Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Rennen um Laschet-Nachfolge eröffnet
NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst kann sich der Unterstützung der Jungen, der Arbeitnehmer und der Wirtschaft sicher sein.
Die nordrhein-westfälische CDU steuert auf eine Entscheidung bei der Frage zu, wer Armin Laschet an der Spitze des Landesverbands nachfolgt. Am Mittwoch ließ die Nachwuchsorganisation der CDU im Land unmissverständlich Sympathien für Verkehrsminister Hendrik Wüst erkennen. Der Landesvorsitzende der Jungen Union (JU), Johannes Winkel, sagte unserer Redaktion: „Natürlich würden sich viele in der Jungen Union und auch ich mich persönlich freuen, wenn mit Hendrik Wüst ein ehemaliger Landesvorsitzender der JU auch Chef der CDU würde. Aber unabhängig von Sympathien: Hendrik Wüst zeigt als Minister immer wieder auf, wie man mit neuen Ideen generationengerechte Politik auch konkret umsetzen kann.“Ein formaler Beschluss für eine Kandidatur von Wüst steht vonseiten der JU noch aus.
Winkel äußerte sich auch zu den Personalquerelen auf Bundesebene. „Wenn CDU und CSU die politische Intensität, die sie intern in der Findung des Kanzlerkandidaten an den Tag gelegt haben, auch im Bundestagswahlkampf gegenüber anderen Parteien und deren Kandidaten zeigen, wird die Union mit Abstand stärkste Kraft.“Mit Blick auf den Prozess bei der Nachfolge Laschets an der Spitze der Landes-CDU sagte der JU-Chef: „Ich kenne niemanden, der sagt: ,Den Prozess der Kanzlerkandidatenkür sollten wir uns bei der Frage des Landesvorsitzes zum Vorbild nehmen.‘“Es sei im Übrigen auch das große Verdienst von Armin Laschet, dass der größte CDU-Verband Deutschlands als Einheit stehe und auch so wahrgenommen werde. „Um diese Geschlossenheit auch nach der Wahl des neuen Landesvorstandes beizubehalten, sollte die Vorsitzfrage einvernehmlich gelöst werden“, forderte Winkel.
Tatsächlich dürfte die begrenzte Lust am offen ausgetragenen Streit in weiten Teilen des Landesverbands Minister Wüst in die Hände spielen. Der Kater über die aufreibende Suche nach einem Kanzlerkandidaten der Union hält auch in Nordrhein-Westfalen an. Dass sich nun die ersten Unterstützer öffentlich äußern, gilt deshalb auch als Zeichen, dass sich Wüst seiner Sache zunehmend sicher ist.
Er selbst sagte jüngst im Interview mit unserer Redaktion auf die Frage, ob er eine Kandidatur ausschließe: „Es wäre nichts gewonnen, wenn alle, die infrage kommen, jetzt erklären, dass sie das für sich ausschließen.“Zugleich sendete er zahlreiche Botschaften in alle Winkel der Partei. Für die Frauen-Union, deren Landesvorsitzender Ina Scharrenbach ebenfalls Ambitionen auf den Landesvorsitz nachgesagt werden, skizzierte er Pläne für eine verbindliche Frauenquote in Konzernvorständen. In Wirtschaftskreisen gilt er ohnehin als Kandidat der Wahl – Wüst ist selbst Vorsitzender der Mittelstandsvereinigung in NRW.
Zugleich hat er jedoch keinerlei Berührungsängste mit Gewerkschaftern. Wüst ist ein Freund der Sozialpartnerschaft, kennt Tarifauseinandersetzungen aus eigener Anschauung. Als Geschäftsführer des Verlegerverbandes NRW hat er selbst nächtelange Tarifverhandlungen für die Arbeitgeberseite geführt. Der Chef des Arbeitnehmerflügels CDA in NRW, der Bochumer Europaabgeordnete Dennis Radtke, gilt als langjähriger Wegbegleiter Wüsts. Beide kennen sich noch aus gemeinsamen Zeiten bei der Jungen Union.
„Hendrik Wüst kann Volkspartei und ist ein exzellenter Teamspieler“, sagte Radtke unserer Redaktion. Dass er eines der wichtigsten Gesichter der Zukunft der CDU sei, werde nicht mal von seinen Kritikern bestritten. „Die Frage ist nun: Wann beginnt diese Zukunft? Ich bin zuversichtlich, dass dies in aller Ruhe und Freundschaft in der Partei geklärt wird.“Das Wichtigste sei im ersten Schritt, dass Armin Laschet Bundeskanzler werde, sagt Radtke.
Wüst kann sich zudem auf die Unterstützung ranghoher Mitglieder der NRW-Landesgruppe im Bundestag sicher sein. Dort wird er als „Mann des Generationenwechsels“gehandelt. Gefährlich werden könnten ihm am Ende allenfalls noch mögliche Altlasten aus der Zeit als Generalsekretär der Partei in der Wasserstraße. 2010 übernahm er die politische Verantwortung für eine Affäre um bezahlte Sponsoren-Gespräche mit dem damaligen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers („Rent a Rüttgers“) und trat zurück. Beobachter gehen allerdings weithin davon aus, dass Wüst dafür ausreichend Abbitte geleistet und sich inzwischen vor allem durch seine Facharbeit als Verkehrsminister vollständig rehabilitiert hat.
Besondere Bedeutung dürfte nun der Landesvorstandssitzung am kommenden Montag zukommen. Führende CDU-Mitglieder versuchen zwar, die Erwartungen an das digitale Treffen im Vorfeld zu dämpfen. Womöglich werde es nur um den konkreten Termin des Landesparteitags gehen. Auch könnte auf der Tagesordnung stehen, ob der Landesparteitag im Juni bereits wieder in Präsenz stattfinden könne oder man doch auf die teurere und damit ungeliebtere digitale Variante ausweichen müssen. Am Ende dürften die Mitglieder nicht umhinkommen, sich auch mit der personellen Zukunft des größten Landesverbandes auseinanderzusetzen.