Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Dänemarks Schulpolitik
Die Regierung plant Reformen gegen die gesellschaftliche Spaltung des Landes.
Dänemarks sozialdemokratische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen hat eine Mehrheit für ihre Pläne gegen Parallelgesellschaften im Land bekommen. Ziel sei es, dass „Bewohner mit nicht-westlichem Hintergrund“bis 2030 in jedem Wohngebiet in Dänemark höchstens 30 Prozent der dort lebenden Menschen ausmachten.
Das wirkt sich auch auf die Bildungschancen von Migranten aus. Demnach würden die Gymnasien im Land etwa diverser besetzt und Kindern mit Migrationshintergrund der Weg zu einer besseren Bildung ermöglicht. Denn bislang ist der vor allem Wohnort entscheidend, welches Kind welche Schule besucht. So blieben viele Abiturienten in exklusiven Wohn- und Einkommensgegenden meistens unter sich. Ebenso Kinder von sozial benachteiligten Familien, meistens von Migranten, die in den sogenannten Ghettos leben. Da das Verfassungsrecht verbietet, Menschen aufgrund ihrer Herkunft unterschiedlich zu behandeln, soll in Zukunft das Gehalt der Eltern in drei Abstufungen über die Zuteilung der Schulen für den Nachwuchs entscheiden.
Allerdings könnten die Schulklassen in den Metropolen künftig kleiner werden. Gleichzeitig sollen so auch die Gymnasien auf dem Land gerettet werden, die wegen mangelndem Nachwuchs nicht gut besucht sind. Die privaten Gymnasien hat Frederiksen für die kommenden drei Jahre ausgebremst. Vorlagen sollen verhindern, dass wohlhabende Familien dieser Regelung entgehen.
Schulministerin Pernille Rosenkrantz-Theil hält das Projekt für sehr bedeutsam. Sie spricht von „enormen
strukturellen Veränderungen“, vor allem für die Großstädte „gleichzeitig sozial, aber in dem Grad auch ethnisch“, sagt sie etwas verworren im Radio. Das sei der reinste Ost-Betonsozialismus, schimpfen hingegen die Konservativen und die rechtsliberale Venstre Partei, die Dänemark lange regierten.
Das einst für sein humanitäres Weltgewissen und seine Toleranz bekannte Königreich fuhr in den vergangenen zehn Jahren einen sehr harten Kurs gegen Migranten. Viele Strafen wurden verschärft, ein „Ghetto-Paket“wurde erlassen. Stadtviertel mit einem sehr hohen Anteil von Muslimen soll es nicht mehr geben. Früher versuchten die Sozialdemokraten durch den Bau preiswerter Arbeiter-Mietwohnungen in exklusiven bürgerlichen Stadtteilen eine größere Heterogenität herbeizuführen. Eine kleine dänische Studie der Universität Roskilde von 2018 beurteilte dies jedoch als ein „Integrations-Hindernis“.
Unter dem Titel „Ein Dänemark ohne Parallelgesellschaften: Keine Ghettos bis 2030“wurden nun 22 Maßnahmen vorgestellt. Demnach sollen unter anderem problematische Wohnsiedlungen bis 2026 abgerissen werden. Bewohnern sollen neue Wohnungen mit besserer Integrationsumgebung angeboten werden. Dafür sind zwölf Milliarden Kronen (etwa 1,6 Milliarden Euro) vorgesehen. Gemeinden bekommen mehr Geld, um für nicht-westlichen Einwanderern Ausbildungsund Arbeitsplatzmöglichkeiten zu ermöglichen. Eltern in Ghettos werden unter angedrohten Kindergeldkürzungen aufgefordert, ihre Kinder nach dem ersten Geburtstag in kostenfreie dänische Tagesbetreuungseinrichtungen zu schicken.
Frederiksen plant zudem, dass in Zukunft die Asylquote bei „null“liegt. Stattdessen sollen Lager in südlichen Ländern über Asylanträge entscheiden. 2020 wurden 1547 Asylbewerber in Dänemark gezählt – der niedrigste Stand seit 1998.
Bis 2030 sollen in jedem Wohngebiet maximal 30 Prozent
Migranten leben