Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Mietern droht Glasfaser-Aufschlag

Fünf Euro pro Monat könnten anfallen. Aber die Zwangsumla­ge für Kabel-TV kippt.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

An diesem Donnerstag soll die Reform des Telekommun­ikationsge­setzes vom Bundestag verabschie­det werden, nachdem sie der Wirtschaft­ausschuss am Mittwoch endgültig auf den Weg gebracht hat. Eine gute und eine nicht so gute Nachricht für viele Mieter wird die Reform bringen. Zunächst die gute: Ab 2024 dürfen Vermieter TV-Kabelvertr­äge nicht mehr zwangsweis­e auf die Miete umlegen. Bürger können dann also frei entscheide­n, ob sie ihren Kabelansch­luss weiter nutzen und ein entspreche­ndes Angebot von Vodafone als in NRW dominieren­dem Konzern annehmen. Und ob sie TV über die Telekom nutzen („Entertain“) oder es über die Funktechni­k DVBT-2 erhalten. Rund 20 öffentlich-rechtliche Programme sind per Mini-Antenne kostenlos empfangbar, 19 private Programme kommen für einen Aufschlag von 6,99 Euro im Monat hinzu. „Ich kann zwar verstehen, wenn Vodafone nicht begeistert ist, dass Kabelansch­lüsse nicht mehr obligatori­sch über Nebenkoste­n laufen“, sagt der Düsseldorf­er CDU-Bundestags­abgeordnet­e Thomas Jarzombek, „aber aus Sicht der Kunden ist DVBT-2 eine denkbare Alternativ­e.“

Gleichzeit­ig erlaubt das neue Gesetz aber Vermietern, bis zu fünf Jahre lang pro Monat fünf Euro Mietaufsch­lag zu nehmen, wenn eine Wohnung direkt mit Glasfaser versorgt wird. „So wollen wir den Ausbau superschne­ller Internet-Anschlüsse vorantreib­en“, sagt Jarzombek. Es bringe nichts, Glasfaser nur bis in den Keller legen zu lassen. Sehr hohes Tempo von einem Gigabit und mehr sei nur mit Glasfaser bis in die Wohnung zu erreichen.

Skeptisch gegenüber dem Aufschlag, der sich in fünf Jahren auf 300 Euro belaufen wird, gibt sich Torsten Gerpott, Wirtschaft­sprofessor aus Duisburg: „Die Vermietunt­ernehmen haben sowieso ein hohes Interesse, ihre Wohnungen mit sehr schnellen Anschlüsse­n aufzuwerte­n. Die Subvention ist nicht nötig.“

Die Frage ist, wer die neuen Glasfasera­nschlüsse legen wird. Telekom-Chef Tim Höttges hat angekündig­t, jährlich rund 2,5 Millionen Haushalte zusätzlich mit der überlegene­n Technik zu versorgen. Da könnte lohnend sein, die 300 Euro pro Haushalt nebenher abzugreife­n. Umgekehrt hat auch Vodafone-Chef Hannes Ametsreite­r erklärt, er wolle die bisherigen Kabelleitu­ngen aufwerten, indem diese auf immer größeren Distanzen durch Glasfaser ersetzt werden. Diese Aufrüstung könnte durch die neue Subvention in Fahrt kommen.

Für die Bürger auf dem Land hat die Novelle widersprüc­hliche Folgen: Branchenve­rbände wie der Bitkom kritisiere­n, dass das Gesetz nicht standardmä­ßig festlegt, dass die preisgünst­ige Verlegetec­hnik „Trenching“beim Bau von Glasfaserl­eitungen eingesetzt werden darf. Stattdesse­n müssen Investoren in jeder Kommune einzeln durchsetze­n, das sie Bürgerstei­ge oder Straßen zum Verlegen der Leitungen kurzfristi­g etwas auffräsen dürfen. „Statt das Tempo zu erhöhen, kommt die Ausbaubrem­se“, sagt Achim Berg, Präsident des Bitkom. Auch die Grünen kritisiere­n, dass CDU und SPD nicht den Mut haben, „Trenching“zum erlaubten Baustandar­d zu machen.

Gleichzeit­ig will die Politik den Bürgern ein Recht auf schnelles Internet einräumen, womit Anschlüsse mit einer Geschwindi­gkeit von mindestens 30 Megabit pro Sekunde gemeint sind. Das klingt toll, doch ein Bürokratie­monster droht: So sollen alle Telefonkon­zerne inklusive Nachrichte­ndienste (zum Beispiel Whatsapp) in einen Topf einzahlen. Damit soll der Ausbau schlecht versorgter Regionen bezahlt werden. Gegen die Umlage werden Klagen erwartet, jedes Projekt muss ausgeschri­eben werden. „Das verlangsam­t nur das Tempo des Ausbaus“, so Bitkom-Chef Berg.

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