Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Erst jetzt kommt die Bewährungsprobe
Es war ein riskantes Manöver in letzter Minute: Einberufung des CDU-Vorstands, fast sieben Stunden wurde gerungen, pro und kontra Armin Laschet oder Markus Söder. Am Ende entschied sich der Bundesvorstand der CDU für den Vorsitzenden als Kanzlerkandidaten. Söder akzeptierte das Votum erkennbar zähneknirschend. Sein Statement gibt den Ton vor: Ihr hattet die Chance auf einen Neubeginn, jetzt schaut erst mal selbst, wo ihr bleibt. Der „Kanzlerkandidat der Herzen“, so titulierte ihn der CSU-Generalsekretär, wird nun erst einmal seine Wunden lecken. Dass er der bessere erste Wahlkämpfer für die Union gewesen wäre, glauben auch in der CDU viele. Ministerpräsidenten sprachen sich für Söder aus; die Basis hatten sie dabei im Nacken. Laschet muss tiefe Gräben wieder zuschütten.
Doch die letzten Tage nötigen auch Respekt ab. Nordrhein-Westfalens Regierungschef setzte alles auf eine Karte und gewann. Mit eisernen Nerven und Durchhaltevermögen. Sich gegen Söder in einem knallharten Machtkampf durchzusetzen, ist politische Kunst. Mit der Abstimmung im Bundesvorstand ging er ein hohes politisches und persönliches Risiko ein. Hätte es kein klares Votum gegeben, hätte auch der CDU-Vorsitz infrage gestanden.
Wieder einmal hat Armin Laschet einen Kampf zäh und hartnäckig bis zum Ende durchgestanden – und er hat ihn gewonnen. Schafft es Laschet jetzt, die Zweifel in den eigenen Reihen zu befrieden? Die nächsten Wochen werden es zeigen. Die Lippenbekenntnisse der beiden Kontrahenten, man werde im kommenden Wahlkampf fest zusammenstehen, müssen nun gelten. Denn die eigentliche Mammutaufgabe, das Kanzleramt nach 16-jähriger Amtszeit Angela Merkels zu verteidigen – die kommt erst noch. Und der Start war kein guter.