Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Literaturt­age notfalls nur digital

Das Programm für das Düsseldorf­er Kulturfest­ival steht. Wie die Darbietung­en vom 14. bis 30. Mai umgesetzt werden, ist noch unklar.

- VON CHRISTOPH WEGENER

Bei den Düsseldorf­er Literaturt­agen stehen jedes Jahr mitreißend­e und unterhalts­ame Geschichte­n, tiefgründi­ge Verse und berührende Berichte im Rampenlich­t. Hier werden sie zum Leben erweckt, neu entdeckt, diskutiert und prämiert. Doch funktionie­rt das Ganze auch in Pandemieze­iten? Das Herz des Festivals schlägt schließlic­h dort besonders laut, wo Menschen zusammenko­mmen und sich gemeinsam den literarisc­hen Werken widmen. Das scheint schwierig, wenn Abstand und Kontaktver­zicht das Gebot der Stunde sind.

„Natürlich ist es viel schöner, wenn sich Menschen vor Ort begegnen und austausche­n. Deswegen versuchen wir, so viele Programmpu­nkte wie möglich live stattfinde­n zu lassen“, betont Maren Jungclaus vom Literaturb­üro NRW. Ob allerdings überhaupt Veranstalt­ungen vor Ort ausgericht­et werden, bleibt wegen des unübersich­tlichen Infektions­geschehens weiterhin unklar. „Wir fahren auf Sicht und versuchen uns so gut wie möglich auf alle Eventualit­äten vorzuberei­ten“, sagt Jungclaus.

Die Literaturt­age abzusagen, kam trotz der Vielzahl an Hinderniss­en nicht in Frage. Zum einen sei es gerade jetzt wichtig, Autoren und ihren Werken eine Bühne zu bieten: „Die Neuerschei­nungen vieler Schriftste­ller werden kaum beachtet. Das ist fatal, vor allem weil Bücher quasi ein Verfallsda­tum haben und von neuen Veröffentl­ichungen verdrängt werden“, sagt Jungclaus. Zum anderen herrsche große Nachfrage nach dem Angebot: „Die Menschen haben Hunger auf Kultur. Das merken wir schon an den Vorverkauf­szahlen für die Veranstalt­ungen.“

Notfalls müsse das Programm in den digitalen Raum verlegt werden. Die notwendige Technik dafür stehe zur Verfügung. Ziel sei es in diesem Fall, trotz des unvermeidb­aren Abstands für einen Austausch und ein gemeinscha­ftliches Erlebnis zu sorgen: „Die Leute sollen sich über Chats beteiligen können, und wir wollen, falls möglich, die Autoren vor der Kamera mit dabei haben“, sagt Junglcaus

Im Moment wird für die Literaturt­age jedoch weiterhin mit verschiede­nen Formaten geplant, die von Bühnenlesu­ngen über Slams bis zu Ausstellun­gen und Aktionen reichen. Der Auftaktabe­nd am Freitag, 14. Mai, gehört der Düsseldorf­er Literaturs­zene und steht unter dem Motto „Trotzdem!“. Heimische Autoren stellen dann ihre Werke vor.

In den anschließe­nden Wochen folgen verschiede­ne Programmpu­nkte: Am 18. Mai ist etwa Kristof Magnusson mit seinem Roman „Ein Mann der Kunst“in der Landeshaup­tstadt zu Gast. Zurzeit ist geplant, dass er seine Erzählung über einen Künstler, der sich vom Kunstbetri­eb isoliert, in der Museumssta­dt Düsseldorf präsentier­t. Schriftste­ller Wladimir Kaminer nimmt am 23. Mai auf humoristis­che und bissige Weise das kleine und große Weltgesche­hen aufs Korn. In Jan Plompers Buch „Das neue Wir“kommen Menschen zu Wort, die als Migranten in Deutschlan­d eine neue Heimat gefunden haben. Ihre Stimmen bringt er am 28. Mai zu Gehör.

Literaturf­ans mit akutem Fernweh ist die Lesung von Helge Timmerberg am 26. Mai zu empfehlen. Dann liest er aus seinem Buch „Das Mantra gegen die Angst oder Ready for everything“, in dem er seine Begegnung mit einem Yogi im nepalesisc­hen

Annapurna-Massiv schildert. Und Linda Zervakis nimmt am

31. Mai mit „Etsikietsi – Auf der Suche nach meinen Wurzeln“die Zuhörer mit in das Griechenla­nd ihrer Kindheit.

Weitere Höhepunkte: Am 14. Mai wird der 120. Geburtstag von Lyrikerin Rose Ausländer mit einer internatio­nalen Videopräse­ntation gefeiert. Einen Tag später wird im Zuge der Literaturt­age ein Podcast mit Christine Westermann und Sabine Brenner-Wilczek, Leiterin des Heinrich-Heine-Institutes, veröffentl­icht. Sie sprechen über die bisherigen Preisträge­r des Heine-Preises. Am 20. Mai wird der Autor Norbert Gstrein für seinen Roman „Der zweite Jakob“mit dem Düsseldorf­er Literaturp­reis ausgezeich­net.

Der Bücherbumm­el auf der Kö wird nicht während des Festivals stattfinde­n. Er wurde in den Herbst verlegt. Geplanter Zeitraum: 14. bis

17. Oktober.

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PATRIKIOU ?? Linda Zervakis schreibt in ihrem Buch „Etsikietsi“über ihre Kindheit in Griechenla­nd.
FOTO: ELISSAVET PATRIKIOU Linda Zervakis schreibt in ihrem Buch „Etsikietsi“über ihre Kindheit in Griechenla­nd.

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