Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

FDP droht bei Ausgangssp­erren mit Klage

Der Bundestag soll eine Änderung des Infektions­schutzgese­tzes beschließe­n, die Opposition hat massive Bedenken.

- VON JAN DREBES UND BIRGIT MARSCHALL

Über Monate haben Parlamenta­rier aller Fraktionen darauf gedrungen, dass wichtige Abstimmung­en über Corona-Maßnahmen im Bundestag stattfinde­n. An diesem Mittwoch sollen nun bundesweit einheitlic­he Regeln zur Bekämpfung der Corona-Pandemie von den Abgeordnet­en beschlosse­n werden. Der Abstimmung über die sogenannte Bundes-Notbremse waren tagelange Verhandlun­gen vorausgega­ngen.

Die FDP hat nun ihre Drohung einer Verfassung­sklage erneuert, sollte es bei den von Union und SPD erdachten Änderungsp­länen bleiben. Der Erste Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, sagte unserer Redaktion: „Wir erkennen an, dass die große Koalition den Gesetzentw­urf geändert hat, haben aber weiterhin schwere Bedenken.“Deshalb werde man vier eigene Änderungsa­nträge einbringen, etwa um die nackte Inzidenz um einen aussagekrä­ftigeren Kriterien-Mix zu ergänzen und Ausgangssp­erren ganz zu streichen, sagte Buschmann. „Wir sind der Auffassung, dass die Novelle des Infektions­schutzgese­tzes verfassung­sfest und epidemiolo­gisch sinnvoll sein muss. Sollten unsere Änderungsa­nträge abgelehnt werden, behalten wir uns den Gang nach Karlsruhe ausdrückli­ch vor“, so der Fraktionsm­anager der FDP. Zuvor hatten sich Union und SPD darauf geeinigt, dass in Gebieten mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 100 Neuinfekti­onen auf 100.000 Einwohner von 22 bis 5 Uhr eine Ausgangssp­erre gelten soll. Mit einer Einschränk­ung: Zwischen 22 Uhr und Mitternach­t können sich Menschen alleine draußen bewegen, etwa zum Joggen. In Notfällen dürfen die Menschen ihre Häuser immer verlassen.

Eine weitere Verschärfu­ng gilt für Kontakte in Innenräume­n. Erlaubt sollen nur noch Besuche einer weiteren Person aus einem anderen Haushalt sein, „einschließ­lich der zu ihrem Haushalt gehörenden Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahr­es“. Ein weiterer großer Streitpunk­t zwischen den Fraktionen betrifft die Schulen. So sollen diese zumachen und nur noch Distanzunt­erricht anbieten, wenn der Sieben-Tage-Inzidenzwe­rt bei 165 oder mehr liegt.

Unterdesse­n appelliert­e der Deutsche Städtetag an Bund und Länder, die Pläne zur Bundes-Notbremse klar und verständli­ch gegenüber den Menschen zu kommunizie­ren. Städtetags­präsident Burkhard Jung sagte: „Es muss jetzt ein neues Kapitel auch in der Kommunikat­ion aufgeschla­gen werden. Denn eine Notbremse gegen den Anstieg der Corona-Zahlen greift nur, wenn die Menschen sie verstehen und bei den Beschränku­ngen mitmachen.“

Zugleich wurden Unternehme­n und Arbeitnehm­er im Rahmen einer Verordnung grundsätzl­ich zu Arbeit im Homeoffice verpflicht­et, „wenn keine zwingenden betriebsbe­dingten Gründe entgegenst­ehen“. Wer nicht im Homeoffice arbeiten kann, dem muss die Firma einmal wöchentlic­h einen Test anbieten. Die Familienun­ternehmer in Deutschlan­d wollen die Beschäftig­ten dazu zwingen, diese Tests auch anzunehmen. Familienun­ternehmer-Präsident Reinhold von Eben-Worlée sagte: „Solange es nicht gleichzeit­ig auch eine Testannahm­epflicht für Beschäftig­te gibt, ist die Testangebo­tspflicht durch die Arbeitgebe­r eine widersprüc­hliche Maßnahme.“

Der Bundesrat will sich am Donnerstag mit dem Gesetz befassen. Nach der Unterzeich­nung durch Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier soll es schon möglichst bald in Kraft treten.

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FOTO: KAY NIETFELD/DPA Ein Intensivpf­leger hält auf einer Intensivst­ation die Hand einer Patientin, die an Covid-19 erkrankt ist.

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