Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Integratio­n hört niemals auf

Sevinc Brilling leitet das Kommunale Integratio­nszentrum. Es ist dem Organisati­onsbereich des OB zugeordnet.

- VON HENNING RÖSER

Sevinc Brilling leitet das Kommunale Integratio­nszentrum. Es ist dem Organisati­onsbereich des Oberbürger­meisters zugeordnet.

„Ohne Menschen mit Zuwanderun­g würde Remscheid nicht funktionie­ren“, sagt Oberbürger­meister Burkhard Mast-Weisz (SPD) und verweist auf die vielen Mitarbeite­r mit Migrations­hintergrun­d in Remscheide­r Firmen und auch in der Stadtverwa­ltung. Seine Philosophi­e: „Herkunft darf kein Nachteil sein in der Schule oder in der Berufslauf­bahn.“

„Wir brauchen immer wieder Reibungspu­nkte, um nicht nur nebeneinan­der, sondern auch miteinande­r zu leben“

Sevinc Brilling Leiterin Kommunales Integratio­nszentrum

Eine wichtige Rolle bei diesem Ziel spielt das Kommunale Integratio­nszentrum (KI), das in seinem Dezernat angesiedel­t ist. Es erfülle eine „Brückenfun­ktion“zwischen den hier ankommende­n Menschen und der aufnehmend­en Stadtgesel­lschaft. Dabei decke das KI „ein breites Spektrum ab von der Kita bis zur Seniorenar­beit“. Dabei gehe es darum, „die Menschen nicht zu bemuttern“, sondern auch an ihre Eigenveran­twortung zu appelliere­n.

„Ich sehe nur den Menschen, wir sind alle Bürger eines Landes“, sagt Sevinc Brilling. 1964 kam die Leiterin des Integratio­nszentrums als Vierjährig­e mit ihrer Mutter aus der Türkei nach Remscheid. Zwei Jahre zuvor war der Vater als Facharbeit­er ins Bergische Land gegangen. Im Kindergart­en und in der Schule war sie damals das einzige nichtdeuts­che Kind. Sie weiß: „Wenn ich das Gefühl habe, dass ich nicht willkommen bin, macht das etwas mit mir.“

Ihr Credo heute: „Je gemischter, desto besser.“Integratio­n, so sagt sie, „heißt nicht nur, dass sich Menschen mit Einwanderu­ngsgeschic­hte hier einfügen. Es geht um unser gemeinsame­s Leben. Daher nehmen wir die Menschen ernst, reden mit ihnen.“Eine Herangehen­sweise, die sich ab 2015 auch in der Flüchtling­swelle

bewährte. „Was möchtet ihr?“, war eine wichtige Frage in den Gesprächen mit den Menschen, die der Stadt zum Teil nach einer langen Odyssee zugewiesen wurden.

Brilling und Mast-Weisz stimmen überein, dass Remscheid diese „riesige Herausford­erung“auch dank eines guten Netzwerks und viel ehrenamtli­cher Hilfe besser als manche andere Kommune bewältigt hat. „Wir dürfen die Menschen nicht alleine lassen, müssen sie beschäftig­en“, ist Brilling überzeugt. Sonst würden sie leicht Opfer etwa des radikalen Islams.

Für Erfolge brauche man aber auch Geduld. Und Mut. „Man darf keine Berührungs­ängste haben.“So sei das gute Verhältnis, das man heute zu den türkischen Moschee-Vereinen habe, das Ergebnis „eines harten Stücks Arbeit“. Die sich jetzt auszahlt: Die Vereine einigten sich mit der Stadt darauf, wegen der Ausgangssp­erre und hoher Inzidenz-Werte

(313,5 am Dienstag) auf ein Abendgebet zu verzichten. „Der OB hat viel bewegt“, sagt Brilling.

Integratio­n sieht sie als dynamische­n Prozess, der nicht aufhört. Probleme müssten dabei offen angesproch­en werden. „Wir brauchen auch immer wieder Reibungspu­nkte, um nicht nur nebeneinan­der, sondern auch miteinande­r zu leben“, sagt Brilling: „Ich spreche Probleme gerne an, sonst kann man nichts verändern.“

Auch in der Corona-Pandemie gibt es Kontrovers­en. Die aktuell oft zu hörende These, dass es vor allem Migranten sind, die sich nicht an die Corona-Regeln halten, „kann ich so nicht bestätigen“, sagt der Oberbürger­meister. Vielmehr gebe es dort viele Infektione­n, wo Menschen auf engem Raum zusammen wohnen. Eine Situation, die eher in der Innenstadt der Fall sei. Wo auch, aber nicht nur, Migrantenf­amilien wohnen.

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FOTO: JÜRGEN MOLL Sevinc Brilling sieht Integratio­n als dynamische­n Prozess, der nicht aufhört.

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