Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Holzmangel macht Möbel teurer
Baumaterialien sind knapp und damit kostspieliger geworden. Das belastet die Branche. Der Mangel wird andauern, warnen Experten. Preistreiber beim Holz sind die USA und China, die derzeit den europäischen Markt leerkaufen.
Der BaumaterialMangel in Deutschland wird voraussichtlich noch lange Zeit ein Problem bleiben. „Das wird uns noch bis weit ins zweite Halbjahr beschäftigen“, sagte ein Sprecher des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes unserer Redaktion. Baustellen stünden daher teils still, obwohl die Auftragsbücher voll seien. Es mangele „beispielsweise an Dämmmaterialien und Rohren“, so der Sprecher, aber auch an Holz. Hier seien die Erzeugerpreise zwischen April 2020 und dem gleichen Monat des laufenden Jahres um 27 Prozent gestiegen, von Dezember 2020 bis April 2021 auch noch um 22 Prozent. Beim Kunststoff sind die Erzeugerpreise in den vier Monaten nach Jahresbeginn demnach noch etwas stärker geklettert.
„Die Kunden haben sehr viel Verständnis für die Situation von Industrie
und Handel“
Markus Meyer Präsidiumsmitglied im Handelsverband
Möbel und Küchen
Verknapptes Angebot und Teuerung haben auch Folgen für die Verbraucher, etwa in der Möbelbranche: „Für ein Sofa, welches vorher 1000 Euro gekostet hat, zahlt man künftig etwa 1100 Euro; ähnlich sieht die Situation bei Holz und Kastenmöbeln aus. Bei Küchen ist die Situation noch nicht so angespannt“, so Markus Meyer, Präsidiumsmitglied im Handelsverband Möbel und Küchen (BVDM). Küchen, die vorher 7000 Euro gekostet hätten, könnten um bis zu 500 Euro teurer werden. Man habe keine andere Möglichkeit, als gestiegene Einkaufspreise an den Kunden weiterzugeben. Viele Hersteller hätten zu Jahresbeginn die Preise um etwa fünf Prozent erhöht, zuletzt nochmals um rund fünf Prozent. Auf der anderen Seite habe der Handel durch den Lockdown viel Umsatz verloren, so Meyer – im Januar und Februar und auch zwischen Weihnachten und Neujahr, einer Zeit also, in der sonst 50 bis 60 Prozent der Dezember-Umsätze im Möbelhandel erzielt würden.
Die Möbelindustrie hat wegen der gestiegenen Beschaffungspreise nach eigener Aussage keine andere Wahl. „Die Verteuerung der Vormaterialien führt bei unseren Herstellern zu deutlich höheren Produktionskosten und verändert damit natürlich auch die Kalkulationsbasis“, erklärt der Verband der deutschen Möbelindustrie (VDM).
Doch woher kommt der Materialmangel? „Holz beispielsweise ist deshalb so rar geworden, weil die Amerikaner, die sich sonst in Kanada
eingedeckt haben, verstärkt in Europa kaufen, genauso wie die Chinesen, für die sonst Russland größter Lieferant war“, so Meyer. Schaumstoff koste teils fünfmal so viel wie früher.
Material war selten so schwer zu bekommen wie jetzt. In der Möbelindustrie spitze sich die Versorgungslage bei wichtigen Zulieferprodukten weiter zu, berichtete jüngst der VDM. In einer Verbandsumfrage hätten rund 70 Prozent der befragten Hersteller angegeben, dass sich die Materialverfügbarkeit im Mai im Vergleich zum Vormonat nochmals verschlechtert habe. Bei rund der Hälfte der Unternehmen sei die Produktion eingeschränkt, „vielfach sind Produktionstage weggefallen“, so VDM-Geschäftsführer Jan Kurth. Der Beschaffungsnotstand betrifft unter anderem Metallteile, Beschläge, Polsterschäume, Elektrobauteile
und Stoffbezüge. Die Folge: „Obwohl die Betriebe derzeit alles unternehmen, um lieferfähig zu bleiben, können Verzögerungen bei Lieferungen an den Handel derzeit nicht ausgeschlossen werden“, so der VDM. Hersteller und Handel seien „natürlich an einer schnellen Belieferung der Endkunden interessiert“.
Meist ziehen da beide an einem Strang. Aber Streit gibt es mitunter auch. So hat zuletzt in einem Verfahren der Wettbewerbszentrale gegen einen großen Möbelhändler das Oberlandesgericht Bamberg festgestellt, dass überhöhte Konventionalstrafen bei Überschreitung der Lieferzeit unzulässig seien. „Sofern es aktuell Verzögerungen aufgrund von Materialknappheiten gibt, darf dies aus unserer Sicht nicht zum Anlass genommen werden, die Lieferanten zusätzlich zu belasten“, so der VDM.
Wie auch immer der Sachverhalt juristisch zu beurteilen ist – Lieferverzögerungen treffen in letzter Konsequenz den Kunden. „Das ersehnte rote Sofa gibt es dann nicht, und bei der Küchenlieferung fehlt dann womöglich auch ein Elektrogerät“, so Handelsverbands-Experte Meyer. Wenn Auslieferungen überhaupt fristgerecht möglich sind. „Wir rechnen derzeit bei jeder zweiten Kommission mit verlängerten Lieferzeiten“, räumt Meyer ein, lobt aber die Kunden: „Die haben sehr viel Verständnis für die Situation von Industrie und Handel.“
Besserung ist indes nicht in Sicht. Die Preisentwicklung bei wichtigen Vorprodukten habe sich im Laufe des zweiten Quartals des laufenden Jahres weiter verschärft, heißt es beim VDM. Für das dritte Quartal seien den Möbelherstellern sogar weitere Preiserhöhungen „in Aussicht gestellt worden“.