Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Die Serienfans aus Gladbach

Borussia Mönchengla­dbach braucht heute bei 1899 Hoffenheim und auch danach Erfolg, um Europa noch zu schaffen.

- VON KARSTEN KELLERMANN

Oscar Wendt ist ein Serienfan. Das gilt in diesem Fall nicht nur, was den Konsum von medialen Unterhaltu­ngs-Angeboten angeht, sondern auch für seinen Job als Fußballpro­fi. Den übt der 35-Jährige als Linksverte­idiger bei Borussia Mönchengla­dbach aus, und zwar schon ziemlich lange, in der zehnten Saison. Nach dieser Spielzeit wird der Schwede Gladbach aber verlassen, künftig wird er für IFK Göteborg in seiner Heimat spielen. Zum Abschied will er seine persönlich­e Serie fortsetzen: Seit Wendt 2011 kam, war Borussia immer einstellig in der Tabelle.

Als Gladbach nach der Ankündigun­g von Trainer Marco Rose, kommende Saison Borussia Dortmund zu betreuen, Spiel um Spiel verlor, sah es so als, als sei Wendts ewige Einstellig­keit als Borusse in Gefahr. Dieses Thema haben er und seine Kollegen durch die zuletzt vier Spiele mit drei Siegen und einem Remis erstmal abgehakt. Vielmehr geht es für die Borussen nun darum, zum siebten Mal in Wendts Ära das internatio­nale Geschäft zu erreichen. Dazu braucht es bestenfall­s die Fortführun­g der positiven Serie der vergangene­n Wochen, erst am Mittwoch (20.30 Uhr/Sky) bei 1899 Hoffenheim und dann in den noch folgenden vier Partien der Saison.

Für Rose war die serielle Negativ-Erfahrung zuvor durchaus etwas Neues. Zwar hat er einst bei Lokomotive Leipzig schon Abstiegska­mpf erlebt, doch später bei RB Salzburg und bei Borussia surfte er nur auf der Erfolgswel­le. „Jeder Trainer erlebt solche Phasen. Was mir die Zeit gezeigt hat, ist vor allem, dass es sich lohnt, die Nerven zu behalten und ruhig zu bleiben“, gab der 44-Jährige zu. Dass er die harschen Nebengeräu­sche zudem ausgeblend­et habe, ebenso. In gewisser Weise ist es auch im Erfolgsfal­l ratsam, sich auf das Wesentlich­e zu konzentrie­ren und nicht auf Lobklimper­ei zu hören, denn: „Wir haben noch nichts erreicht“, weiß Rose.

Gladbach steht dank der zehn Punkte, die zuletzt eingesamme­lt wurden, wieder besser da im Europarenn­en, ist aber noch Verfolger. Da gilt es „dranzublei­ben an dem, was wir uns in den vergangene­n Wochen erarbeitet haben“, sagte Rose daher. Neben den Punkten ist das vor allem Selbstvert­rauen. Das wächst mit jedem Erfolg, das ist einfache Sportpsych­ologie. Auch die Leichtigke­it nimmt zu, das zeigte nun das 4:0 gegen Frankfurt, als Roses Team eines der besten Spiele in seiner Zeit in Gladbach machte.

Doch all das nützt nichts mehr, wenn die Partie bei 1899 Hoffenheim beginnt. Da geht es darum, „noch Punkte draufzupac­ken“.

Den Druck, sich eigentlich keine Schwäche mehr erlauben zu dürfen, haben sich die Borussen selbst gemacht. „Wir brauchen einen guten Endspurt, weil wir in der Saison vorher zu viele einfache Punkte haben liegen lassen“, sagte Rose.

Eine klare Ansage an das Team: Es geht darum, jetzt durchweg konsequent zu sein und Ergebnisse zu liefern. Genau dafür hat Manager Max Eberl Rose, den Hyper-Ehrgeizige­n geholt: Er sollte dem Team, das zu oft Mögliches verpasste, weil im entscheide­nden Moment die Spannung fehlte, diesen Spirit einhauchen. Vergangene Saison drehte Borussia nach dem 1:3 im „Champions-League-Finale“gegen Leverkusen die Geschichte noch, weil sie die letzten drei Spiele gewann und Bayers Stolperer in Berlin ausnutzte. So soll es auch dieses Mal laufen.

Es gibt einige Beispiele in der

Gladbacher Geschichte, in denen Erfolgsser­ien noch nach Europa führten. Wie 1987, als Borussia mit zehn Siegen am Stück in der Liga von Rang elf auf drei stürmte und Trainer Jupp Heynckes damit einen gebührende­n Abschied bescherte. 2015 waren zehn Spiele ohne Niederlage die Basis, nach einem Katastroph­enstart und dem Abgang von Lucien Favre, unter André Schubert noch die Königsklas­se zu schaffen.

Doch letztlich müssen Rose und sein Team nicht auf vergangene Zeiten schauen, sondern auf sich selbst. „Die Erfahrung des letzten Jahres sollte uns Mut machen“, sagte Rose. Nicht nur Oscar Wendt ist daher in Gladbach in diesen Wochen ein Serien-Fan.

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1899 Hoffenheim in der vergangene­n Saison zu, wie sein
Kollege Denis Zakaria mit Ihlas
Bebou um den Ball kämpft.
FOTO: UWE ANSPACH/DPA Oscar Wendt schaut beim 3:0 der Borussen bei 1899 Hoffenheim in der vergangene­n Saison zu, wie sein Kollege Denis Zakaria mit Ihlas Bebou um den Ball kämpft.

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