machen“
Markus Wolff
Stadtförster
Remscheid besteht demnach zu 79,8 Prozent aus sattem Grün – dazu zählt vor allem der Wald mit einem Anteil von 30 Prozent, aber auch jeder Stadtgarten wie der Kuckuck sowie Friedhöfe. Dieses Gut will die Stadt Remscheid unbedingt erhalten – und hat sich deshalb eine Nachhaltigkeitsstrategie auf die Fahnen geschrieben, es gibt das „Stadtbaumkonzept 2050“.
Wie werden die Remscheider Bäume der Zukunft aussehen? Dieser Frage gehen aktuell Stadtförster Markus Wolff und sein Team nach. Wissenschaftliche Unterstützung erhalten sie dabei von der Fachhochschule Göttingen. Das Ziel: „Wir wollen den Stadtbaumbestand zukunftsfähig machen“, sagt Wolff. Bedeutet: Dafür zu sorgen, dass die Lebensspender in Würde altern können – und den Remscheider Bürgern gute Luft bescheren. Über 20.000 sogenannte Stadtbäume gibt es. Für deren Unterhaltung sind die Technischen Betriebe zuständig. Die grünen Lebewesen am Straßenrand sorgen vor allem für ein gutes Klima. „Stadtbäume federn beispielsweise Hitzespitzen ab. Im Sommer 2019 hat es allein 20.000 Hitzetote deutschlandweit gegeben“, erklärt Wolff. Auch auf dem asphaltierten Friedrich-Ebert-Platz ist es im Sommer
locker 20 bis 30 Grad heißer als in Grünanlagen. „Das wird gerade für Senioren zum Problem.“
Aber welche Baumarten sind in Zukunft überhaupt überlebensfähig? Wo sollte man diese am besten pflanzen? Und wie können sich die Bürger einbringen? All das ist Teil des „Stadtbaumkonzepts 2050“. „Wenn wir die Bäume der Zukunft planen wollen, müssen wir die Interessen von Mensch, Baum und Stadtkasse vereinen“, macht Wolff klar. Denn natürlich sei das Projekt auch eine Kostenfrage. Allein für die Baumkontrollen geben die TBR 250.000 Euro pro Jahr aus. Das Ziel: Kosten und Probleme ersparen.
Denn der Stadtbaum hat in Remscheid kein allzu gutes Image. Regelmäßig
hagelt es Beschwerden: Dichte Blätter rauben das Tageslicht in Wohnungen, Obst fällt aufs geparkte Auto. „Im Verhältnis Mensch, Baum, Gesellschaft gibt es viele Konflikte“, sagt Wolff. Daher soll der Lebensspender mit der Rinde wieder zu einem wichtigeren Partner werden – und die Bürger einbezogen werden.
Denn die Realität sieht oft erschreckend aus: Bäume werden angefahren, brutal abgesägt oder verletzt. Die Folge: Rindenabplatzungen. Eine Einladung für Pilze, die den Baum schließlich absterben lassen. Trockenheit und eingeschleppte Krankheiten kommen noch hinzu. Zahlreiche Bäume wurden in der Vergangenheit zudem in vegetationsfeindlichen Umgebungen angepflanzt: zu nah an der Straße, zu nah an Garagen oder Häusern. Beispiel Baumscheibe: Nicht selten platzt der Gehweg auf, wenn sich Wurzeln ihren Weg suchen. Der Frost hat dann leichtes Spiel, Passanten stolpern. Der Baum hat kaum Luft zum Atmen – und entwickelt sich schlechter.
„Daher gibt es die Idee, Standorte zu kategorisieren – von einer guten A-Lage bis hin zu einer befristeten D-Lage“, erklärt der Stadtförster. Und für Neuanpflanzungen zu prüfen, ob der Standort denn auch die nächsten Jahrzehnte noch der richtige ist.
Um künftig das zu vermeiden, was am Willy-Brandt-Platz passiert ist: Nur 30 Zentimeter Mutterboden ließ man den Bäumen bei der damaligen Planung. Nun brauchen sie Infusionen in Form von Wassersäcken, damit sie nicht austrocknen. Für ein gutes Klima und damit für die Gesundheit der Menschen können diese geschwächten Bäume schließlich nicht mehr sorgen.