Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Rollendes Musiklabor
Mit einem neuen Projekt landet die Rheinoper mitten in den Städten und erstmals bei Kindergartenkindern – mit einem mobilen Raum für Klang, Erleben, Teilhabe und Kunst.
Wie ein Ufo sieht es wirklich aus, dieses fliegende Klassenzimmer, das ab Oktober wechselnd irgendwo in Duisburg und Düsseldorf landen wird, und zwar an „urbanen Orten“, wie es die Erfinder nennen. Sie wollen mit ihrem mobilen Klanglabor die Oper, besser gesagt, das Musiktheater nicht nur in die Stadtquartiere, sondern vor allem zu den Kindern bringen.
„Ufo – Junge Oper Urban“ist ein weiterer Baustein im Bildungsprogramm der Deutschen Oper am Rhein, der sich einerseits an ein noch jüngeres Publikum richtet, andererseits, wie durch die Hintertür, die altehrwürdige Kulturinstitution durch die Augen und Ohren der Kinder auf ihr Wesen hin befragt.
Das findet auch das Kultursekretariat NRW so interessant, dass es 1,07 Millionen Euro an Fördergeldern im Rahmen der Initiative „Neue Wege“bereitstellt. Sein Leiter Christian Esch sagt: „Vielleicht ist so ein Konzept zukunftsweisend, auf jeden Fall wird hier ein hoch spannender Weg der Partizipation beschritten. Auch außerirdische Musik muss sein.“
Das „Ufo“kommt erst einmal mit einem Bauwagen daher. Der parkt etwa am Duisburger Kuhtor oder unter der Düsseldorfer Theodor-Heuss-Brücke, am Glashüttenturm oder neben Thyssenkrupp, macht seine Luke auf und die Kinder in der Gegend neugierig. Denn drinnen „leben“Erwachsene, die Musik machen, spielen, singen, komponieren. Und die von den Kindern wissen wollen, was sie bewegt, wie sie ihre Welt erleben, wovon sie träumen, wovor sie Angst haben und wie sie sich Geschichten vorstellen, die mit Hilfe von Musik erzählt werden können.
An diesen Wagen dockt dann schon bald ein futuristisches Achteck an, in dem rund 30 Kinder Platz haben, die mit Erwachsenen, Sängern aus dem Ensemble der Rheinoper und Instrumentalisten der Orchester neue Dinge ausprobieren.
Acht Projekte sind in den kommenden zwei Spielzeiten geplant, namhafte Komponist*innen und Regisseure eingeladen, die Stücke mit den Kindern entwickeln und verwirklichen. Vielleicht wird dann noch eine Blase ans Achteck angebaut, oder ein großer Trichter zum herausposaunen, was drinnen passiert.
Der Generalintendant der Rheinoper, Christoph Meyer, sieht das mit seinem Amtsantritt gestartete Jugendprogramm um einen weiteren Baustein erweitert, seine Chefdramaturgin Anna Melcher sieht im „Ufo“einen „Satellit des Hauses“, der „raus aus den Standorten, rein in die Städte“führt. Mareike Vohn,
Leiterin der Jungen Oper am Rhein, hofft, so ihre Arbeit zu „verstetigen“.
Trotz oder vielleicht wegen der neuen Wege, die hier beschritten werden. Denn das mobile Opernhaus kann nicht nur an Orte gehen, in denen Kinder- und Jugendprobleme besonders brennend sind, oder besonders viele Kinder leben.
Es bindet seine Zielgruppe auch in neuer Weise ein. Das haben sich Michaela Dicu und Immanuel de Gilde vom Projektteam so ausgedacht. Die Stücke werden in einem längeren Prozess mit den Kindern entwickelt, was die – erfahrenen und zum Teil mit Preisen ausgezeichneten – Librettisten und Komponisten vor ungewohnte Aufgaben stellt. Vielfach ist schon eine Zusammenarbeit mit Schulklassen oder Kindergärten angedacht. Und die mobile Architektur stammt vom Raumlabor Berlin, das mit seinem Chef Jan Liesegang schon beim Accente-Festival 2006 in Düsseldorf mit einer temporären Architektur für Furore sorgte.
Bei „Ufo“sollen bestenfalls Kompositionen herauskommen, die auch in die Zukunft wirken: nachspielbare, mobile Produktion für Klassenzimmer oder Schul-Aulen, in kleinen Besetzungen. Oper aus dem Blick von Kindern, für Kinder.