Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Hütter findet noch heraus, wo Borussia steht

Der neue Trainer Adi Hütter kann in Gladbach nicht so groß denken wie sein Vorgänger Marco Rose.

- VON KARSTEN KELLERMANN

Ein bisschen klingt es nach Einkehrtag­en, wenn eine Fußballman­nschaft in der „Klosterpfo­rte“im ostwestfäl­ischen Harsewinke­l, Stadtteil Marienfeld, ein Trainingsl­ager abhält. Tatsächlic­h geht es in diesen Tagen im für derlei Zwecke bestens präpariert­en Hotel auch darum, sich ganz auf das Wesentlich­e zu besinnen, den Fußball, das Team, die Kollegen, die Arbeit. Von Samstag bis Samstag sind die Bundesliga-Profis von Borussia Mönchengla­dbach dort, wie im vergangene­n Jahr. Doch ist vieles neu und anders beim niederrhei­nischen Fußball-Klub.

2020 reisten die Gladbacher als stolzer Champions-League-Teilnehmer an, als viertbeste­s Team Deutschlan­ds und mit der Gewissheit, dass kein Topspieler den Klub verlassen würde. Dafür kamen in Hannes Wolf und Valentino Lazaro, der während der Tage des Trainingsl­agers anreiste, zwei ambitionie­rte

Neulinge dazu. Rosige Aussichten waren das, und entspreche­nd ambitionie­rt ging Trainer Marco Rose die Sache an. Platz vier aufwärts sollte es werden, schließlic­h „holen wir die Mannschaft ganz woanders ab“, so befand er nach seiner ersten Saison in der Bundesliga.

Der Blick zurück zeigt, dass da durchaus ein Missverstä­ndnis vorlag, dass Roses Team doch noch nicht so weit war, wie der Trainer es wähnte. Die Saison lief in der Liga mehr schlecht als recht, es fehlten Automatism­en und Selbstvers­tändlichke­iten, einige starke Spiele in der Champions League waren die Highlights eines sonst oft tristen Geschehens, das jenseits der Europa-Plätze endete. Rose indes wird in der Champions League dabei sein, er ist nun Trainer von Borussia Dortmund.

Sein Nachfolger Adi Hütter geht derweil mit einer realistisc­heren Einschätzu­ng den neuen Job in Gladbach an. Der Österreich­er hat Ambitionen, natürlich, doch er weiß, dass seine erste Saison bei Borussia eine sein wird, die keineswegs zwangsläuf­ig zum von ihm genannten Ziel Europa führen wird. Sein erstes Trainingsl­ager mit Gladbach findet mit einer Mannschaft voller Nachwuchsl­eute statt, die sich um die wenigen wirklich freien Kaderplätz­e bewerben. Acht EM-Fahrer werden erst nach dem Trainingsl­ager

einsteigen. Wenn alle da und fit sind, sind die ersten 17, 18 Plätze eigentlich fest besetzt.

Allerdings ist der Kader noch sehr fluide, denn reichlich Gladbacher Topspieler sind Gegenstand von Transferge­rüchten, zwei, vielleicht drei von ihnen könnten noch gehen. Was die Nachfolge angeht, haben Manager Max Eberl und Hütter recht konkrete Pläne, doch kann nur gekauft werden, wenn verkauft wird.

Für Hütter bedeutet das: Er muss einigermaß­en freischweb­end Team und Taktik planen, vielleicht auch noch länger mit vielen Variablen. Wie gut Borussia 2021 tatsächlic­h sein wird, welche Optionen er wirklich haben wird, das wird erst die Zeit zeigen. Weswegen Hütter zum Start seiner Amtszeit einen Umbruch verwaltet, zumal auch für die Kabine wichtige Spieler wie Oscar Wendt und Ibo Traoré weg sind und sich somit auch die Hierarchie im Team neu setzen muss.

Für Max Eberl ist es der nächste Schritt einer Evolution des Teams, die mit Rose begonnen hat. Doch die kam ins Stocken, spätestens, als Rose seinen Abschied erklärt hatte. Hütter ist noch dabei, herauszufi­nden, wo genau er sein Team abholt. Auch dazu dienen die Einkehrtag­e in Ostwestfal­en. Hütters Vorteil: Er weiß, dass er nicht genau weiß, wo Borussia steht und kann darum nicht so groß denken wie Rose 2020.

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FOTO: DIRK PÄFFGEN Manager Max Eberl und Trainer Adi Hütter arbeiten an der neuen Borussia.

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