Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Das Virus trifft in Remscheid auf eine schwache Abwehr
Ein AOK-Bericht zeigt, wie stark Corona Remscheid getroffen hat. Viele Menschen sind nicht geschützt, weil der versprochene Impfstoff ausbleibt.
Auf diesen Champions-League-Platz hätte Remscheid gerne verzichtet. Hinter dem Kreis Heinsberg und Oberhausen belegt die Seestadt auf dem Berge den dritten Platz in der Liste der NRW-Kommunen mit den meisten Corona-Toten pro 100.000 Einwohner. Das geht aus dem in dieser Woche veröffentlichten Gesundheitsreport der AOK hervor.
Der größte Krankenversicherer in NRW hat den Betrachtungszeitraum über das Kalenderjahr verlängert, um die Auswirkungen der Pandemie besser einschätzen zu können. Die Erkenntnisse für
Remscheid sind ernüchternd. In der immer noch stark industriell geprägten Stadt trifft das Virus auf eine zum Teil schwache Abwehrmauer, um ein Bild aus dem Fußball zu benutzen. Der Anteil der Menschen im Alter über 65 Jahren ist hoch, mehr als jeder Dritte leidet an einer Vorerkrankung, die das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs bei einer Corona-Infektion stark erhöht.
Vor diesem Hintergrund erscheint die auch von deutschen Kassenärzten angeschobene Diskussion um eine baldige Schließung der Impfzentren umso irritierender. Tenor: Die nun noch anstehenden Impfungen schaffen wir alleine. Das erweckt den Eindruck, als ob der Corona-Impfschutz auf die Zielgerade einbiegt. Das Gegenteil ist der Fall. Entgegen der vollmundigen Ankündigungen aus Düsseldorf und Berlin werden die Kommunen zum Sommerstart nicht überschüttet mit Impfstoff, sondern üben sich in der Mangelverwaltung. Auch Remscheid. Weil aktuell nur Zweitimpfungen stattfinden, wird die Zahl der Menschen, die auf ihre Erstimpfung warten, nicht kleiner.
52.536 Remscheider hatten bis Donnerstag ihre Erstimpfung erhalten. Es sind also noch viele
Tausend Menschen in der Warteschleife. 1000 Impfungen am Tag können in den fünf Impfstraßen im Impfzentrum verabreicht werden. Zehn Stunden am Tag ist es geöffnet. „Wir würden auch nachts impfen“, hat der für die Abläufe zuständige Feuerwehrchef Guido Eul-Jordan in dieser Woche im Gespräch mit unserer Redaktion gesagt. Heißt: Wenn genügend Impfstoff da ist, wäre ein besserer Schutz für die Bürger schnell sicherzustellen. Die Diskussion um eine Schließung der Impfzentren ist nur eine Nebelkerze, die von den eigentlichen Problemen ablenken soll.