Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Ölmultis stecken Gewinne in grüne Energien
Nach dem Corona-Tief melden die Konzerne wieder Einnahmen in Milliardenhöhe. Sie legen ihre Überschüsse anders an als üblich, vor allem in Wind- und Sonnenenergie.
Für die Ölmultis ist die Pandemie fast vorbei. Das staatliche saudische Unternehmen Aramco, der größte Ölkonzern der Welt, hat seinen Gewinn in den ersten drei Monaten des Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 30 Prozent gesteigert. Fast 22 Milliarden Dollar hat Aramco seit Jahresbeginn eingenommen. Auch die amerikanischen und europäischen Ölmultis berichten von einer starken Erholung nach dem schweren Jahr 2020, denn der Ölpreis zieht kräftig an. Die Gewinne werden aber anders angelegt als früher: Die Konzerne wollen ihre Zukunft sichern und stecken deshalb immer mehr Geld in erneuerbare Energien. Analysten erwarten für dieses Jahr eine Rekordsumme bei Investitionen in Sonnen- und Windenergie. Welle der Pandemie. Über 200.000 Menschen sind bereits tot. Außerdem fahren das Ölkartell Opec und Russland ihre Förderung wieder hoch, was den Preisanstieg bremsen könnte. Der Iran hat die eigene Produktion bereits auf 2,5 Millionen Barrel pro Tag gesteigert.
Auf jeden Fall verdienen die Konzerne im Vergleich nun wieder viel Geld – und das soll den Übergang der Branche in die Zeit nach dem Öl erleichtern. Firmen wie BP und Total wollen sich zu klimaneutralen Energieunternehmen wandeln, um trotz des Klimawandels und schwindender Ölreserven relevant zu bleiben. Bisher spielen die erneuerbaren Energien bei den Ölmultis nur Nebenrollen, doch die Entwicklung zwingt sie zum Umdenken.
BP und Total wollen den Trend zur sauberen Energie nicht verpassen und ihre CO2-Bilanz bis zum Jahr 2050 auf null drücken. Um dieses Ziel erreichen zu können, sollen nach der Corona-Krise mehr Gewinne in neue Energien gesteckt werden. Total will rund ein Viertel der diesjährigen Gesamtinvestitionen von mindestens zwölf Milliarden Dollar in diesem Bereich ausgeben. Der Ölkonzern hat sich 20 Prozent der Anteile des indischen Unternehmens Adani Green Energy gesichert, das eines der weltweit größten Sonnenkraftwerke betreibt. BP schloss im Februar die Beteiligung an einem Windpark vor der amerikanischen Ostküste ab, die den Konzern mehr als eine Milliarde Dollar kostete. Aramco und andere Unternehmen engagieren sich beim sogenannten Carbon Capture, dem Auffangen von CO2.
Die norwegische Energie-Beratungsfirma Rystad Energy schätzt, dass die weltweiten Investitionen im Bereich der erneuerbaren Energien in diesem Jahr den Rekordstand von 243 Milliarden Dollar erreichen werden. Zwar wird derzeit noch wesentlich mehr Geld – 311 Milliarden Dollar – für Öl und Gas ausgegeben, doch: „Die Ausgabenschere zwischen den erneuerbaren Energien und Öl und Gas schließt sich“, stellt Rystad Energy fest. Der Energiekonzern Next Era Energy aus den USA, der weltweit größte Produzent von Wind- und Sonnenenergie, überholte mit einem Marktwert von mehr als 150 Milliarden Dollar im vorigen Herbst zeitweise die Ölmultis Exxon Mobile und Chevron.
Zumindest vorerst werfen die erneuerbaren Energien aber weniger Geld ab als Öl und Gas. Die Ölkonzerne stehen deshalb vor der Aufgabe, gleichzeitig Gewinn zu erwirtschaften und ins neue Zeitalter zu investieren. BP-Chef Bernard Looney sagte kürzlich bei der Vorstellung der Vierteljahresbilanz seines Unternehmens, die Ölmultis müssten beweisen, dass sie beides könnten: Investoren erfreuen und den Übergang zu neuen Energiequellen schaffen. Für Looney ist das die „Schlüsselfrage“der Branche.