Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
MUSEUMSKONZERTE
Die Museumskonzerte sollen im Herbst wieder an ihren vertrauten Standort im Kunstmuseum in Gräfrath zurückkehren.
Weltklasse auf Tuchfühlung zum Publikum.
Ein bisschen verloren wirkt der abgedeckte Steinway-Flügel inmitten des großen Meistermann-Saals. Nicht nur, dass derzeit keine Besucher an ihm vorbei schlendern, um die Werke von Georg Meistermann, Oscar Zügel oder Georg Netzband an den Wänden zu mustern. Seit längerer Zeit hat dem edlen Instrument auch niemand mehr wohlig-warme, spitze oder kraftvolle Klänge entlockt. Denn die längst traditionellen Museumskonzerte mussten in der Pandemie-Zeit vom Kunstmuseum an der Wuppertaler Straße ins Konzerthaus ausweichen. Und letztlich
„Ich bin sehr dankbar, dass uns das Kulturmanagement diese Möglichkeit gegeben hat“
Renate Höller Konzert-Organisatorin
konnten auch dort nur zwei der geplanten fünf Musikabende stattfinden – immerhin, müsste man angesichts der Kapriolen der vergangenen 14 Monate anmerken: „Ich bin sehr dankbar, dass uns das Kulturmanagement diese Möglichkeit gegeben hat“, sagt Organisatorin Renate Höller.
Das Publikumsinteresse an den Auftritten der Pianisten Alexey Sychev und Alexander Krichel, die im vergangenen Herbst unter anderem Werke von List, Debussy, Ravel und Beethoven interpretierten, sei in etwa das Gleiche gewesen wie am vertrauten Schauplatz im historischen Gräfrather Rathaus. Dorthin zieht es ansonsten regelmäßig mehr als 150 Zuhörer, um die Virtuosität der Künstler von internationalem Format zu bewundern. „Viele Gäste kenne ich persönlich, manche aus anderen Zusammenhängen, andere, weil sie jedes mal zu uns kommen“, erzählt Renate Höller. Sie hat bei der Planung der Reihe schon seit mehr als 22 Jahren den Hut auf.
Konzerte gibt es an diesem Ort schon so lange wie das Museum selbst: Das erste fand kurz nach dessen Eröffnung im Jahr 1996 statt. Höller trat wiederum zwei Jahre später auf den Plan. „Ich war damals beim Palliativen Hospiz aktiv und wollte etwas Neues machen“, erinnert sie sich. Da habe ihr eine
Mitarbeiterin des damaligen Museum Baden vom Bedarf an Ehrenamtlern berichtet, um die Konzertreihe aufzubauen. So stieß sie dazu – und das gleich in federführender
Funktion: „Ich hatte 30 Jahre Erfahrung im Marketing bei einer Fluggesellschaft“, sagt sie – und fügt verschmitzt hinzu: „Ob ich nun Flüge oder einen Konzertsaal voll mache, ist ja eigentlich egal.“
Ihr heutiges Profil erhielt die Reihe im Jahr 2003, als Höller begann, die „Junge Pianisten Elite“zu engagieren – die sich seither im Meistermann-Saal
förmlich die Tasten in die Hand gibt. Nikolaj Tokarew, Igor Levit, Boris Giltburg und die 2019 früh verstorbene Dina Ugorskaja – um nur einige wenige zu nennen –
saßen im Kunstmuseum am Flügel. „Irgend jemanden herauszupicken würde den anderen Künstlerin nicht gerecht werden“, betont Höller, „es waren einfach so viele hier, die ich sofort wieder einladen würde.“
Um an die Hochkaräter von morgen heranzukommen, recherchierte sie, verfolgte internationale Wettbewerbe und nahm Kontakt zu Agenturen auf. Inzwischen bekommt sie umgekehrt Anfragen, pflegt einen persönlichen Draht zu vielen Künstlern und kennt auch deren Situation. Fabian Müller zum Beispiel – sein Konzert fiel im November aus – habe gerade eine Professur an der Wuppertaler Hochschule übernommen, erzählt Höller: „Es freut mich sehr, dass er dieses andere Standbein hat.“
Seinen abgesagten Auftritt wird Müller, wenn Corona es zulässt, in der neuen Spielzeit nachholen – ebenso wie die anderen Lockdown-Leidtragenden Annika Treutler und Martin James Bartlett. Spielen sollen sie und zwei Kolleginnen dann auch wieder in der intimen Atmosphäre des bestuhlten Museums-Raumes. Die habe es den Künstlern genauso angetan wie ihrem Publikum, sagt Renate Höller – und erwähnt den Ausspruch eines Pianisten: „So lange mir die Zuhörer nicht auf dem Schoß sitzen, ist das ein wunderbares Erlebnis.“