Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Zwischen Jubel und Corona-Verstößen

Bei den Fußballfes­ten in München fehlt oft die Maske. Das sorgt für Ärger und könnte Folgen für die Bundesliga haben.

- VON MANUEL SCHWARZ

(dpa) Gemeinsam feiernde Fans auf den Rängen, euphorisch­er Jubel, Siegesgesä­nge: Was hatte Fußball-Deutschlan­d die Szenen in den langen Corona-Monaten doch vermisst! Just wegen solcher Bilder aber halten der Ärger und die Sorge rund um die EM in München an. Trotz der generell erfreulich­en Entwicklun­g der Infektions­zahlen und des umfangreic­hen Hygienekon­zepts in der Münchner Arena mahnen Politiker energisch – und Bayerns Gesundheit­sminister Klaus Holetschek droht gar der nach vollen Stadien lechzenden Bundesliga mit Konsequenz­en.

Der CSU-Politiker erinnerte in einem BR-Interview daran, dass die Zulassung von 14.500 Zuschauern bei den vier EM-Partien nicht der Regelfall sind, sondern ein Modellvers­uch. „Wenn der Modellvers­uch schief läuft, dann sehe ich ehrlich gesagt schwarz, dass der Profifußba­ll in Zukunft vor vielen Zuschauern spielen kann“, sagte der bayerische Minister.

Was genau Holetschek mit „schief laufen“meinte, war unklar – ob etwa weitere Szenen wie bei den deutschen Spielen gegen Frankreich (0:1) und Portugal (4:2) mit Zuschauern ohne Mund-Nasen-Schutz schon reichten, um Klubs wie dem FC Bayern München im Herbst die Rückkehr der Fans zu verwehren. Oder ob die Zuschauer erst dann ausgesperr­t werden, wenn es zu einem größeren Corona-Ausbruch kommen sollte.

Vor diesem Worst-Case-Szenario warnt die Politik seit Wochen. „Wir haben zwar im Kampf gegen die Pandemie viel erreicht. Aber wir müssen jetzt am Ball bleiben – alle gemeinsam. Denn die Delta-Variante ist auf dem Vormarsch, wir sehen das zum Beispiel in Großbritan­nien“, sagte Gesundheit­sminister Holetschek am Montag. Er könne die Euphorie in der Arena verstehen. „Studienerg­ebnisse deuten jedoch darauf hin, dass die Ansteckung­sgefahr auch im Fußball-Stadion hoch ist. Deswegen sind hier Masken und Abstände so wichtig.“Auch Ministerpr­äsident

Markus Söder (CSU) ermahnte die Fans, konsequent­er Masken zu tragen.

Letztlich liegt es an den Zuschauern selbst. „Anreise, Einlass und Zugang zum Stadion funktionie­ren sehr gut“, resümierte der Deutsche Fußball-Bund am Mittwoch auf dpa-Anfrage. „Auf die Maskenpfli­cht haben wir die Zuschauer durch intensive Kommunikat­ion im Vorfeld des Spiels über Social Media gemeinsam mit unseren Partnern in der Stadt München, verstärkte Kommunikat­ionsmaßnah­men wie Anzeigen und Durchsagen im Stadion, sowie durch erhöhten personelle­n Einsatz von Ordnungs- und Sicherheit­skräften, Covid-Stewards und Volunteers immer wieder hingewiese­n.“

Münchens Gesundheit­sreferenti­n Beatrix Zurek, die beim Portugal-Spiel im Stadion war, sprang dem DFB bei. „Es waren in jedem Block Ordner, die durchgegan­gen sind. Es ist während des Spiels auf der Leinwand angezeigt worden, dass man die Maske tragen sollte. Die Ordner hatten sogar Bilder, dass selbst derjenige, der nicht der portugiesi­schen oder deutschen oder englischen Sprache mächtig war, das erkennen konnte“, sagte sie.

Sie ergänzte aber im BR: „Der Ordner ging vorbei, die Maske wurde draufgetan, und dann wieder weggenomme­n, als der Ordner, die Ordnerin nicht mehr da war. Es ist wirklich eine schwierige Geschichte.“Schwierig, weil menschlich – gerade in Partien mit spektakulä­ren und am Ende siegreiche­n Verläufen wie am Samstag gegen Portugal.

Das betrifft nicht nur die Arena, sondern auch Public-Viewing-Plätze wie Biergärten. Während man ins Stadion nur als Getesteter, Geimpfter oder Genesener kommt, wird das im Biergarten meist nicht gefordert. Die Münchner Virologin Ulrike Protzer bleibt dennoch entspannt. „Ich denke, in den Biergärten kann man ruhig lockerer sein, da die Infektions­zahlen insgesamt ja sehr niedrig sind und damit auch das Risiko gering, dass man jemanden trifft, der infiziert ist“sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Die Ansteckung­sgefahr im Freien sei minimal.

Die EM durchzufüh­ren, halte sie für vertretbar. „Wir müssen ja langsam wieder in Richtung Normalität zurückkehr­en“, sagte die Direktorin des Instituts für Virologie am Helmholtz Zentrum München und an der Technische­n Universitä­t München.

Der Vorsitzend­e der Deutschen Gesellscha­ft für Infektiolo­gie, Bernd Salzberger, widerspric­ht. „Draußen zu feiern, ist sicher besser als in geschlosse­nen Räumen zu feiern, aber gerade die Begeisteru­ng lässt auch Tröpfchen und Viren fliegen“, sagte der Infektiolo­ge vom Universitä­tsklinikum Regensburg der Deutschen Presse-Agentur. „In dieser Situation ist die EM beziehungs­weise jede große Veranstalt­ung vermutlich keine gute Idee“, sagte der Experte weiter.

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FOTO: FEDERICO GAMBARINI/DPA Bei den EM-Spielen in München sollen auf den Rängen eigentlich Masken getragen werden. Viele Fans halten sich nicht daran.

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