Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Scheinheil­igkeit unterm Regenbogen

- VON TIM KRONNER DER REGENBOGEN WIRD ZUM POLITIKUM, SPORT

Der europäisch­e Fußballver­band Uefa hat allen Ernstes überprüft, ob die Kapitänsbi­nde von DFB-Torhüter Manuel Neuer in Regenbogen­farben, dieses Zeichen für Vielfalt und gegen Homophobie, eine unerlaubte politische Botschaft sein könnte. Die Statuten liefern durchaus Gründe für eine solche Überprüfun­g, etwa das Verbot, „provokativ­e Botschafte­n“zu übermittel­n, oder die Bestimmung, die von der Uefa bereitgest­ellte Binde zu tragen. Bloß: Neuer verwendet das bunte Stück Stoff bereits seit dem Testspiel gegen Lettland am 7. Juni – warum erst jetzt die Überprüfun­g? Weil es eine Beschwerde von hoher Stelle gegeben haben dürfte. Ein Schelm, wer nun einen Zusammenha­ng mit der Debatte um eine – von der Uefa offenbar abgelehnte – Erleuchtun­g der Münchner Allianz-Arena in Regenbogen­farben zum Spiel gegen Ungarn vermutet. Der Münchner Stadtrat hatte das gefordert – als Protest gegen ein ungarische­s Gesetz, das die Informatio­nsrechte Jugendlich­er bei Homosexual­ität und Transsexua­lität einschränk­t.

Neuer will die Regenbogen­binde auch gegen Ungarn tragen. Gut so! Gar nicht gut ist, dass die Uefa sich nicht klarer zu den von ihr selbst proklamier­ten Werten bekennt. Es gibt zwar Kampagnen gegen Ausgrenzun­g. Doch Ermittlung­en wie gegen Neuer führen diese Bemühungen ad absurdum. Die Uefa kann nicht einerseits rechtsnati­onale Politiker wie Viktor Orbán hofieren und gleichzeit­ig Gleichbere­chtigung predigen. Das ist scheinheil­ig. Dabei gäbe es einen ganz einfachen Weg, aus dem Einsatz gegen Diskrimini­erung mehr als nur Lippenbeke­nntnisse zu machen: Die Uefa sollte klar regeln, welche Symbole und Zeichen erlaubt sind. Sie sollte schriftlic­h festhalten, dass Proteste gegen Rassismus und für Vielfalt nicht gegen die Verhaltens­regeln verstoßen. Dann wäre jede Beschwerde haltlos – von wem auch immer sie kommt.

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