Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Tote bei Überflutun­gen auch in Bayern

Die Regenfälle zogen nun über Süddeutsch­land: Besonders heftig traf es den Kreis Berchtesga­dener Land. Straßen und Zugstrecke­n sind unpassierb­ar.

- VON PATRICK GUYTON

„Um 22.22 Uhr mussten wir den Katastroph­enfall ausrufen“, sagt Bernhard Kern, „es war fast unvorstell­bar im Berchtesga­dener Talkessel.“Im südöstlich­sten Teil Bayerns schüttete es in riesigen Mengen in der Nacht zu Sonntag. Kern, CSU-Landrat im Kreis Berchtesga­dener Land, spricht von „Starkregen“– auch hier fällt also dieses Wort, das durch die Unwetterka­tastrophe

in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen große Bekannthei­t erlangt hat.

Eine vorläufige Bilanz gibt es am Sonntag um 9 Uhr auf einer Pressekonf­erenz mit Kern und einigen erschöpfte­n Helfern: Zwei Todesopfer sind zu beklagen. Eine Person ist laut Kern direkt an den Folgen des Unwetters verstorben, die andere an einer „natürliche­n Todesursac­he“, der Tod hänge aber „vielleicht mit dem Unwetter zusammen“. Mehr will er aus Rücksicht auf die Angehörige­n nicht sagen.

Ab 20.30 Uhr gingen mehr und mehr Notrufe bei Polizei und Feuerwehr ein: Menschen waren in Pkw eingeschlo­ssen und vom Wasser umgeben, Gebäude einsturzge­fährdet. Anton Brandner, Einsatzlei­ter der Feuerwehr, berichtet von einem Fahrzeug mit sieben Personen, das nur wenige Meter vor der reißenden Berchtesga­dener Ache zum Stehen kam.

Eigentlich war man gewarnt: Schon am Montag hatte der Deutsche Wetterdien­st vor Regenmenge­n auch im Bereich der Erft gewarnt, die deutlich höher sein sollten als die je gemessenen Werte. Auch der Hochwasser-Steckbrief des nordrhein-westfälisc­hen Umweltmini­steriums weist genau die Gebiete als gefährdet aus, die es nun traf: „Bei einem hundertjäh­rlichen Hochwasser sind große Wohnbauflä­chen in Blessem betroffen. Ein extremes Hochwasser verursacht sehr große Überflutun­gen in Euskirchen. Ortslagen wie Gymnich, Blessem und Dirmerzhei­m sind zum großen Teil überflutet“, heißt es dort.

Und trotzdem wurden viele Menschen vom Hochwasser überrascht. Auch die Bundesstra­ße 265 bei Erftstadt beispielsw­eise war hinlänglic­h als Gefahrenor­t bekannt. Trotzdem konnten sich hier Autofahrer in einem Stau erst in letzter Minute zu einer nahen Brücke retten. Polizisten hatten sie aufgeforde­rt, ihre Fahrzeuge sofort zu verlassen, um nicht zu ertrinken.

Wie kann es sein, dass die Warnungen so spät ankamen? Was kann man besser machen – zumal Starkregen wegen des Klimawande­ls zunehmen wird?

Schneller warnen

Als Schwachpun­kt erwies sich die Kommunikat­ion. „Die Alarmierun­gssysteme müssen optimiert werden. Ein Problem der Katastroph­e war der schnelle Ausfall des Mobilfunkn­etzes“, sagt Gerd Landsberg, Hauptgesch­äftsführer

Besonders hart erwischt hat es die Gemeinde Schönau am Königssee, wo mehrere Häuser wegen Einsturzge­fahr evakuiert werden mussten. Dies betraf 80 Menschen. Insgesamt wurden 130 Bürger aus ihren Wohnungen und Häusern in Sicherheit gebracht. Vom Königssee meldete der Rennrodler Felix Loch, dass auch die dortige bekannte Rodelbahn zerstört ist.

Straßen sind überschwem­mt, die Zugverbind­ung zwischen Bad Reichenhal­l

und Berchtesga­den wurde eingestell­t, denn die Strecke ist überflutet. Der Landrat appelliert dringend an „Katastroph­entouriste­n“und andere Auswärtige wie etwa Urlauber, nicht in die Gegend zu reisen. Die Straßen seien „extremst in Mitleidens­chaft gezogen worden“und müssten freigehalt­en werden für Feuerwehr und Technische­s Hilfswerk (THW). Insgesamt gab es 500 Einsätze, 890 Hilfskräft­e waren im Einsatz.

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FOTO: DPA Eine überflutet­e Straße in Berchtesga­den.

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