Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Italienisches Flair in den Wohnzimmern
(wow) Traditionell finden an zwei Abenden des Internationalen Erzählfestivals Veranstaltungen mit unterschiedlichen Künstlern statt. Natürlich ist dies in diesem Corona-Festivaljahr nur virtuell möglich. Nach der einführenden Erzählwanderung am Nachmittag fanden sich am Abend wieder rund 50 Teilnehmer vor ihren jeweiligen Rechnern ein, um via Zoom-Videokonferenz dem Vortrag der beiden italienischen Künstlerinnen Maria Carmela Marinelli und Elettra Bargiacchi und ihrem musikalischen Erzählstück „Die Feder und der Spiegel“beizuwohnen. In Zeiten, in denen kulturelle Veranstaltungen so selten wie der berüchtigte Sechser im Lotto sind, tat es der darbenden Kultur-Seele gut, wenigstens auf einem Computer-Bildschirm Kunst erleben zu können.
Gerade, wo sie so leidenschaftlich dargeboten wurde, wie von den beiden Italienerinnen. Elettra Bargiacchi untermalte die Erzählweise Maria Carmela Marinellis mit mal wilden, mal sanften Gitarrenklängen, immer passend zur Geschichte, die übergangslos zwischen dem Leben der Protagonistin, die zum Studium nach Deutschland gekommen ist, wo sie Kinder bekommen hat, angekommen ist – und doch nie ihre Wurzeln vergessen hat. Dabei schafften die beiden Künstlerinnen
es spielerisch, italienisches Flair über den Äther in die heimischen Wohnzimmer zu bringen. Und brachte gleichzeitig spielerisch den Spagat ins Spiel, den diejenigen ganz zwangsläufig leben mussten, die in zwei verschiedenen Ländern zu Hause waren.
Man hörte durchaus gebannt zu, wie sich die rund 35-minütige Geschichte entwickelte, die zudem sehr gut von abwechslungsreicher Beleuchtung in Szene gesetzt war und am Ende – leider nicht hörbaren Applaus bekam. Nicht hörbar, weil natürlich die Mikrophone der Zuschauer ausgeschaltet waren.
Die beiden Künstlerinnen standen im Anschluss noch für ein ausgiebiges Gespräch zur Verfügung, bei denen die begeisterten Zuschauer an den heimischen Bildschirmen noch ihre Fragen loswerden konnten. Etwa die, wie die traumwandlerische Sicherheit des Zusammenspiels zustande komme. Die Antwort hierauf war indes ganz einfach: „Proben, proben, proben, proben“, wie die beiden Künstlerinnen lachend sagten.
Als Fazit blieb – die virtuelle Veranstaltung, auch wenn sie im Vorfeld aufgezeichnet worden war, hatte prächtig funktioniert. Auch wenn einmal mehr die Bedeutung von Kultur vor Ort deutlich wurde. Und die Sehnsucht nach einer Post-Corona-Zeit nicht kleiner.