Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Roboter-Küche statt Kantine
Auch nach der Corona-Pandemie dürften viele Mitarbeiter von Unternehmen deutlich mehr Zeit im Homeoffice verbringen. Für die Betreiber von Betriebsrestaurants wird das zum Problem. Doch es gibt erste Lösungsansätze.
Käsespätzle und Spaghetti Bolognese klappen schon problemlos, aber natürlich arbeiten Emanuel Pallua und Julian Stoß auch an der Currywurst. „Wir haben gelernt, dass die Currywurst immer noch das meistverkaufte Essen in deutschen Kantinen ist“, sagt Emanuel Pallua. Also soll es bald auch vom Roboter zubereitet werden können.
Möglich macht es Aitme. So haben die Berliner Gründer ihr Startup getauft, mit dem sie seit etwa zwei Jahren eine Art Kantinen-Roboter entwickeln, der auf Knopfdruck verschiedene Gerichte zubereiten kann. Zuletzt investierten Risikokapitalgeber noch einmal mehr als sieben Millionen Euro in das Start-up – denn auch dort sieht man, dass die Gründer mit ihrer Entwicklung einen guten Zeitpunkt erwischt haben könnten.
In der Corona-Krise haben die Betriebe viele Mitarbeiter ins Homeoffice geschickt, ihre Kantinen geschlossen. Doch schon jetzt deutet sich an: Auch nach Ende der Pandemie werden viele Arbeitnehmer wohl nicht an fünf Tagen pro Woche ins Büro zurückkehren, weil sich die mobile Arbeit bewährt hat. In vielen Kantinen dürften dadurch künftig weniger Gerichte pro Tag über den Tresen gehen – und das hat Folgen:„Eine geringere Zahl der Mitarbeitenden vor Ort wird zwangsläufig dazu führen, dass insbesondere kleinere Betriebsrestaurants, die normalerweise von 50, 60 Besuchern täglich frequentiert werden, auf Dauer nicht mehr wirtschaftlich sind“, sagt Frank Theobald, Geschäftsführer der Düsseldorfer Klüh-Gruppe, die unter anderem die Kantinen im NRW-Landtag, in der Uniklinik Essen und beim WDR in Köln betreibt.
Auch die Klüh-Gruppe war 2020 von den Auswirkungen der Pandemie betroffen, Umsatz und Mitarbeiterzahl im Catering-Bereich sind gesunken. „In der Phase des Lockdowns über den Winter hatten wir zwischenzeitlich bis zu 80 unserer Betriebsrestaurants geschlossen“, sagt Theobald. Inzwischen gehe es aber bergauf, sodass aus seiner Sicht Ende August bis Anfang September nahezu alle Betriebsrestaurants wieder geöffnet haben werden – wenn auch mit niedrigerer Auslastung.
Wie groß die Auswirkungen sind, hängt auch vom Wirtschaftszweig ab, in dem die jeweiligen Unternehmen tätig sind: Wo Menschen in Fabriken arbeiten, werden Kantinen auch in Zukunft noch gut ausgelastet sein. Auch in Schulen, Krankenhäusern oder Universitäten dürfte das Leben in die Mensen und Kantinen schnell wieder zurückkehren.
Andere Betriebe schauen bereits nach alternativen Lösungen – und landen bei ihrer Suche immer häufiger in Leverkusen. Dort haben Pascal Ecker und Nils Kornder vor etwa fünf Jahren damit begonnen, einen Lieferservice für Betriebe ohne Kantine anzubieten. Über ein Online-Portal können die Mitarbeiter der jeweiligen Unternehmen die Tagesangebote sehen und auswählen, die dann heiß geliefert werden. Mehr als 150 Unternehmen aus der Region nutzen das Angebot bereits – von Eurowings bis Rewe digital.
Nils Kornder sagt voraus, dass sich das Geschäft verändern wird. „Gerade im Tech-Sektor werden wir nie wieder auf die alten Umsätze kommen. Umgekehrt rutschen plötzlich auch Firmen in unsere Zielgruppe, für die geliefertes Essen vorher nie interessant war.“Eine Kantine lohne sich in der Regel für Betriebe mit 400 bis 500 Mitarbeitern. „Darunter wird es schwierig, weil dann die Preise pro einzelner Mahlzeit zu hoch werden“, sagt der Geschäftsführer. „Unsere These ist, dass sich unser Markt stark vergrößert.“
Aber auch Klüh-Geschäftsführer Frank Theobald sieht Chancen in der Zukunft – etwa durch ein stärkeres To-go-Angebot. Denn letztlich macht eine Kantine oder ein Speiseangebot vor Ort Unternehmen auch als Arbeitgeber attraktiver. Nicht umsonst locken Tech-Konzerne wie Google ihre Mitarbeiter in den USA auch mit Edel-Kantinen zum Nulltarif. Und auch in vielen deutschen Unternehmen sind die Qualität der Verpflegung und die Einrichtung der Betriebsrestaurants inzwischen auf einem vergleichsweise hohen Niveau.
Der Klüh-Chef kann sich daher gut vorstellen, dass die Digitalisierung künftig eine immer stärkere Rolle spielen wird. Im Klinikbereich setze die Klüh-Gruppe bereits einen neuartigen Automaten für frische und individuell zusammenstellbare Salate ein, sagt Frank Theobald. Er meint: „Roboterküchen sind keineswegs eine Spinnerei.“