Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Streichquartett als Herzensangelegenheit
Klassik Es gibt gewiss Musiker in dieser erlesenen Kunstform, die gehen zur Probe wie ins Büro. Sie krempeln die Ärmel hoch, arbeiten zweieinhalb Stunden und eilen mit kurzem Gruß wieder auseinander und zum Mittagessen. Konzerte sind Termine für sie wie ein Zahnarztbesuch oder der Besuch bei Erbtante Adelheid. Es gibt aber auch Streichquartette (und sie dürften die Mehrheit bilden), die menschlich verschworene Gemeinschaften bilden. Die einander blind verstehen und emotionale Schwingungen austauschen. Das Quartetto Italiano war so eine Herzenstruppe.
Gegen Kriegsende im Jahr 1945 hatten sich vier Musikstudenten zu einem Streichquartett vereint: Paolo Borciani und Elisa Pegreffi (Violinen), Lionello Forzanti (Bratsche) und Franco Rossi (Cello). Sie kamen aus verschiedenen Städten Italiens, das Reisen war beschwerlich, aber sie waren einander innig zugetan und trafen sich regelmäßig bereits vor Abschluss ihres Musikstudiums zum gemeinsamen Musizieren. Im Jahr 1947 verließ Forzanti das Quartett. Mit Piero Farulli an der Viola erhielt das Quartett seine endgültige Gestalt. Mehr als drei Jahrzehnte lang bescherte das
Quartetto Italiano Musikfreuden schönste Erlebnisse. Stets spürte man, dass sie in Geberlaune waren; die Instrumente dieser glorreichen vier sangen, wo immer sie spielten, aus voller Brust.
Davon können sich die Fans und solche, die es werden wollen, anhand einer großartigen Edition aller frühen Aufnahmen überzeugen (erschienen auf 14 CDs bei
Warner). Das Spektrum reicht von den klassischen Meisterwerken der Großmeister Mozart, Beethoven, Haydn und Schumann bis hin zu Debussy, Ravel und Prokofieff. Doch die Italianos fischen auch am Rand des großen Teichs des Repertoires, etwa bei Milhaud, Boccherini, Galuppi oder Malipiero. Einige Aufnahmen aus den 50ern sind in Mono-Qualität, was aber der Energie überhaupt keinen Abbruch tut. Im Handel kostet die Box schlappe 37 Euro. Sofort zuschlagen!