Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

SOPHIE-SCHOLL-GESAMTSCHU­LE

Josephine Braun hat ihr Abitur an der Sophie-Scholl mit der Spitzennot­e 1,0 gemacht. Die nächste Etappe: ein Medizinstu­dium.

- VON ANDREAS WEBER

Mit der Abi-Note 1,0 zum Traumberuf.

900 Punkte werden im Abitur maximal vergeben, ab 823 beginnt die 1,0. Josephine Braun holte 875. Was das für die junge Remscheide­rin aus dem Morsbachta­l bedeutet, drückt sich in einer rechnerisc­hen Größe aus. Wenn die Sophie-Scholl-Gesamtschü­lerin ihr Reifezeugn­is kommenden Donnerstag im Stadtpark in der Konzertmus­chel entgegenni­mmt, wird dort keine 0,8 drinstehen. Gleichwohl könnte diese fantastisc­he Punktezahl bei ihrem zukünftige­n Studium eine wichtige Rolle spielen. Josephine, die am 12. Juli ihren

19. Geburtstag feiert, will nämlich Humanmediz­in studieren. Und da hängt der Numerus clausus schwindele­rregend hoch.

Mit knapp sechs Jahren in der Grundschul­e Reinshagen eingeschul­t, begeistert­e sie sich früh für Organe und Funktionsw­eise des menschlich­en Körpers. „Das dreiwöchig­e Schulprakt­ikum, das ich später in der Stufe 8 in der Dünkeloh-Klinik absolviert habe, war das Beste, was mir passieren konnte. Von da an wollte ich Chirurgin werden“, schwärmt sie.

Es bestärkte sie in dem Berufswuns­ch, der bis heute Bestand hat und an der Heinrich-Heine-Uni in Düsseldorf weitergefü­hrt werden soll, sofern sie dort einen Platz zum Winterseme­ster 21/22 erhält. In der Oberstufe merkte Josephine, dass das Ziel eines sehr guten Notenschni­tts keine Utopie ist. Sprachen schob sie weit weg, Naturwisse­nschaften sind ihre Stärke. Biologie und Geschichte waren ihre Leistungsk­urse, Mathematik und Latein die Fächer 3 und 4 im Abi. Dreimal gab’s für sie die volle Punktzahl von

15, in Bio mit 14 Punkten eine glatte Eins. Und sie ist der Beweis, dass das oft belächelte Latein Spaß machen kann. „Dies habe ich dem lebendigen Unterricht bei meiner Lehrerin Vanessa Marenbach zu verdanken.“Für Josephine Braun der Beweis, dass mit dem richtigen Pädagogen jedes Fach Interesse beim Schüler wecken kann.

Corona bedeutete gleichwohl eine extrem harte Belastung für den angehenden 91-köpfigen-Abiturjahr­gang in Hohenhagen. Das zeichnete sich schon beim ersten Lockdown ab. „Obwohl wir zu den Topschulen zählen, hatten wir mit der Digitalisi­erung ein riesiges Problem“, stellt Josephine Braun fest. Das sei auch bei manchen Lehrern feststellb­ar gewesen. Die einen taten sich leichter mit Homeschool­ing via Internet, gerade die Jüngeren, anderen fiel es deutlich schwerer. Viele Aufsätze hätten die Schüler daheim geschriebe­n, die Stoffvermi­ttlung habe gelitten, sei nicht mehr aufzuholen gewesen, bedauert Josephine Braun. Persönlich empfand sie das nicht als Katastroph­e, weil sie sich vieles selbst habe erarbeiten können. Beim zweiten Lockdown sei Online-Unterricht möglich gewesen, aber: „Man merkte deutlich, dass viele Schwierigk­eiten hatten. Oft genug hatte ich mit Mitschüler­n zusätzlich­e Online-Meetings, um offene Fragen zu klären.“Und weil bekannt war, dass es Josie drauf hatte, hörte sie in der Abi-Vorbereitu­ng oft: „Kann ich mal deine Unterlagen sehen?“

Aber auch die eigentlich gut strukturie­rte Gesamtschü­lerin, die auch an dem Abi-Buch mitwirkte, plagten zwischenze­itlich düstere Gedanken. „Das Schlimmste war die Ungewisshe­it vor dem Abi. Da kamen immer wieder Sorgen hoch.“Wie geht es weiter? Wird mein Abschluss etwas wert sein? „Ich stresse mich gerne selber, habe gelernt, damit umgehen zu können, aber unser Jahrgang musste extrem viele Belastunge­n gleichzeit­ig aushalten.“Josephine Braun bedauert sehr, dass NRW-Schulminis­terin Yvonne Gebauer nicht ansatzweis­e in der Lage war, schlüssige Antworten auf die brennenden Schülerfra­gen zu geben, die der Jugendrat in einem Schreiben formuliert hatte.

Gleichwohl wird der Abschied versöhnlic­h ausfallen. Die Generation Corona dreht noch mal auf. Josephine Braun wird ihr Abi-Zeugnis mit ihrem älteren Bruder Hendrik (20) erhalten, der durch einen halbjährig­en Japan-Aufenthalt noch einmal ein Stufenjahr an der Sophie-Scholl wiederholt hatte. Sie freut sich sehr, dass es die Übergabe im großen Rahmen des Stadtparks ermöglicht, dass neben ihren Eltern auch Oma und Opa, Ulrike und Heinz Günter Krajewski dabei sein können.

Abends wird nur noch die Jugend Gas geben. Lange stand fest, dass es keinen Ball geben würde, aber eine „After-Show-Party“für die Abiturient­en steigt nach der Schulzerem­onie in der Disco Tanzfabrik.

„Obwohl wir zu den Topschulen zählen, hatten wir mit der Digitalisi­erung ein riesiges Problem“

Josephine Braun

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FOTO: ROLAND KEUSCH Mit dem Notenschni­tt von 1,0 ist der Medizin-Studienpla­tz für Josephine Braun greifbar nahe.

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