Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Die Packungsbeilage
Wer Medikamente nehmen muss, kann sich über den Beipackzettel ausführlich informieren. Nebenwirkungen werden oft überschätzt.
Uwe K. aus Remscheid fragt: „Warum braucht man bei Medikamenten eigentlich Packungsbeilagen?“
Marie Erdmann „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage“– diesen Satz kennt jeder. Aber das mit dem Lesen ist gar nicht so einfach. Es beginnt mit der Form der Packungsbeilage: schier endlos gefaltet, damit sie in die Packung passt. Niemand kriegt sie je wieder so schön zusammen. Und dann auch noch in kleiner Schrift geschrieben – was soll das eigentlich?
Ein Blick auf den Beipackzettel informiert über die Anwendung des Arzneimittels. Bei den vielfältigen Informationen zur Einnahme kann schnell eine wichtige Information vergessen oder übersehen werden. Inzwischen hilft auch das Internet: Auf beipackzettel.de oder unter gebrauchsinformation4-0.de gibt es eine Liste der meisten Arzneimittel.
Sollte man sich auch im Beipackzettel über Nebenwirkungen informieren? Hier scheiden sich die Geister. Zum einen geht der Trend zum aufgeklärten, mündigen Patienten. Auf der anderen Seite gibt es mit dem sogenannten Nocebo-Effekt auch den kleinen hässlichen Bruder des Placebo-Effekts. Dabei treten negative Wirkungen vermehrt auf, wenn sie erwartet werden. Mein Tipp: Fokussieren Sie sich auf das Nutzen-Risiko-Verhältnis. Jede Arzneimitteltherapie birgt Risiken in Form von Nebenwirkungen.
In der Regel ist es jedoch so, dass der Nutzen einer Therapie die Risiken weit überwiegt. Bevor Sie sich also an das Studium der sehr seltenen Nebenwirkungen begeben, fragen Sie Ihren Arzt oder Ihre Apothekerin nach dem konkreten Nutzen der Therapie. Nur dann können Sie beim Auftreten von Nebenwirkungen gemeinsam entscheiden, wie Sie die Therapie weiter gestalten.
Die Häufigkeitsangaben von Nebenwirkungen („sehr häufig, „gelegentlich“) werden oft überschätzt. Fragen Sie mal in
Nicht jede Tablette ist teilbar, auch wenn
sie eine Kerbe hat
Ihrem Bekanntenkreis, wie viel Prozent aller Patienten eine „häufige“Nebenwirkung erleiden. Die durchschnittliche Antwort wird deutlich über der korrekten Angabe (ein bis zehn Prozent) liegen.
Wichtig noch der Hinweis auf die Teilbarkeit: Nicht jede Tablette darf geteilt werden, auch wenn sehr viele eine Kerbe aufweisen. Diese dient oft als sogenannte Schmuckkerbe, und es befindet sich nicht in jeder Hälfte der Tablette auch die Hälfte der Dosierung. Bei Retardtabletten oder magensaftresistenten Tabletten ist besondere Vorsicht geboten: hier kann es bei Teilung zur sofortigen Freisetzung der Dosis kommen, was zu Überdosierungen führen kann.
Unsere Autorin Marie Erdmann ist Apothekerin in der Mauritius-Apotheke in Meerbusch-Büderich.