Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Autofahren ab 15 Jahren im Microcar
Seit dem vergangenen Jahr können bereits 15-Jährige den entsprechenden Führerschein machen und unbegleitet in einem 45 km/h schnellen Mini-Auto fahren. Nicht alle Fahrlehrer sind allerdings von dieser Möglichkeit begeistert.
Das erste eigene Auto vergisst man nie. Die Freiheit, mobil unabhängig von A nach B zu kommen, ohne von Eltern oder einem Busfahrplan abhängig zu sein, genießen viele Fahranfänger. Dafür müssen Jugendliche aber nicht mehr bis zum 18. Geburtstag warten. Im vergangenen Jahr führte das Land Nordrhein-Westfalen neben einer Reihe anderer Bundesländer, die neue Regelung für die Führerscheinklasse „AM“ein. Demnach kann man den zur Scheckkarte geschrumpften „Lappen“bereits mit 15 Jahren erwerben – und sogar schon Auto fahren.
Einen Boom an den Fahrschulen hat das zwar nicht ausgelöst. Fahrlehrer Leonhard Weber, Inhaber der Fahrschule Weber in Lennep, hat aber schon eine leicht erhöhte Nachfrage für den so genannten Moped-Führerschein festgestellt. Grundsätzlich, erklärt er, sei der Roller für viele Jugendliche nicht mehr so begehrt, da man schon ein Jahr später mit dem Führerschein für das begleitende Fahren ab 17 Jahren für die Klassen B/BE beginnen kann.
Der Führerschein Klasse AM berechtigt aber nicht nur zum Fahren von Mopeds ab 15 Jahren, sondern auch zum Fahren eines Autos mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h. Das sind so genannte vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge mit einem maximalen Leergewicht von 350 Kilo und einem Hubraum nicht größer als 50ccm. Im Straßenverkehr sind sie oft an der kleineren Größe sowie dem weißen Aufkleber mit 45 km/h zu erkennen. Diesen motorisierten Zweisitzer dürfen 15-Jährige mit der entsprechenden Fahrerlaubnis fahren – ohne, dass eine Begleitperson auf dem Beifahrersitz nötig wäre.
Weber ist davon allerdings kein großer Freund, räumt er ein. Zwar lerne man mit 14 Jahren schneller als mit etwa 25. Aber ob die Reife zum Führen eines Autos auch schon da sei, sei eine andere Frage. Die Fahrstunden und die Prüfung für die Klasse AM erfolgen zudem nach wie vor auf einem zweirädrigen Fahrzeug, sodass auch nach dem Bestehen noch keine Fahrpraxis für das Leichtauto da ist. Durch die Geschwindigkeitsbegrenzung seien die Leichtwagen zudem oft ein
Hindernis im Verkehr, so Webers bisherige Erfahrung.
Mehmet Sezer, Experte für die vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuge beim Autohaus Schönauen aus Solingen, hält dagegen: „Die neuen Modelle beschleunigen sehr gut und fallen kaum auf.“Seit 2014 ist das Solinger Autohaus der einzige Vertriebspartner im Bergischen Land für die Leichtautos mit den Markennamen Ligier und Microcar – Groupe Ligier aus Frankreich ist einer der wenigen Hersteller auf dem noch überschaubaren Leichtauto-Markt. Sezer hat während seiner
Ausbildung ein Modell selbst gefahren. „Ich war sehr positiv überrascht, wie schnell er ist.“Nach ein bis zwei Stunden Probefahrt finde man sich dank der Automatikschaltung auch als Fahranfänger schnell zurecht in der Handhabung.
Neben jungen Fahranfängern seien die Modelle auch bei älteren Menschen gefragt, die kein großes Auto mehr benötigen, erklärt Sezer. Auch immer mehr Lieferdienste entdecken das Auto für sich. Die Nachfrage steige kontinuierlich. Rund 80 Prozent der Neuwagen gingen aber nach wie vor an Jugendliche.
Längere Strecken lassen sich mit dem spritsparenden Leichtauto ebenfalls problemlos bewältigen. Wie beim Moped auch, darf aber nur innerorts und auf Landstraßen gefahren werden. Mit 45 Stundenkilometern ist die Autobahn tabu.
Mehmet Sezer sieht noch weitere Vorteile gegenüber einem Moped. „Man ist durch das Gehäuse wind- und wettergeschützt. Außerdem bietet die Karosserie bei einem Unfall mehr Schutz. Und der Kofferraum ist vergleichbar mit dem eines Kleinwagens.“Außerdem ist das Leichtauto von Hauptuntersuchungen, Umweltzonenregelung und Kfz-Steuern befreit. Lediglich ein Haftpflichtversicherungskennzeichen ist nötig. „Zudem wird die Nutzung des Ligier oder Microcar auch auf die Probezeit für den Führerschein Klasse B/BE angerechnet“, betont Sezer. Das gilt auch für die Kfz-Versicherung.
Die Microcar-Modelle haben eine schlichtere Ausführung. „Der Ligier ist sozusagen der Lamborghini unter den Leichtkraftfahrzeugen“, zieht Sezer den Vergleich. Beide Marken verfügen über dieselbe Technik und ein Aluminium-Chassis.