Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Mohoric stiehlt „King Cav“die Show

Der Slowene hat als Ausreißer die hektische drittletzt­e Etappe der 108. Tour de France gewonnen.

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(dpa) Matej Mohoric tippte am Ende seiner Triumphfah­rt demonstrat­iv auf sein Trikot und legte provokant den Zeigefinge­r auf die Lippen. Keine 40 Stunden nach der nächtliche­n Dopingrazz­ia bei seinem Team Bahrain-Victorious feierte der slowenisch­e Meister in Libourne seinen zweiten Solo-Etappensie­g bei der Tour de France und wollte mit seinem Jubel alle Kritiker zurechtwei­sen.

„Ich bin enttäuscht vom System. Es ist nicht schön, wenn die Polizei bei dir im Zimmer steht und sich durch deine Sachen wühlt. Sie gucken sich sogar die Privatsach­en an, lesen die Nachrichte­n auf dem Handy“, sagte der Tagessiege­r nach den 207 Kilometern von Mourenx nach Libourne am Freitag. In der Nacht zum Donnerstag hatte die Staatsanwa­ltschaft von Marseille in Pau bis zwei Uhr morgens die Hotelzimme­r der arabischen Radsport-Mannschaft wegen Dopingverd­achts durchsucht.

Gefunden wurde nichts, was den Verdacht erhärtet hätte, weshalb die Mannschaft weiterfahr­en durfte. Bei Bahrain-Victorious sah man sich ungerecht behandelt und Opfer des eigenen Erfolgs. „Ich fühlte mich wie ein Kriminelle­r“, klagte der Sieger. Die Bilder aus den Pyrenäen seien ihm in den letzten 1000 Metern, als sein Sieg schon feststand, noch einmal durch den Kopf gegangen. „Sie haben nichts gefunden bei uns. Wir haben nichts zu verbergen.“Trotz allen Turbulenze­n strahlte der Gewinner, die slowenisch­en Festspiele mit ihm und Tadej Pogacar (Gelbes Trikot und drei Tagessiege) gehen munter weiter. Es sei auf der anderen Seite aber „eine gute Sache, dass aufgepasst und kontrollie­rt wird, dass niemand betrügen kann“, merkte Mohoric zur Razzia an.

Rekordjäge­r Mark Cavendish, der den magischen 35. Tagessieg noch nicht realisiert hat, und das deutsche Geburtstag­skind André Greipel waren auf der 19. Etappe leer ausgegange­n, sie kamen mit dem um 20 Minuten zurückgefa­llenen Hauptfeld ins Ziel. In der Ausreißerg­ruppe kämpften in Nils Politt (5.), Georg Zimmermann (8.), Maximilian Walscheid (12.) und Jonas Rutsch (15.) vier Deutsche um den Sieg.

„King Cav“, der im Laufe dieser

Tour mit Rad-Legende Eddy Merckx gleichgezo­gen hatte, bekam keine fünfte Chance in einem Massenfina­le, die er zuvor allesamt für sich entschiede­n hatte. Der fünfmalige Gesamtsieg­er Merckx hatte vorab bereits relativier­t: „Man kann das nicht vergleiche­n. Ich bin 2800 Kilometer allein im Wind gefahren, Cavendish sechs Sekunden.“Vor dem Start der 19. Etappe hatten sich die beiden aber herzlich umarmt. Auch der seit diesem Freitag 39 Jahre alte Greipel muss bis zur 21. und letzten Etappe warten. Er hat bei der laufenden Tour noch keinen Podestplat­z eingefahre­n. Auch am Freitag nicht, denn da schlug die Stunde der Ausreißer. Nach tagelanger Pyrenäen-Qual war es diesmal Mohoric, der sich mit einer mutigen Attacke aus der Gruppe durchsetzt­e.

Die Tour ist zudem weiter geprägt von Ausstiegen zugunsten von Olympia. Nach dem Niederländ­er Mathieu van der Poel und dem Italiener Vincenzo Nibali verließen nun Miguel Angel Lopez und Michael Woods das Rennen. Der Kolumbiane­r und der Kanadier wollen vor der Japan-Reise regenerier­en und sahen keinen Sinn mehr darin, zwei Flachetapp­en und ein Zeitfahren zu bestreiten.

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FOTO: CHRISTOPHE ENA/DPA Matej Mohoric tippte am Ende seiner Triumphfah­rt provokant den Zeigefinge­r auf die Lippen.

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