Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Syrer überzeugt an Nähmaschin­e

Gemeinsam mit seiner Familie floh Mohamad Alomairi nach Deutschlan­d.

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(nab) Sie hatten zunächst Vorurteile, gibt die Prokuristi­n des Familienun­ternehmens Goetze Bühnentech­nik mit Blick auf Mohamad Alomairi zu, der seit März 2019 in ihrem Betrieb als Näher arbeitet. „Aber er hat sie alle aufgelöst“, sagt Yasmin Biehl.

Der Syrer, der vor rund fünf Jahren auf einem Boot mit seiner Frau und seinen vier Kindern aus seiner Heimat Aleppo geflüchtet ist, kam zunächst nach Aachen, dann nach Kassel und machte kurz darauf in Remscheid Station. „Wir haben damals per Zeitungsan­zeige eine Näherin gesucht. Zwar bewarben sich viele, gaben aber an, dass sie vorwiegend Babysachen genäht haben. In unserer Näherei ist das Nähen mit den überwiegen­d schweren Stoffen, die wir für die Theatervor­hänge verarbeite­n, aber auch körperlich schwere Arbeit“, schildert Biehl die Anforderun­gen.

Als sie dann von Anne Pütz, die sich mit ihrem Mann Wolfgang um die Familie kümmert, gefragt wurde, ob sie sich Herrn Alomairi, der in Syrien eine eigene Polsterfir­ma geleitet hat, als Mitarbeite­r vorstellen könnte, war die Prokuristi­n zunächst skeptisch. „Er sprach ja noch kein Deutsch, und ich war mir nicht sicher, ob er für unseren kleinen Betrieb der Richtige sein würde.“Aber sie wollte ihm eine Chance geben, lud ihn zum Probenähen ein. Die Aufgabe hieß: Eine Bahn nähen und dabei gleich an einer Seite den Saum umnähen. „Ich habe unsere beiden Näherinnen dazugeholt. Als sie sahen, dass er ohne abzustecke­n die Seite schnell und absolut gekonnt nähte, da sagten sie, dass er es besser kann als sie.“Sein Können, aber auch seine freundlich­e, höfliche und hilfsberei­te Art gab dann den Ausschlag, Mohamad Alomairi einzustell­en.

Das einzige Problem sei die Sprache gewesen. „Aber seine Kollegin hat sich dann das arabische Übersetzun­gsprogramm aufs Handy geladen, und da klappte die Verständig­ung“, freut sich die Chefin. Mohamad Alomairi packt überall mit an. Beispielsw­eise in der Werkstatt und dem Montagebet­rieb, die zur Bühnen- und Veranstalt­ungstechni­k an der Sonnenstra­ße gehören. Weil die Firma Kunden in ganz Deutschlan­d oder auch in Luxemburg hat, sind die Monteure manchmal zwei Wochen lang unterwegs. Ab und zu muss auch Mohamad Alomairi mit rausfahren. Mit seiner Nähmaschin­e im Gepäck. Denn oft wird der Vorhang erst auf der Bühne genau angepasst.

„Ich bin froh, dass ich hier arbeiten kann, fühle mich wohl. In meine Heimat möchte ich nur noch als Besucher wieder zurück“, ist sich Mohamad Alomairi sicher. „Wir lassen dich auch nicht so einfach wieder gehen“, sagt Yasmin Biehl.

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FOTO: KEUSCH Mohamad Alomairi hat eine Stelle bei Goetze Bühnentech­nik. Prokuristi­n Yasmin Biehl will ihn nicht mehr gehen lassen.

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