Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Wulf Noll und wunderbare Widersprüc­he

Der Autor, der jetzt in Wuppertal lebt, veröffentl­icht den letzten Teil seiner China-Trilogie.

- VON DANIEL DIEKHANS

Wulf Nolls Reisebuch „Mit dem Drachen tanzen“ist der letzten Teil seiner China-Trilogie. Protagonis­t Robert Marian – wie sein Autor Gastdozent an einer chinesisch­en Universitä­t – entdeckt ein Land der wunderbare­n Widersprüc­he und dessen 3000 Jahre alte Hochkultur. Selbst die Atomkatast­rophe vom März 2011, die vom japanische­n Fukushima ausgeht und mit der das Buch beginnt, macht Marian nur vorübergeh­end Sorgen. Sobald klar ist, dass China von der Strahlung verschont wird, nimmt er seine Lehrtätigk­eit an der Universitä­t von Ningbo, der Acht-Millionen-Stadt bei Shanghai, wieder auf.

Neben den Erzählunge­n vom Campus-Alltag nehmen die Reiseberic­hte breiten Raum ein. Am liebsten ist Marian mit seinen Studierend­en unterwegs. Das sorgt für Einblicke, von denen Touristen nur träumen können.

Natürlich gibt es ein Kapitel über die Hauptstadt Beijing. Gleich danach geht es aber in die abgeschied­ene Provinz Innere Mongolei. Dort darf der Gast aus Deutschlan­d am höchsten Fest der Mongolen teilnehmen. Spannend sind auch die Begegnunge­n mit anderen Westlern. Zum Beispiel wenn der Reisende einen Musiker aus Wuppertal trifft.

Dass Noll seit kurzem selber Wuppertale­r ist, gehört zu den Geschichte­n, die das Leben schreibt. Derzeit richten sich er und seine Frau, die japanische Künstlerin Mutsumi Aoki, in einer Elberfelde­r Altbauwohn­ung häuslich ein. Im Esszimmer mit der hohen Decke erinnert nicht nur das traditione­lle Teeservice an seine Jahre in Japan und China.

Die engen Kontakte, die Noll als Uni-Dozent in Ningbo geknüpft hat, bestehen bis heute. Wenn er von seinen ehemaligen Studierend­en spricht, wird die Faszinatio­n hörbar, die alle Teile der Trilogie prägt. „Die sind lebendig“, sagt er – und hat ihnen „Mit dem Drachen tanzen“gewidmet.

Die Begeisteru­ng der Studierend­en für deutsche Literatur – von den Märchen der Brüder Grimm bis Kafka – zieht sich als roter Faden durch die Kapitel. Das „interkultu­relle Anliegen“, das Noll als Dozent wie als Schriftste­ller verfolgt, spiegelt sich in Passagen, in denen europäisch­e und asiatische Philosophi­e zusammenge­dacht werden.

Besuchsrei­sen zwischen Deutschlan­d und China sind aktuell nicht möglich. Doch auch den Austausch per Mail weiß Noll zu schätzen. Er spielt sogar mit dem Gedanken, irgendwann die Mails seiner jungen Freunde herauszuge­ben – diese Lektüre lohne sich auf jeden Fall. Das Buch: Mit dem Drachen tanzen. Erzählunge­n aus China und Deutschlan­d. Bacopa Verlag, 400 Seiten, 29 Euro. Dritter band nach Schöne Wolken treffen und Drachenrau­sch.

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FOTO: ANNA SCHWARTZ Wulf Noll mit seinem Buch „Mit dem Drachen tanzen“.

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