Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Peinliches Urteil für zwei Landesministerien
Das Urteil des nordrhein-westfälischen Verfassungsgerichtshofs ist deutlich: Das Landesinnenministerium und das Landesjustizministerium haben gegen die Verfassung verstoßen. Ausgerechnet die beiden Ministerien, die doch vor allen anderen für die Einhaltung von Recht und Gesetzen stehen. Das Gericht hält die Begründung der beiden CDU-Minister, Herbert Reul und Peter Biesenbach, bei der verspäteten Herausgabe von Akten für nicht plausibel und damit auch nicht für verfassungsgemäß. Das ist umso bitterer, als es sich um Akten für den Untersuchungsausschuss Lügde handelt, der die jahrzehntelange sexualisierte Gewalt an Kindern auf einem Campingplatz aufklären soll.
Dort war es von Anfang an bei den Ermittlungen zu bis heute unerklärlichen Pannen gekommen. Mal verschwanden Filmaufnahmen, die als Beweismittel dienen sollten, aus nur unzureichend gesicherten Räumen der Polizei. Dann wieder tauchten ganz neue Datenträger bei Abbrucharbeiten auf dem Campingplatz auf, obwohl die Polizei das Gelände und den Tatort Wohnwagen zuvor bereits durchsucht hatte. Unverständlich auch, warum die traumatisierten Kinder von ungeschulten Polizeikräften vernommen wurden. Es ist daher zwingend, dass zur Aufklärung alle verfügbaren Unterlagen zur Verfügung stehen.
Mag sein, dass die Ministerien mit den Akten in Verzug kamen, weil sie besondere Sorgfalt zum Schutz der Opfer walten lassen wollten und mehr Zeit zum Anonymisieren der Akten brauchten als geplant. Das Gericht lässt diesen Einwand aber nicht gelten. Gerade diesen beiden Ministerien darf ein solcher Fehler nicht unterlaufen. Zumal bei der Aufklärung Hunderter Fälle von sexualisierter Gewalt gegen Kinder nicht zuletzt der Faktor Zeit eine sehr entscheidende Rolle spielt.