Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Darum ist die Auszeichnu­ng an die Schriftste­llerin Tsitsi Dangarembg­a aus Simbabwe so wichtig.

Black Sabbath gelten als Erfinder eines ganzen Rock-Genres. Bis heute hält der Einfluss der Band an, die viele Höhen und Tiefen erlebte.

- VON MARKUS BALSER

Birmingham, 14. Februar 2017, natürlich kurz vor der Geisterstu­nde: Drei Gestalten in Schwarz, allesamt schon beinahe 70, haben gerade ihr letztes gemeinsame­s Konzert beendet. In der Stadt, in der alles begann. 16.000 Menschen feiern Ozzy Osbourne, Tony Iommi und Geezer Butler. Knapp 50 Jahre zuvor waren sie erstmals aufgetrete­n. In der Zeit dazwischen haben sie ein neues Rockmusik-Genre erfunden, Millionen von Platten verkauft, in den größten Stadien der Welt gespielt, Drogen-Abstürze überlebt, sich zerstritte­n und wieder zusammenge­tan. Nur Bill Ward, der Schlagzeug­er der Originalbe­setzung, fehlt an jenem Abend. Aus gesundheit­lichen Gründen, wie es heißt. Man mag das sofort glauben, wenn man die Geschichte dieser Band kennt.

Wer noch einmal fünf Jahrzehnte zurückspul­t, fühlt sich an die Anfänge der Beatles erinnert: Vier junge Kerle aus ärmlichen Verhältnis­sen finden über die Musik zusammen und gründen eine Band. Sie haben eine ganz gute Idee und schnell Erfolg. Bereits das erste Album schafft es in England in die Top Ten.

Sie nennen sich Black Sabbath, angelehnt an den Titel eines Horror-Films mit Boris Karloff, und spielen Rockmusik aus der Geisterbah­n. Sie sind genervt vom FlowerPowe­r-Gedöns der Hippies. Wo diese die Sonne scheinen lassen, regnet und donnert es bei Black Sabbath. Diese Typen kommen ja schließlic­h nicht aus Kalifornie­n, sondern aus Englands zweitgrößt­er Industries­tadt. Und wahrschein­lich ist es auch kein Zufall, dass ausgerechn­et dort, wo die Perspektiv­en überschaub­ar sind, diese Musik entsteht. Da steckt jede Menge Wut drin und Frust.

Der Sound ist hart. Das hat viel mit dem Gitarriste­n Tony Iommi zu tun, der bei einem Unfall zwei Fingerkupp­en seiner Greifhand einbüßt. Er kompensier­t dieses Handicap, indem er sein Instrument tiefer stimmt, mit Plastikpro­thesen spielt und maximale Verstärker­verzerrung nutzt. Und dann ist da noch Ozzy Osbourne. Der hat zwar keine große, dafür aber eine markante Stimme. Sie klingt, als käme sie aus einer Gruft. Das passt ganz gut zu dieser Truppe, die sich ein okkultes Image zulegt, wenngleich die wenigsten ihrer Songs tatsächlic­h damit etwas zu tun haben.

Die Musikpress­e mag das alles nicht, aber die Fans werden immer zahlreiche­r. Der Durchbruch gelingt mit dem zweiten Album. „Paranoid“stürmt im September 1970 im Königreich an die Spitze der Charts. Das Album, das sich 4,2 Millionen mal verkauft, enthält drei zentrale Songs: den schnellen, einfachen Stampfer „Paranoid“(in Deutschlan­d sogar von Cindy & Bert gecovert), den Antikriegs­song „War Pigs“und das Endzeitepo­s „Iron Man“.

Das Konzept steht jetzt und wird auf den nächsten drei Alben verfeinert. Alle werden ein weltweiter Erfolg. Die Band gilt fortan als Erfinder des Heavy Metal.

Ganz richtig ist das nicht. Denn auch Deep Purple, Led Zeppelin oder Uriah Heep waren zu dieser Zeit ziemlich „’eavy“, wie sie es in Birmingham sagen würden. Aber Black Sabbath fügen dem harten Rock der frühen Tage Komponente­n hinzu, die bis heute stilprägen­d geblieben sind. Oder besser gesagt: Sie lassen sie weg. Es gibt keine Uhs und Ahs, keinen Glitzer und Glamour, wenig Schnörkel und keinen überladene­n Bombast, der für die 70er-Jahre oft so typisch ist. Stattdesse­n harte Gitarrenri­ffs, die sich durch die Songs fräsen und den Bezug zum Rhythm and Blues, aus dem sie ursprüngli­ch stammen, über Bord werfen. Vieles klingt daher heute zeitgemäße­r als das, was die musikalisc­he Konkurrenz so abliefert.

Mit „Masters Of Reality“, ihrem dritten Album, steht die Band bereits

1971 in ihrem Zenit. Die Songs werden schleppend­er, prägnanter und dadurch noch mal eine

Spur härter. Und das Quartett hat jetzt eine

Text- und Bilderspra­che entwickelt, bei der sich noch heute viele Bands bedienen. Heavy Metal ist auch ein Image geworden.

Innerhalb von drei Jahren bringt das Quartett fünf Alben heraus. Alle gelten heute als Klassiker. Aber ab Mitte des Jahrzehnts geht es langsam abwärts. Die vier jungen Männer sind zu Geld gekommen und investiere­n es in Drogen und Alkohol. Sie leben ihr eigenes Klischee. Gleichzeit­ig betreten Punk- und neue Hard-RockBands die Bühne, die die Pioniere von einst alt aussehen lassen. Die Verkaufsza­hlen der nächsten Alben halbieren sich. Als Black Sabbath 1979 wieder im Aufnahmest­udio sind, kommt es zum Bruch mit Ozzy Osbourne. Der trinkfreud­ige Sänger nimmt noch mehr Drogen, als es die anderen ohnehin schon tun. Er wird gefeuert. Die 70er-Jahre sind vorbei, die Freundscha­ft der vier Männer ist es vorerst auch.

Ozzy Osbourne schlägt als „Prince Of Darkness“eine erfolgreic­he Solokarrie­re ein. Mit der MTV-Serie „The Osbournes“wird er zu einem weltweit bekannten, aber auch bemitleide­nswerten Superstar, der von Drogen und Krankheit schwer gezeichnet ist.

Black Sabbath erleben einige Höhen und viele Tiefen, verschleiß­en zahlreiche Musiker und versinken fast in der Bedeutungs­losigkeit. Bis sie in den 90ern wiederentd­eckt werden. Inzwischen gibt es viele weitere Spielarten des Heavy Metal, die ohne Black Sabbath undenkbar wären. Vielleicht ist es die größte Leistung dieser Band, deren Originalbe­setzung erst in den 2000er-Jahren wieder zusammenfi­ndet.

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GETTY ?? Black Sabbath 1970 in der Originalbe­setzung: Schlagzeug­er Bill Ward, Bassist Geezer Butler, Sänger Ozzy Osbourne und Gitarrist Tony
Iommi (v.l.).
FOTO: CHRIS WALTER/ GETTY Black Sabbath 1970 in der Originalbe­setzung: Schlagzeug­er Bill Ward, Bassist Geezer Butler, Sänger Ozzy Osbourne und Gitarrist Tony Iommi (v.l.).
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