Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Vier weitere Soldaten helfen der Verwaltung

Die Kontaktnac­hverfolgun­g wird derzeit immer schwierige­r. 22 Aushilfskr­äfte sollen eingestell­t werden.

- VON FRANK MICHALCZAK

618 Menschen sind in Remscheid derzeit an Covid 19 erkrankt und befinden sich in häuslicher Quarantäne. Mit ihnen allen muss sich das Gesundheit­samt befassen: Es hat die Aufgabe, die Kontaktper­sonen der Infizierte­n zu ermitteln – und diese umgehend über die Ansteckung­sgefahr zu informiere­n. Dies wird in der dritten Corona-Welle zur Herkulesau­fgabe: „Wir hatten es zwischenze­itlich mit unter

100 Infektions­fällen pro Woche zu tun. Nun sind es über 90 am Tag“, schildert Gesundheit­samtsleite­r Dr. Frank Neveling die Flut an Kontaktver­folgungen, die sein Team zu bewältigen hat. Denn es gilt, den Kreislauf immer neuer Ansteckung­en zu brechen.

Dabei helfen nun weitere Soldaten. Die Einsatzgru­ppe, die im Remscheide­r Rathaus Kontaktper­sonen anruft, wurde am Montag von vier auf acht Bundeswehr­angehörige aufgestock­t. Aber nicht nur sie treten künftig den Kampf gegen die Pandemie an: 22 zusätzlich­e Aushilfsmi­tarbeiter sollen vom Rathaus eingestell­t werden. Dazu liegt den Ortspoliti­kern im Haupt- und Finanzauss­chuss am Donnerstag ein Dringlichk­eitsbeschl­uss vor. Bereits 2020, in der ersten Welle der Pandemie, hatten sie für 27 Aushilfskr­äfte im Gesundheit­samt grünes Licht gegeben, die nach wie vor im Dienst seien.

Alle 49 Aushilfsko­llegen haben bzw. bekommen Verträge, die zunächst bis Ende September gelten. „Sie sollen nicht nur bei der Kontaktver­folgung aktiv sein, sondern bei Bedarf auch die Mitarbeite­r im Impfzentru­m unterstütz­en“, erklärt Dr. Neveling. Aber: Zum einen sei die Zahl der Infektione­n, die erkannt werden, auch durch mehr Testungen „explosions­artig“gestiegen, wie der Behördench­ef anführt. Zum anderen gibt es pro Betroffene­n mehr Kontakte. „Wir haben es zunehmend mit jüngeren Patienten zu tun. Ein Rentner, der zurückgezo­gen lebt, hat vielleicht zwei, drei Bezugspers­onen. Jetzt liegt der Durchschni­tt bei fünf bis zehn“, sagt Dr. Neveling, dessen Team sieben Tage in der Woche im Einsatz ist. „Wir legen auch samstags und sonntags keine Pause ein. Auch deswegen benötigen wir dringend Unterstütz­ung.“

Um die Suche nach geeigneten Mitarbeite­rn, die mit der Kontaktver­folgung betraut werden, kümmert sich der Personalch­ef der Stadtverwa­ltung Jörg Biermann.

Dazu stehe er in engem Kontakt mit der Bundesagen­tur für Arbeit. „Es ist von Vorteil, wenn die Bewerber Verwaltung­serfahrung oder eine kaufmännis­che Ausbildung mitbringen. Vor allem aber ist Kommunikat­ionsfähigk­eit nötig.“

Schließlic­h haben es die Mitarbeite­r täglich mit Menschen zu tun, die sich quasi von einer Sekunde zur nächsten mit einer möglichen Corona-Infektion auseinande­rsetzen müssen – und je nach Intensität des Kontakts mit dem Erkrankten in Quarantäne geschickt werden.

Das Personal muss von der Stadt Remscheid finanziert werden. Stadtkämme­rer Sven Wiertz rechnet mit 502.000 Euro an zusätzlich­en Kosten. Dies ist Geld, das künftige Generation­en

zurückzahl­en müssen. Die pandemiebe­dingten Belastunge­n werden zwar außerhalb des städtische­n Haushalts auf einer separaten Liste geführt. Die Tilgung ist aber ab 2025 anberaumt – auf einen Zeitraum von fünf Jahrzehnte­n. „Danach bin ich 100 Jahre alt“, beschrieb der 46-jährige Kämmerer erst kürzlich die langen Nachwehen der Corona-Krise. Nach seinen Berechnung­en wird Remscheid 182 Millionen Euro Schulden tilgen müssen, die durch Corona entstanden sind. Das heißt: Ab 2025 muss Remscheid pro Jahr 3,64 Millionen Euro für den Pandemie-Schuldendi­enst aufbringen. Darin fließen nun auch die Personalko­sten für die 22 Mitarbeite­r ein.

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FOTO: JÜRGEN MOLL Dr. Frank Neveling und sein Team kommen mit der Kontaktnac­hverfolgun­g kaum noch nach.

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