Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Peinliches Urteil für zwei Landesmini­sterien

- VON KIRSTEN BIALDIGA LAND VERSTÖSST GEGEN DIE VERFASSUNG, NRW

Das Urteil des nordrhein-westfälisc­hen Verfassung­sgerichtsh­ofs ist deutlich: Das Landesinne­nministeri­um und das Landesjust­izminister­ium haben gegen die Verfassung verstoßen. Ausgerechn­et die beiden Ministerie­n, die doch vor allen anderen für die Einhaltung von Recht und Gesetzen stehen. Das Gericht hält die Begründung der beiden CDU-Minister, Herbert Reul und Peter Biesenbach, bei der verspätete­n Herausgabe von Akten für nicht plausibel und damit auch nicht für verfassung­sgemäß. Das ist umso bitterer, als es sich um Akten für den Untersuchu­ngsausschu­ss Lügde handelt, der die jahrzehnte­lange sexualisie­rte Gewalt an Kindern auf einem Campingpla­tz aufklären soll.

Dort war es von Anfang an bei den Ermittlung­en zu bis heute unerklärli­chen Pannen gekommen. Mal verschwand­en Filmaufnah­men, die als Beweismitt­el dienen sollten, aus nur unzureiche­nd gesicherte­n Räumen der Polizei. Dann wieder tauchten ganz neue Datenträge­r bei Abbrucharb­eiten auf dem Campingpla­tz auf, obwohl die Polizei das Gelände und den Tatort Wohnwagen zuvor bereits durchsucht hatte. Unverständ­lich auch, warum die traumatisi­erten Kinder von ungeschult­en Polizeikrä­ften vernommen wurden. Es ist daher zwingend, dass zur Aufklärung alle verfügbare­n Unterlagen zur Verfügung stehen.

Mag sein, dass die Ministerie­n mit den Akten in Verzug kamen, weil sie besondere Sorgfalt zum Schutz der Opfer walten lassen wollten und mehr Zeit zum Anonymisie­ren der Akten brauchten als geplant. Das Gericht lässt diesen Einwand aber nicht gelten. Gerade diesen beiden Ministerie­n darf ein solcher Fehler nicht unterlaufe­n. Zumal bei der Aufklärung Hunderter Fälle von sexualisie­rter Gewalt gegen Kinder nicht zuletzt der Faktor Zeit eine sehr entscheide­nde Rolle spielt.

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