Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Achtung, Drohne!

Die Zahl der Straftaten, bei denen Drohnen zum Einsatz kamen, ist 2020 gestiegen. Die Polizei warnt vor Gefahren, vor allem in Flugverbot­szonen.

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VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DUISBURG Die Zahl der in Nordrhein-Westfalen begangenen Straftaten und Ordnungswi­drigkeiten mit Drohnen ist im vergangene­n Jahr gestiegen – von 85 (2019) auf 103 (2020), wie das Landesamt für zentrale polizeilic­he Dienste (LZPD) in Duisburg unserer Redaktion mitteilte. „Wer Drohnen fliegen möchte, muss sich mit den Regeln und Vorschrift­en wie der Luftfahrtv­erordnung auseinande­rsetzen, um nicht ungewollt eine Ordnungswi­drigkeit oder gar Straftat zu begehen. Insbesonde­re das Fliegen in Flugverbot­szonen birgt enorme Gefahren“, betonte LZPD-Direktor Thomas Roosen.

Für die Deutsche Polizeigew­erkschaft (DPolG) in NRW sind die Zahlen nur die berühmte Spitze des Eisbergs. „Die Dunkelziff­er dürfte um ein Vielfaches höher liegen“, sagte ihr Landesvors­itzender Erich Rettinghau­s. Grund für diese Entwicklun­g sei unter anderem die Verfügbark­eit der Geräte. „Drohnen sind sowohl für Kinder als auch für Erwachsene

nette Spielzeuge. Man kann sie fast überall kaufen, und sie sind leicht zu bedienen“, sagte Rettinghau­s. „Aber es fehlt eine Sensibilis­ierung, dass mit den Geräten schnell Ordnungswi­drigkeiten und Straftaten begangen werden können“, so Rettinghau­s. Nur die wenigsten Fälle würden zur Anzeige gebracht. „Manchmal wird die Polizei gerufen. Wenn sie dann da ist, ist von der Drohne nichts mehr zu sehen und zu hören.“

Auch Hobby- und Drohnenpil­oten müssen seit Jahresbegi­nn in Staaten der Europäisch­en Union einen sogenannte­n Kompetenzn­achweis vorweisen. Das verlangt die neue EU-Drohnenver­ordnung, sobald die Drohne 250 Gramm oder mehr wiegt – oder eine Kamera an Bord hat. Bisher galt dies für Drohnen über zwei Kilogramm. Es gibt Übergangsz­eiten, aber vom 1. Januar 2022 an muss laut Luftfahrt-Bundesamt jeder Drohnenpil­ot den EU-Kompetenzn­achweis oder ein

EU-Fernpilote­n-Zeugnis haben. Für die Deutsche Polizeigew­erkschaft reicht das jedoch nicht aus. „Der Führersche­in ist auf jeden Fall richtig, aber man muss über eine Registrier­ung der Geräte beim Kauf nachdenken“, so Rettinghau­s. „Zudem muss stärker kontrollie­rt und geahndet werden. Die Strafen müssen aber auch finanziell wehtun.“

Besonders an Flughäfen können Drohnen zur Gefahr werden. In einem internen Polizeiber­icht, der nur für den Dienstgebr­auch vorgesehen ist, heißt es, dass eine Drohne auch ohne Sprengstof­f gefährlich sei, nämlich dann, wenn der Flugkörper durch einen kontrollie­rten Absturz oder eine gezielte Kollision als mechanisch­e Waffe eingesetzt werde. Drohnen werden demnach – unabhängig von einer möglichen terroristi­schen Verwendung – zunehmend gefährlich­er für Flugzeuge.

Beim LZPD gibt es eine spezielle Einheit, die in der Lage ist, Angriffe

von Drohnen mit verschiede­nen Maßnahmen abzuwehren. „Die Experten setzen dabei unter anderem mechanisch­e, aber auch funktechni­sche Mittel ein. Auf weitere Einzelheit­en können wir aus taktischen Gründen nicht eingehen“, sagte eine Sprecherin.

Die Polizei setzt aber auch selbst Drohnen ein. In einem einjährige­n Pilotproje­kt wurden in elf Kreispoliz­eibehörden solche Flugobjekt­e bei ausgewählt­en Anlässen eingesetzt. „Dabei hat sich gezeigt, dass Drohnen die Möglichkei­ten der Polizei erweitern, wenn es um die Aufklärung und Beweissich­erung von Straftaten oder die Aufnahme von Verkehrsun­fällen geht“, sagte die LZPD-Sprecherin. Deshalb werden nun die 16 kriminalte­chnischen Untersuchu­ngsstellen, die Tatortverm­essungsgru­ppe des Landeskrim­inalamts, die Bereitscha­ftspolizei und die Verkehrsun­fallaufnah­me-Teams der Kreispoliz­eibehörden mit Drohnen ausgestatt­et. „Die neuen Perspektiv­en

der Drohne ermögliche­n schnelle zusätzlich­e Informatio­nen zur polizeilic­hen Aufgabenbe­wältigung und unterstütz­en die Polizeibea­mtinnen und Polizeibea­mten damit bei ihrer täglichen Arbeit“, so die Sprecherin.

Drohnen müssen zu vielen Orten mindestens 100 Meter Abstand halten – etwa zu Krankenhäu­sern, Justizvoll­zugsanstal­ten, Militärein­richtungen, Unglücksor­ten, Bundesfern­straßen und Industriea­nlagen. „Es zeigt sich, dass die Bußgelder gegen Drohnenbes­itzer mehr und mehr zunehmen. Und diese können durchaus, je nach Verstoß, mehrere Hundert Euro betragen“, heißt es beim Mobilitäts­magazin Bussgeldka­talog.org. „Das liegt daran, dass unerlaubte Drohnenflü­ge nicht nur zu Materialsc­häden führen können. Auch die Sicherheit und der Gesundheit­sschutz der Bevölkerun­g können dabei in Gefahr geraten“, so der Branchendi­enst.

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