Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Wulf Noll und wunderbare Widersprüche
Der Autor, der jetzt in Wuppertal lebt, veröffentlicht den letzten Teil seiner China-Trilogie.
Wulf Nolls Reisebuch „Mit dem Drachen tanzen“ist der letzten Teil seiner China-Trilogie. Protagonist Robert Marian – wie sein Autor Gastdozent an einer chinesischen Universität – entdeckt ein Land der wunderbaren Widersprüche und dessen 3000 Jahre alte Hochkultur. Selbst die Atomkatastrophe vom März 2011, die vom japanischen Fukushima ausgeht und mit der das Buch beginnt, macht Marian nur vorübergehend Sorgen. Sobald klar ist, dass China von der Strahlung verschont wird, nimmt er seine Lehrtätigkeit an der Universität von Ningbo, der Acht-Millionen-Stadt bei Shanghai, wieder auf.
Neben den Erzählungen vom Campus-Alltag nehmen die Reiseberichte breiten Raum ein. Am liebsten ist Marian mit seinen Studierenden unterwegs. Das sorgt für Einblicke, von denen Touristen nur träumen können.
Natürlich gibt es ein Kapitel über die Hauptstadt Beijing. Gleich danach geht es aber in die abgeschiedene Provinz Innere Mongolei. Dort darf der Gast aus Deutschland am höchsten Fest der Mongolen teilnehmen. Spannend sind auch die Begegnungen mit anderen Westlern. Zum Beispiel wenn der Reisende einen Musiker aus Wuppertal trifft.
Dass Noll seit kurzem selber Wuppertaler ist, gehört zu den Geschichten, die das Leben schreibt. Derzeit richten sich er und seine Frau, die japanische Künstlerin Mutsumi Aoki, in einer Elberfelder Altbauwohnung häuslich ein. Im Esszimmer mit der hohen Decke erinnert nicht nur das traditionelle Teeservice an seine Jahre in Japan und China.
Die engen Kontakte, die Noll als Uni-Dozent in Ningbo geknüpft hat, bestehen bis heute. Wenn er von seinen ehemaligen Studierenden spricht, wird die Faszination hörbar, die alle Teile der Trilogie prägt. „Die sind lebendig“, sagt er – und hat ihnen „Mit dem Drachen tanzen“gewidmet.
Die Begeisterung der Studierenden für deutsche Literatur – von den Märchen der Brüder Grimm bis Kafka – zieht sich als roter Faden durch die Kapitel. Das „interkulturelle Anliegen“, das Noll als Dozent wie als Schriftsteller verfolgt, spiegelt sich in Passagen, in denen europäische und asiatische Philosophie zusammengedacht werden.
Besuchsreisen zwischen Deutschland und China sind aktuell nicht möglich. Doch auch den Austausch per Mail weiß Noll zu schätzen. Er spielt sogar mit dem Gedanken, irgendwann die Mails seiner jungen Freunde herauszugeben – diese Lektüre lohne sich auf jeden Fall. Das Buch: Mit dem Drachen tanzen. Erzählungen aus China und Deutschland. Bacopa Verlag, 400 Seiten, 29 Euro. Dritter band nach Schöne Wolken treffen und Drachenrausch.