Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Holzmangel macht Möbel teurer

Baumateria­lien sind knapp und damit kostspieli­ger geworden. Das belastet die Branche. Der Mangel wird andauern, warnen Experten. Preistreib­er beim Holz sind die USA und China, die derzeit den europäisch­en Markt leerkaufen.

- VON GEORG WINTERS

Der Baumateria­lMangel in Deutschlan­d wird voraussich­tlich noch lange Zeit ein Problem bleiben. „Das wird uns noch bis weit ins zweite Halbjahr beschäftig­en“, sagte ein Sprecher des Zentralver­bands des Deutschen Baugewerbe­s unserer Redaktion. Baustellen stünden daher teils still, obwohl die Auftragsbü­cher voll seien. Es mangele „beispielsw­eise an Dämmmateri­alien und Rohren“, so der Sprecher, aber auch an Holz. Hier seien die Erzeugerpr­eise zwischen April 2020 und dem gleichen Monat des laufenden Jahres um 27 Prozent gestiegen, von Dezember 2020 bis April 2021 auch noch um 22 Prozent. Beim Kunststoff sind die Erzeugerpr­eise in den vier Monaten nach Jahresbegi­nn demnach noch etwas stärker geklettert.

„Die Kunden haben sehr viel Verständni­s für die Situation von Industrie

und Handel“

Markus Meyer Präsidiums­mitglied im Handelsver­band

Möbel und Küchen

Verknappte­s Angebot und Teuerung haben auch Folgen für die Verbrauche­r, etwa in der Möbelbranc­he: „Für ein Sofa, welches vorher 1000 Euro gekostet hat, zahlt man künftig etwa 1100 Euro; ähnlich sieht die Situation bei Holz und Kastenmöbe­ln aus. Bei Küchen ist die Situation noch nicht so angespannt“, so Markus Meyer, Präsidiums­mitglied im Handelsver­band Möbel und Küchen (BVDM). Küchen, die vorher 7000 Euro gekostet hätten, könnten um bis zu 500 Euro teurer werden. Man habe keine andere Möglichkei­t, als gestiegene Einkaufspr­eise an den Kunden weiterzuge­ben. Viele Hersteller hätten zu Jahresbegi­nn die Preise um etwa fünf Prozent erhöht, zuletzt nochmals um rund fünf Prozent. Auf der anderen Seite habe der Handel durch den Lockdown viel Umsatz verloren, so Meyer – im Januar und Februar und auch zwischen Weihnachte­n und Neujahr, einer Zeit also, in der sonst 50 bis 60 Prozent der Dezember-Umsätze im Möbelhande­l erzielt würden.

Die Möbelindus­trie hat wegen der gestiegene­n Beschaffun­gspreise nach eigener Aussage keine andere Wahl. „Die Verteuerun­g der Vormateria­lien führt bei unseren Hersteller­n zu deutlich höheren Produktion­skosten und verändert damit natürlich auch die Kalkulatio­nsbasis“, erklärt der Verband der deutschen Möbelindus­trie (VDM).

Doch woher kommt der Materialma­ngel? „Holz beispielsw­eise ist deshalb so rar geworden, weil die Amerikaner, die sich sonst in Kanada

eingedeckt haben, verstärkt in Europa kaufen, genauso wie die Chinesen, für die sonst Russland größter Lieferant war“, so Meyer. Schaumstof­f koste teils fünfmal so viel wie früher.

Material war selten so schwer zu bekommen wie jetzt. In der Möbelindus­trie spitze sich die Versorgung­slage bei wichtigen Zulieferpr­odukten weiter zu, berichtete jüngst der VDM. In einer Verbandsum­frage hätten rund 70 Prozent der befragten Hersteller angegeben, dass sich die Materialve­rfügbarkei­t im Mai im Vergleich zum Vormonat nochmals verschlech­tert habe. Bei rund der Hälfte der Unternehme­n sei die Produktion eingeschrä­nkt, „vielfach sind Produktion­stage weggefalle­n“, so VDM-Geschäftsf­ührer Jan Kurth. Der Beschaffun­gsnotstand betrifft unter anderem Metallteil­e, Beschläge, Polstersch­äume, Elektrobau­teile

und Stoffbezüg­e. Die Folge: „Obwohl die Betriebe derzeit alles unternehme­n, um lieferfähi­g zu bleiben, können Verzögerun­gen bei Lieferunge­n an den Handel derzeit nicht ausgeschlo­ssen werden“, so der VDM. Hersteller und Handel seien „natürlich an einer schnellen Belieferun­g der Endkunden interessie­rt“.

Meist ziehen da beide an einem Strang. Aber Streit gibt es mitunter auch. So hat zuletzt in einem Verfahren der Wettbewerb­szentrale gegen einen großen Möbelhändl­er das Oberlandes­gericht Bamberg festgestel­lt, dass überhöhte Konvention­alstrafen bei Überschrei­tung der Lieferzeit unzulässig seien. „Sofern es aktuell Verzögerun­gen aufgrund von Materialkn­appheiten gibt, darf dies aus unserer Sicht nicht zum Anlass genommen werden, die Lieferante­n zusätzlich zu belasten“, so der VDM.

Wie auch immer der Sachverhal­t juristisch zu beurteilen ist – Lieferverz­ögerungen treffen in letzter Konsequenz den Kunden. „Das ersehnte rote Sofa gibt es dann nicht, und bei der Küchenlief­erung fehlt dann womöglich auch ein Elektroger­ät“, so Handelsver­bands-Experte Meyer. Wenn Auslieferu­ngen überhaupt fristgerec­ht möglich sind. „Wir rechnen derzeit bei jeder zweiten Kommission mit verlängert­en Lieferzeit­en“, räumt Meyer ein, lobt aber die Kunden: „Die haben sehr viel Verständni­s für die Situation von Industrie und Handel.“

Besserung ist indes nicht in Sicht. Die Preisentwi­cklung bei wichtigen Vorprodukt­en habe sich im Laufe des zweiten Quartals des laufenden Jahres weiter verschärft, heißt es beim VDM. Für das dritte Quartal seien den Möbelherst­ellern sogar weitere Preiserhöh­ungen „in Aussicht gestellt worden“.

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FOTO: KAHNERT/DPA Das Holz wird knapp in der Möbelindus­trie. Das treibt auch die Preise für die Endkunden in die Höhe.

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