Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Die Wildkirsch­e lockt Ameisen mit Nektar an

- VON STEFANIE BARZEN

Diplom-Biologin Stefanie Barzen von der Natur-Schule Grund stellt heute in der Serie „Was wächst denn da am Wegesrand“die Wildkirsch­e vor.

Die Wildkirsch­e, Prunus avium, gehört wie Apfel, Pflaume und Rose in die große Familie der Rosengewäc­hse und ist der Urahn unserer Süßkirsche­n. Sie wird etwa 90 Jahre alt, 15 bis 20 Meter hoch und fühlt sich vor allem in Laubmischw­äldern und an Waldränder­n wohl.

Kirschbäum­e sind gut zu erkennen an ihrer silbrig-braunen Rinde, die sich stellenwei­se in waagerecht­en Streifen ablöst und der Rinde so ein geringelte­s Aussehen verleiht. Das Blatt der Wildkirsch­e ist spitz zulaufend, von länglich-ovaler Form mit einem doppelt-gesägten Rand.

Ab April öffnen sich die am Zweigende dicht beieinande­rstehenden Blatt- und Blütenknos­pen. Die bis zu drei Zentimeter großen, weißen Blüten wachsen in Form einer Dolde, dicht beieinande­r. Sie zeigen den für Rosengewäc­hse typischen Aufbau von je fünf Blütenund Kelchblätt­ern sowie eine

Vielzahl an gelben Staubbeute­ln. Zu den bestäubend­en Insekten gehören Honigbiene­n, Hummeln und andere Wildbienen. Eine Besonderhe­it des Blattes sind je zwei Nektar absondernd­e Drüsen am Blattstiel. Der Nektar lockt Ameisen an, die als Schädlings­bekämpfer, Raupen und Larven fressen, die dem Baum schaden könnten.

Wildkirsch­en sind Steinfrüch­te, kleiner und etwas bitter, weniger süß als Kulturkirs­chen, aber essbar. Schwarze Wildkirsch­en sind süßer als weniger reife rote. Ihren lateinisch­en Namensteil, „avis“, „Vogel“, trägt sie übrigens wegen ihrer Beliebthei­t bei Vögeln. Auch Eichhörnch­en und Maus bedienen sich hier gerne. Der Kernbeißer vermag sogar ihre Kerne zu knacken, um an ihr Inneres zu gelangen. Besonders beliebt ist die Kirsche auch bei den Maden der Kirschfruc­htfliege. Kirschen mit Loch sollte man besser nicht mehr essen, hier wird bereits gespeist.

Verletzte Kirschbäum­e geben eine rötliche, zähe Substanz ab, das sogenannte Katzengold, welches, in Wein gelöst, ein treffliche­s Hustenmitt­el ist. Zu Kirschwass­er gebrannte Kirschen beruhigen den Magen. Leckere Marmelade erhält man nach mühevollem und langwierig­em Puhlen der Kirschen. Die Wärme von Kirschkern­kissen hilft bei Verspannun­gen. Das Holz mit seinem warmen Rotton dient zur Herstellun­g von Musikinstr­umenten und Möbeln.

Am 4. Dezember, dem Barbaratag, geschnitte­ne Zweige blühen als frühlingsh­afte, hübsche Deko zu Weihnachte­n. Gefallenen Mädchen stellt man am 1. Mai einen Kirschzwei­g vor die Tür. Oder, mit Martin Luther, für den gehörnten Ehemann und „Vater“: „. . . der eine frisst die Kirschen aus und hängt den Korb dem andern um den Hals . . .“. www.natur-schule-grund.de

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FOTO: LIESENDAHL Die Blüten der Wildkirsch­e liefern Nahrung für Bienen.

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