Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
FDP droht bei Ausgangssperren mit Klage
Der Bundestag soll eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes beschließen, die Opposition hat massive Bedenken.
Über Monate haben Parlamentarier aller Fraktionen darauf gedrungen, dass wichtige Abstimmungen über Corona-Maßnahmen im Bundestag stattfinden. An diesem Mittwoch sollen nun bundesweit einheitliche Regeln zur Bekämpfung der Corona-Pandemie von den Abgeordneten beschlossen werden. Der Abstimmung über die sogenannte Bundes-Notbremse waren tagelange Verhandlungen vorausgegangen.
Die FDP hat nun ihre Drohung einer Verfassungsklage erneuert, sollte es bei den von Union und SPD erdachten Änderungsplänen bleiben. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, sagte unserer Redaktion: „Wir erkennen an, dass die große Koalition den Gesetzentwurf geändert hat, haben aber weiterhin schwere Bedenken.“Deshalb werde man vier eigene Änderungsanträge einbringen, etwa um die nackte Inzidenz um einen aussagekräftigeren Kriterien-Mix zu ergänzen und Ausgangssperren ganz zu streichen, sagte Buschmann. „Wir sind der Auffassung, dass die Novelle des Infektionsschutzgesetzes verfassungsfest und epidemiologisch sinnvoll sein muss. Sollten unsere Änderungsanträge abgelehnt werden, behalten wir uns den Gang nach Karlsruhe ausdrücklich vor“, so der Fraktionsmanager der FDP. Zuvor hatten sich Union und SPD darauf geeinigt, dass in Gebieten mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 100 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner von 22 bis 5 Uhr eine Ausgangssperre gelten soll. Mit einer Einschränkung: Zwischen 22 Uhr und Mitternacht können sich Menschen alleine draußen bewegen, etwa zum Joggen. In Notfällen dürfen die Menschen ihre Häuser immer verlassen.
Eine weitere Verschärfung gilt für Kontakte in Innenräumen. Erlaubt sollen nur noch Besuche einer weiteren Person aus einem anderen Haushalt sein, „einschließlich der zu ihrem Haushalt gehörenden Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres“. Ein weiterer großer Streitpunkt zwischen den Fraktionen betrifft die Schulen. So sollen diese zumachen und nur noch Distanzunterricht anbieten, wenn der Sieben-Tage-Inzidenzwert bei 165 oder mehr liegt.
Unterdessen appellierte der Deutsche Städtetag an Bund und Länder, die Pläne zur Bundes-Notbremse klar und verständlich gegenüber den Menschen zu kommunizieren. Städtetagspräsident Burkhard Jung sagte: „Es muss jetzt ein neues Kapitel auch in der Kommunikation aufgeschlagen werden. Denn eine Notbremse gegen den Anstieg der Corona-Zahlen greift nur, wenn die Menschen sie verstehen und bei den Beschränkungen mitmachen.“
Zugleich wurden Unternehmen und Arbeitnehmer im Rahmen einer Verordnung grundsätzlich zu Arbeit im Homeoffice verpflichtet, „wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen“. Wer nicht im Homeoffice arbeiten kann, dem muss die Firma einmal wöchentlich einen Test anbieten. Die Familienunternehmer in Deutschland wollen die Beschäftigten dazu zwingen, diese Tests auch anzunehmen. Familienunternehmer-Präsident Reinhold von Eben-Worlée sagte: „Solange es nicht gleichzeitig auch eine Testannahmepflicht für Beschäftigte gibt, ist die Testangebotspflicht durch die Arbeitgeber eine widersprüchliche Maßnahme.“
Der Bundesrat will sich am Donnerstag mit dem Gesetz befassen. Nach der Unterzeichnung durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier soll es schon möglichst bald in Kraft treten.