Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Arbeitsplatz neben Besteckklassikern
Mitarbeiter des „Büros Oberbürgermeister“und der Verwaltungschef selbst haben ihre Arbeitsplätze vorübergehend ins Deutsche Klingenmuseum verlegt. Der Grund: Der Trakt im alten Rathaus werden modernisiert.
Im kleinen Ausstellungsraum in der ersten Etage des Deutschen Klingenmuseums sind in Vitrinen schmucke Bestecke in Reih und Glied angeordnet. Den großen Servierlöffel „Newberry“, ein Entwurf von Charles R. Mackingtosh aus dem Jahr 1902, kann Sabine Rische von der städtischen Pressestelle jetzt unmittelbar an ihrem „neuen“Arbeitsplatz in Augenschein nehmen. Denn in dem kleinen Raum wurden drei Plätze für die Mitarbeiter der Pressestelle eingerichtet, sofern sie in Zeiten wie diesen nicht im Homeoffice sind.
Auch der stellvertretende Leiter der Pressestelle, Thomas Kraft, kann der neuen Umgebung im Klingenmuseum etwas abgewinnen. Von seinem Schreibtisch aus kann er ebenfalls rechter Hand auf Besteckklassiker schauen. „Wir sind seit gut drei Wochen hier und bleiben voraussichtlich bis Ende Juli“, sagt Kraft.
Aber nicht nur die Mitarbeiter der Pressestelle sind vorübergehend im Deutschen Klingenmuseum, sondern auch die vom Büro des Rates, der Bezirksverwaltungsstelle, das Vorzimmer des Oberbürgermeisters und der Stadtchef selbst werden die Sommermonate arbeitstechnisch im Gräfrather Museum verbringen – rund 15 bis 20 Personen. Die Stabsstelle „Nachhaltigkeit und Klimaschutz“hat im Verwaltungsgebäude an der Bonner Straße vorübergehend Quartier bezogen. Die meisten Mitarbeiter aller umgezogenen Abteilungen werden aber wie seit Monaten im Homeoffice bleiben.
Der Grund für den temporären Umzug: Im alten Rathaus, wo sie sonst ihren Beschäftigungen nachgehen, wird die erste Etage saniert, modernisiert und umstrukturiert. Denn dort hat in Zukunft das Modell
individueller Büros mit festen Arbeitsplätzen ausgedient. „Das ist passé, die Arbeitsplätze sind künftig flexibler nutzbar“, sagt Thomas Kraft. „Desksharing“heißt die neue Organisationsform – der Laptop, der auch im Homeoffice genutzt wird, braucht lediglich an einen freien Arbeitsplatz angeschlossen werden. Von diesen Multifunktionsarbeitsplätzen entstehen durch den Umbau im alten Rathaus elf zusätzliche Arbeitsplätze in Dreierbüros. Außerdem sind auch neue Besprechungsräume in unmittelbarer Nähe zum Dienstzimmer des Oberbürgermeisters geplant.
Doch das digitale Zeitalter ist im alten Rathaus noch nicht reif für die neue Organisationsform. Zunächst muss die elektrische Installation, die obendrein ziemlich störanfällig
war, auf der ersten Etage auf Vordermann gebracht werden. Gehofft wird, dass dies alles bis Ende Juli erledigt ist und die neuen Arbeitsplätze im WKC-Gebäude in der Nordstadt genutzt werden können.
Die städtischen Mitarbeiter arbeiten auf allen drei Etagen des Klingenmuseums. Im Veranstaltungsraum im Erdgeschoss hat beispielsweise das Büro des Rates Schreibtische und Technik aufgebaut, im zweiten Obergeschoss ist das Vorzimmer des Verwaltungschefs in einem größeren Raum untergebracht. Oberbürgermeister Tim Kurzbach hat in unmittelbarer Nähe ein Zimmer bekommen, das sonst als „Projekt-Büro“des Museums dient. „Es funktioniert alles und ist für den Übergang in Ordnung“, sagt Ralf Salzmann, Abteilungsleiter Rats- und Gremienangelegenheiten, zum Übergangsarbeitsplatz im Klingenmuseum.
Das ist wegen der Corona-Schutzverordnung ohnehin seit geraumer Zeit geschlossen. Bestecke, blanke Waffen und unter anderem Schneidwaren können voraussichtlich erst wieder besucht werden, wenn der Inzidenzwert unter 100 liegt. Selbst wenn das Museum zwischenzeitlich öffnen könnte und die städtsiche Mitarbeiter weiter vor Ort wären, würde das den Museumsbetrieb nicht weiter stören.
Derweil setzt die Stadtverwaltung im alten Rathaus den bei einem Besuch in der niederländischen Partnerstadt Gouda gewonnenen Gedanken um, die alten Rathausbüros in moderne Co-Working-Spaces umzuwandeln. Dort hat man sich 2017 anschauen können, wie sich das Arbeiten in offenen, transparenten Etagen und unterschiedlichen Arten von Arbeitsplätzen gestaltet. Während die digital arbeitende, zunehmend papierlose Verwaltung in der Klingenstadt schon zu großen Teilen umgesetzt ist, sollen nun auch die Büros so umgestaltet werden, dass sie flexibler und wirtschaftlicher nutzbar werden – auch und gerade für die Zeit nach der Pandemie.
Die „Oberbürgermeister-Etage“ist hier beileibe kein Vorreiter. Denn bereits an den Verwaltungsstandorten an der Bonner Straße, im Coworking-Space auf dem Gelände des Gründer- und Technologiezentrums und in den Räumen der Wirtschaftsförderung wurden die in Gouda erworbenen Erkenntnisse bereits umgesetzt.