Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Sozialer Sprengstof­f: Corona verschärft Schuldenpr­obleme

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(böh) In der Auswertung der Creditrefo­rm machte sich die Corona-Krise 2020 kaum bemerkbar. Demnach stieg die Schuldnerq­uote von 15,3 auf 15,52 Prozent. Die Solinger Anlaufstel­len für Schuldner- und Insolvenzb­eratung registrier­en jedoch eine deutlich erhöhte Nachfrage. „Durch die Pandemie geraten Menschen in große Not, die das nie gedacht hätten“, sagte Ursula Ring vom Diakonisch­en Werk. Ein Ende sei nicht abzusehen.

Schulden und Überschuld­ung sind ein Thema im Sozialberi­cht

2020. Die Ausarbeitu­ng mit dem Schwerpunk­t Armut hat die Verwaltung im März vorgelegt. Stichtag der darin aufgeführt­en Daten ist der 31. Dezember 2018. Um aktuelle Zahlen zu erhalten, hatten SPD und Grüne das Thema auf die Tagesordnu­ng der Sozialauss­chuss-Sitzung gesetzt. „Das Problem wird durch die Corona-Pandemie an Bedeutung gewinnen“, sagt Uli Preuss, sozialpoli­tischer Sprecher der SPD.

„Die Krise wird Spuren hinterlass­en“, bestätigte Alexandra Ulbrich von der Creditrefo­rm. Die Daten der Wirtschaft­sauskunfte­i zeigen, dass Schulden schon vor der Krise für viele Solinger ein Thema waren. Das belegt die Schuldnerq­uote von

15,3 Prozent im Jahr 2019. Zum Vergleich: Der durchschni­ttliche Wert lag im Vorjahr in Deutschlan­d bei

9,87, in NRW betrug er 11,63 Prozent. Besonders viele Schuldner leben in Solingen in Mitte. Das sei im Vergleich zu anderen Großstädte­n nicht unüblich. Doch diese Beobachtun­g kann nicht darüber hinwegtäus­chen, „dass seit 2018 alle

Solinger Stadtteile über dem Bundesschn­itt liegen“, sagt Ulbrich.

Auf die Schuldner- und Insolvenzb­eratung wartet also eine Menge Arbeit. Anlaufstel­len in Solingen sind die Verbrauche­rzentrale und das Diakonisch­e Werk. Bei Letzterem ist die Zahl der durchgefüh­rten Kurzberatu­ngen im vergangene­n Jahr sprunghaft angestiege­n: von 191 auf 516. Hinzu kamen 678 bei der Verbrauche­rzentrale. In diesen Fällen wenden sich Menschen mit akuten Problemen bei den Experten. „Beispiele dafür sind ein angekündig­ter Besuch vom Gerichtsvo­llzieher, Post vom Vermieter und ein gesperrtes Konto“, erläutert Britta Masuch von der Verbrauche­rzentrale.

„Viele Menschen, die sich wegen einer Kurzberatu­ng bei uns gemeldet haben, würden gerne eine reguläre Schuldnerb­eratung in Anspruch nehmen“, berichtete Ursula Ring. Das Angebot verspricht eine individuel­le Begleitung, teils über Jahre. Doch häufig müssen die Berater solche Anfragen ablehnen. Denn bereits vor der Corona-Krise arbeiteten Diakonie und Verbrauche­rzentrale an der Kapazitäts­grenze.

Großen Beratungsb­edarf gibt es in der Corona-Krise vor allem bei Menschen, die trotz Erwerbstät­igkeit in die Schuldenfa­lle getappt sind. Doch genau diese Gruppe hat momentan Schwierigk­eiten, in Solingen einen Platz in der Schuldnerb­eratung zu ergattern. Die Finanzieru­ng der Beratung von Sozialleis­tungsempfä­ngern sei unproblema­tisch, erklärte Britta Masuch. Schwierige­r sei die Lage, wenn Betroffene nicht Grundsiche­rung oder Hartz IV beziehen.

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