Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
SOPHIE-SCHOLL-GESAMTSCHULE
Josephine Braun hat ihr Abitur an der Sophie-Scholl mit der Spitzennote 1,0 gemacht. Die nächste Etappe: ein Medizinstudium.
Mit der Abi-Note 1,0 zum Traumberuf.
900 Punkte werden im Abitur maximal vergeben, ab 823 beginnt die 1,0. Josephine Braun holte 875. Was das für die junge Remscheiderin aus dem Morsbachtal bedeutet, drückt sich in einer rechnerischen Größe aus. Wenn die Sophie-Scholl-Gesamtschülerin ihr Reifezeugnis kommenden Donnerstag im Stadtpark in der Konzertmuschel entgegennimmt, wird dort keine 0,8 drinstehen. Gleichwohl könnte diese fantastische Punktezahl bei ihrem zukünftigen Studium eine wichtige Rolle spielen. Josephine, die am 12. Juli ihren
19. Geburtstag feiert, will nämlich Humanmedizin studieren. Und da hängt der Numerus clausus schwindelerregend hoch.
Mit knapp sechs Jahren in der Grundschule Reinshagen eingeschult, begeisterte sie sich früh für Organe und Funktionsweise des menschlichen Körpers. „Das dreiwöchige Schulpraktikum, das ich später in der Stufe 8 in der Dünkeloh-Klinik absolviert habe, war das Beste, was mir passieren konnte. Von da an wollte ich Chirurgin werden“, schwärmt sie.
Es bestärkte sie in dem Berufswunsch, der bis heute Bestand hat und an der Heinrich-Heine-Uni in Düsseldorf weitergeführt werden soll, sofern sie dort einen Platz zum Wintersemester 21/22 erhält. In der Oberstufe merkte Josephine, dass das Ziel eines sehr guten Notenschnitts keine Utopie ist. Sprachen schob sie weit weg, Naturwissenschaften sind ihre Stärke. Biologie und Geschichte waren ihre Leistungskurse, Mathematik und Latein die Fächer 3 und 4 im Abi. Dreimal gab’s für sie die volle Punktzahl von
15, in Bio mit 14 Punkten eine glatte Eins. Und sie ist der Beweis, dass das oft belächelte Latein Spaß machen kann. „Dies habe ich dem lebendigen Unterricht bei meiner Lehrerin Vanessa Marenbach zu verdanken.“Für Josephine Braun der Beweis, dass mit dem richtigen Pädagogen jedes Fach Interesse beim Schüler wecken kann.
Corona bedeutete gleichwohl eine extrem harte Belastung für den angehenden 91-köpfigen-Abiturjahrgang in Hohenhagen. Das zeichnete sich schon beim ersten Lockdown ab. „Obwohl wir zu den Topschulen zählen, hatten wir mit der Digitalisierung ein riesiges Problem“, stellt Josephine Braun fest. Das sei auch bei manchen Lehrern feststellbar gewesen. Die einen taten sich leichter mit Homeschooling via Internet, gerade die Jüngeren, anderen fiel es deutlich schwerer. Viele Aufsätze hätten die Schüler daheim geschrieben, die Stoffvermittlung habe gelitten, sei nicht mehr aufzuholen gewesen, bedauert Josephine Braun. Persönlich empfand sie das nicht als Katastrophe, weil sie sich vieles selbst habe erarbeiten können. Beim zweiten Lockdown sei Online-Unterricht möglich gewesen, aber: „Man merkte deutlich, dass viele Schwierigkeiten hatten. Oft genug hatte ich mit Mitschülern zusätzliche Online-Meetings, um offene Fragen zu klären.“Und weil bekannt war, dass es Josie drauf hatte, hörte sie in der Abi-Vorbereitung oft: „Kann ich mal deine Unterlagen sehen?“
Aber auch die eigentlich gut strukturierte Gesamtschülerin, die auch an dem Abi-Buch mitwirkte, plagten zwischenzeitlich düstere Gedanken. „Das Schlimmste war die Ungewissheit vor dem Abi. Da kamen immer wieder Sorgen hoch.“Wie geht es weiter? Wird mein Abschluss etwas wert sein? „Ich stresse mich gerne selber, habe gelernt, damit umgehen zu können, aber unser Jahrgang musste extrem viele Belastungen gleichzeitig aushalten.“Josephine Braun bedauert sehr, dass NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer nicht ansatzweise in der Lage war, schlüssige Antworten auf die brennenden Schülerfragen zu geben, die der Jugendrat in einem Schreiben formuliert hatte.
Gleichwohl wird der Abschied versöhnlich ausfallen. Die Generation Corona dreht noch mal auf. Josephine Braun wird ihr Abi-Zeugnis mit ihrem älteren Bruder Hendrik (20) erhalten, der durch einen halbjährigen Japan-Aufenthalt noch einmal ein Stufenjahr an der Sophie-Scholl wiederholt hatte. Sie freut sich sehr, dass es die Übergabe im großen Rahmen des Stadtparks ermöglicht, dass neben ihren Eltern auch Oma und Opa, Ulrike und Heinz Günter Krajewski dabei sein können.
Abends wird nur noch die Jugend Gas geben. Lange stand fest, dass es keinen Ball geben würde, aber eine „After-Show-Party“für die Abiturienten steigt nach der Schulzeremonie in der Disco Tanzfabrik.
„Obwohl wir zu den Topschulen zählen, hatten wir mit der Digitalisierung ein riesiges Problem“
Josephine Braun