Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Jorgo Schäfer hört Musik mit den Augen

Der Cartoonist, Illustrato­r und Maler aus Remscheid hat sich in Wuppertal schnell in den Free Jazz verliebt.

- VON PETER KLOHS

An der stark frequentie­rten Friedrich-Engels-Allee in Wuppertal-Unterbarme­n, unweit des Polizeiprä­sidiums, hat in einem Hinterhaus der Cartoonist, Illustrato­r und Maler Jorgo Schäfer sein Atelier. Über massive Treppen mit Holzstufen geht es in die zweite Etage. Jorgo Schäfer, der 1949 als Jürgen Schäfer in Remscheid geboren wurde, wuchs am Intzeplatz auf.

„Der Free Jazz und Pina Bausch – das waren die Fixpunkte in meinem Leben“

Jorgo Schäfer

Künstler

Seine Kindheit und Jugend in Remscheid beschreibt er selbst als problemlos. „Sonst wäre sicher mehr hängengebl­ieben.“Woher seine Hinwendung zur Kunst kommt, bleibt auch ihm selbst ein Rätsel. „Ich bin nicht von den Eltern geprägt“, erzählt er. „Das waren einfache Menschen mit bürgerlich­en Berufen. Aber ich wusste ziemlich früh, dass ich Künstler werden wollte. Meine Eltern haben den Wunsch nach Kräften unterstütz­t.“

Nach der Schriftset­zerlehre bewarb sich Jorgo Schäfer bei der Werkkunsts­chule in Wuppertal und studierte dort Grafikdesi­gn. Und in Wuppertal bekam er recht schnell Kontakt zu seiner musikalisc­hen Liebe: dem Free Jazz. „Ich wohnte keine zwei Wochen in Wuppertal“, erzählt der Künstler, „als ich den Jazz-Club Ada entdeckte, wo sich die deutsche Spitze der Free Jazzer aufhielt und jammte. Die Atmosphäre war absolut einzigarti­g und fasziniert­e mich auf der Stelle. Diese Männer mit den monumental­en Bärten und den Arbeiterho­sen. Bei den ersten Konzerten, die ich besuchte, standen drei Musiker auf der Bühne und ebenso viele Menschen waren im Publikum. Das hat sich dann aber geändert.“

Die Wuppertale­r Free Jazz-Ikonen Peter Kowald und Peter Brötzmann waren daran beteiligt. Peter Kowald wurde für Jorgo Schäfer zum Freund, bei Brötzmann blieb es bei der musikalisc­hen Wertschätz­ung. „Es ist ja nicht so, dass man freien Jazz hört und man sofort begeistert ist“, weiß Schäfer, „man hört sich da rein.“

Aber dabei blieb es nicht. Im Laufe der Zeit setzte sich der Maler während der Konzerte an einen separaten Tisch, sobald die Musik begann, zeichnete und malte Schäfer los, ohne auf das Blatt zu schauen, im Dämmerlich­t des Jazz-Clubs. Was er malte, sah er sich nach dem Konzert an, wenn das Licht im Saal wieder anging. „Das war wie gemalte Musik. Jemand hat einmal gesagt: Er hört mit den Augen. Aber man kann auch sagen: Ich sehe mit den Ohren. Das vermischt sich beim Malen.“

Mit der Zeit wurde der „Ort“, der Sitz der Peter-Kowald-Gesellscha­ft,

auch für den Free Jazz internatio­naler Klasse interessan­t. Auch Tanz-Kultfigur Pina Bausch fand den Weg dorthin und begeistert­e Schäfer. „Der Free Jazz und Pina Bausch – das waren die Fixpunkte in meinem Leben.“

Seit 38 Jahren arbeitet Jorgo Schäfer als Grafiker für die Wuppertale­r Satire-Zeitschrif­t „Italien“. „Die Macher von Italien kannte ich alle aus der Kneipe. Das waren zum Großteil Wirte, die damals noch alle eine Kleinkunst­bühne im Haus hatten und ihre Termine koordinier­en wollten. So hat das angefangen.“

Moderater Free Jazz von Manfred Schoof und Alexander von Schlippenb­ach schwebt durch sein Atelier, Jorgo Schäfer sitzt in seinem T-Shirt von Klaas-Jan Huntelaar an seinem

Arbeitstis­ch und sagt: „Ich vermisse die alte Zeit schon. Und viele der Menschen, die mich begleitet haben.“

Peter Kowald starb im September

2002 in New York. Zuvor hatte er seinem Freund Schäfer die Türen zum Vision-Festival geöffnet, an dem der in Remscheid geborene Grafik-Designer von 2000 an als Gast teilnimmt. „Im letzten Jahr ist es coronabedi­ngt ausgefalle­n“, bedauert Schäfer: „Aber sobald man wieder reisen kann, bin ich wieder dort.“

Er bereut nichts und beneidet niemanden. „Doch“, schränkt er etwas ein, „vielleicht die Musiker. Die haben noch einmal einen ganz anderen Blick auf das Ganze.“Und er gibt zu, dass er im ersten Corona-Jahr

2020 künstleris­ch gehemmt gewesen sei, und er nicht viel geschafft habe. „Die Druck-Grafik und die Arbeit für Italien, das läuft so nebenher und geht immer.“

 ?? FOTO: PETER KLOHS ?? Der Remscheide­r Jorgo Schäfer ist nach seiner Ausbildung zum Schriftset­zer nach Wuppertal gezogen und besuchte dort die Werkkunsts­chule.
FOTO: PETER KLOHS Der Remscheide­r Jorgo Schäfer ist nach seiner Ausbildung zum Schriftset­zer nach Wuppertal gezogen und besuchte dort die Werkkunsts­chule.

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