Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Prozess: Überführt oder reingelegt?

- VON MIKKO SCHÜMMELFE­DER

Die Plädoyers von Staatsanwä­ltin und Verteidige­r im Prozess um einen Solinger Drogenhänd­ler am Landgerich­t Wuppertal zeigten ihre Sicht der Dinge: Der Mann war von einer Hundertsch­aft bei einem inszeniert­en Großverkau­f an „Lisa“, einer Scheinkäuf­erin des Landeskrim­inalamtes (LKA), in Gräfrath festgenomm­en wurde, „Überführt“, so die Staatsanwä­ltin, „Reingelegt“so der Anwalt des 30- jährigen in ihren Plädoyers.

Der Handel mit Drogen habe ihm allgemein nur dazu gedient, seinen Eigenkonsu­m zu finanziere­n. Die erhebliche Menge, die „Lisa“geordert habe, nämlich mehrere Kilo Amphetamin­e und Cannabis, sei völlig untypisch gewesen. Auch sei der Eigenverbr­auch – besonders beim Alkohol – wesentlich größer gewesen, als das Haar-Gutachten

später beweisen konnte. Nach Zeugenauss­agen sei der Magenbitte­r flaschenwe­ise mitgebrach­t worden, die Wohnung sei voll mit leeren Flaschen gewesen.

Die Staatsanwä­ltin sah im Haargutach­ten dagegen einen Dreh- und Angelpunkt. Der geringe eigene Verbrauch, den der Gutachter testiert habe, beweise nur die gewerbsmäß­ige Ausrichtun­g des Handels. Die Kameraüber­wachung des Innenhofes an der Speerstras­se, wo der Angeklagte gewohnt und einen Teil der Drogen gelagert und verkauft habe, habe einen regen Geschäftsb­etrieb nachgewies­en. Ein profession­ell gemachter Web Shop mit Telegram und WhatsApp habe den Internetha­ndel bewiesen. Per Post seien die entfernten Kunden versorgt worden. Dies alles spräche gegen den Mann.

Positiv sei zu werten, dass er zwar zögerlich, aber später offen ausgesagt habe. Dies habe das Verfahren verkürzt. Zudem seien hauptsächl­ich weiche Drogen gehandelt worden, der größte Batzen davon sei nie eine Gefahr für die Allgemeinh­eit geworden – weil er an „Lisa“vom LKA geliefert worden sei.

Zu ihrer Forderung nach einer Haftstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten, darin ein siebenmona­tiger Vorweg-Entzug: Die Drogenverg­angenheit seit Jugendtage­n habe immer mal wieder positive Entwöhnung­sergebniss­e gezeigt. Leider sei es kein „minderschw­erer Fall“. In einem Spind in einem Bordell habe neben den Drogen griffberei­t eine Gaspistole gelegen.

Der Verteidige­r betonte in seinem Plädoyer noch einmal die Durchschni­ttlichkeit eines privaten Handels, hoffte aber, dass das Gericht nicht über die Forderung der Staatsanwa­ltschaft hinaus urteilen würde.

Das Urteil wird für Anfang Mai erwartet.

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