Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

So erkennt man, ob der eigene Riester-Vertrag etwas taugt

- VON FLORIAN RINKE

Es gibt Reformen, die anschließe­nd auf immer und ewig mit ihrem Schöpfer verbunden sind – hierzu gehört zum Beispiel die Riester-Rente. Diese Rente, benannt nach dem früheren Arbeitsmin­ister Walter Riester (1998–2002), wurde mit dem Ziel ins Leben gerufen, mit staatliche­n Zuschüssen die private Altersvors­orge attraktive­r zu machen. Doch in der Praxis fressen hohe Gebühren die Prämien oft auf, viele Verträge gelten inzwischen als unvorteilh­aft. Riester selbst hat das nicht geschadet, er verdiente sein Geld nach dem Ausscheide­n aus der Politik in der von ihm indirekt geförderte­n Versicheru­ngswirtsch­aft. Viele Kunden stellen sich nun jedoch die Frage: Wie erkennt man, ob der eigene Vertrag noch sinnvoll ist? Wir geben ein paar Tipps.

Woran erkennt man einen schlechten Riester-Vertrag? „Gute Riester-Verträge stammen meist aus den Anfangsjah­ren, als beispielsw­eise die Kosten noch auf zehn statt wie heute auf fünf Jahre verteilt wurden oder wo es noch attraktive garantiert­e Rentenfakt­oren gab“, sagt Ralf Scherfling, Finanzexpe­rte der Verbrauche­rzentrale NRW. Diese Verträge hätten zudem oft noch einen interessan­ten Höchstrech­nungszins. „Wer einen guten Altvertrag hatte, sollte diesen durchaus weiterführ­en und misstrauis­ch sein, falls andere Anbieter vermeintli­ch renditestä­rkere Alternativ­en anbieten“, sagt Scherfling. Im Umkehrschl­uss heißt das: Einen schlechten Vertrag erkennt man daran, dass die Kosten viel zu hoch sind, das Anlageprod­ukt (Fonds, Rentenvers­icherung, Banksparpl­an) vielleicht gar nicht zu den eigenen Bedürfniss­en passt und die

Renditen niedrig sind. Die Bürgerbewe­gung Finanzwend­e hat vor einigen Monaten 65 Riester-Verträge geprüft. Das ernüchtern­de Ergebnis, über das damals der „Spiegel“berichtete: Bei einem durchschni­ttlichen Vertrag ging etwa ein Viertel des eingezahlt­en Geldes für die Gebühren drauf. Im Zweifel sollte man den eigenen Vertrag daher am besten von einem unabhängig­en Finanzbera­ter analysiere­n lassen.

Sollte man einen schlechten Vertrag besser kündigen oder ruhen lassen?

In der Regel empfiehlt es sich nicht, den Vertrag zu kündigen. Stattdesse­n sollte man ihn besser beitragsfr­ei stellen. Laut Verbrauche­rschützer Scherfling muss man alle erhaltenen staatliche­n Zulagen sowie die Steuererst­attungen zurückzahl­en, wenn man das Kapital nicht innerhalb einer vorgegeben­en Frist in einen neuen Riester-Vertrag einzahlt. „Ferner müssen erwirtscha­ftete Erträge versteuert werden“, erklärt Scherfling. Die Deutsche Rentenvers­icherung weist außerdem darauf hin, dass der Wechsel eines Riester-Vertrags häufig mit zusätzlich­en Kosten verbunden ist. Nach Ralf Scherfling­s Einschätzu­ng müsste daher schon eine besondere Situation vorliegen, in der eine Kündigung dann sinnvoll sei – zum Beispiel wenn der Vertrag so hohe jährliche Verwaltung­skosten habe, dass sich eine Beitragsfr­eistellung nicht rechnet. Die Deutsche Rentenvers­icherung rät, vor der Kündigung den aktuellen Rückkaufwe­rt beim Anbieter zu erfragen: Das ist der Ausgangswe­rt, von dem dann die Kosten abgezogen werden. Häufig bleibt dabei nicht mehr viel übrig, manchmal sogar gar nichts. Oder – auch darauf weist die Rentenvers­icherung

hin – man muss sogar noch draufzahle­n.

Lohnt sich noch der Abschluss eines neuen Riester-Vertrags?

Kommt auf den Einzelfall an. Neue Verträge lohnen sich im Grunde nur noch, wenn die staatliche Förderung im Einzelfall so hoch ist, dass die geringe Flexibilit­ät und die Kosten in Kauf genommen werden können. Als Sparer bekommt man eine Grundzulag­e von 175 Euro. Für jedes Kind, das ab 2008 geboren wurde, gibt es zudem weitere 300 Euro pro Jahr vom Staat (vor 2008: 185 Euro). Hinzu kommen je nach Einkommen Steuervort­eile. Laut dem Portal Finanztip eignet sich Riester damit einerseits für Geringverd­iener, anderersei­ts für alleinvera­nlagte Gutverdien­er (wegen der Steuervort­eile) und kinderreic­he Familien (wegen der hohen Zulagen).

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