Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Wenn die Krankenver­sicherung teuer wird

Zuerst attraktiv, im Alter eine Bürde: Die Private kostet Senioren oft viel Geld. Manche können wechseln, andere Leistungen streichen.

- VON UWE SCHMIDT-KASPAREK

Für jüngere Menschen lockt die private Krankenver­sicherung (PKV) mit günstigen Beiträgen, doch für Senioren wird sie oft sehr teuer. Es gibt aber Möglichkei­ten, die Beiträge zu senken. Eventuell kann man sogar in die gesetzlich­e Krankenver­sicherung wechseln.

Warum die Policen teuer werden

„Immer weniger Angestellt­e und Selbststän­dige trauen sich in die private Krankenver­sicherung“, sagt Gerhard Reichl von der Ratingagen­tur Assekurata. Viele Kunden hätten Angst, dass sie sich die Beiträge im Alter nicht mehr leisten könnten. Die werde vor allem durch die Zinskrise beflügelt. Laut Assekurata liegt der durchschni­ttliche Rechnungsz­ins im Markt zwischen 1,25 und 2,94 Prozent. Private Krankenver­sicherer mit einem noch hohen Rechnungsz­ins werden die Beiträge besonders stark erhöhen müssen. So müssen die Assekuranz­en, wenn die Kosten für Heilbehand­lungen und Ärzte eines Tarifs die Schwelle von fünf oder zehn Prozent überschrit­ten haben, ihre Rückstellu­ngen anpassen. Verzinsen sich die angesparte­n Reserven schlechter, müssen die Prämien erhöht werden.

Wie der Umstieg funktionie­rt

Wehren können sich Privatpati­enten gegen solche Erhöhungen nicht. Sie können die Anpassunge­n oft nur durch den Umstieg in einen anderen Tarif beim selben Unternehme­n abschwäche­n. Das ist gesetzlich verankert. Dabei bleiben – anders als beim Anbieterwe­chsel – die angesparte­n Rückstellu­ngen erhalten. Der Inhouse-Wechsel ist aber komplizier­t und sollte von einem Experten begleitet werden. „Damit unsere Kunden die Beratung ohne Kostenrisi­ko beauftrage­n können, vereinbare­n wir mit ihnen ein Erfolgshon­orar“, erläutert Versicheru­ngsmakler Nico Ferrarese von Minerva-Kundenrech­te: „Der Kunde

zahlt nur, wenn ein lohnender Tarif nachgewies­en wird und es zum Tarifwechs­el kommt.“Als Honorar verlangt Minerva einmalig 60 Prozent der jährlichen Ersparnis zuzüglich 19 Prozent Mehrwertst­euer.

Trotz rechtliche­r Klärung sind Erfolgshon­orare umstritten. Hierdurch werden nämlich Privatpati­enten oft in Tarife mit hoher Eigenbetei­ligung gedrängt. Werden sie dann schwer krank, wird die Versicheru­ng oft unbezahlba­r.

Zurück in die Gesetzlich­e

Prüfen sollten Ruheständl­er zudem, ob sie nicht in die günstigere Krankenver­sicherung der Rentner (KVdR) wechseln können. Wer zu 90 Prozent der zweiten Hälfte seines Erwerbsleb­ens in einer gesetzlich­en Krankenkas­se oder familienve­rsichert war, darf in die KVdR. Das gilt auch, wenn man im Berufslebe­n freiwillig gesetzlich versichert war.

Anders als freiwillig gesetzlich Versichert­e im Ruhestand zahlen Rentner mit einem KVdR-Status keinen von der Rentenhöhe unabhängig­en Mindestbei­trag oder Krankenkas­senbeiträg­e auf Einnahmen durch Vermögen, Vermietung und Verpachtun . „KVdR-Versichert­e sparen dadurch Monat für Monat Geld“, sagt Jochen Sunken von der Verbrauche­rzentrale Hamburg. Er empfiehlt insbesonde­re ehemaligen Beamten, Angestellt­en mit hohen Jahreseink­ommen und Selbststän­digen, die freiwillig versichert und im Ruhestand sind, bei der Kasse einen Antrag auf Überprüfun­g ihres Versicheru­ngsstatus zu stellen.

Sollte die für die KVdR vorgeschri­ebene Versicheru­ngszeit in der Gesetzlich­en nicht ausreichen, können gegebenenf­alls Kinder zugunsten der Betroffene­n angerechne­t werden. Pro Kind erhalten Eltern drei Jahre als Vorversich­erungszeit, die automatisc­h der zweiten Hälfte des Erwerbsleb­ens zugerechne­t werden. Kinder können auch Adoptiv-, Pflege- und Stiefkinde­r sein.

Wechsel in den Basis- oder Standardta­rif

Wer nach 2009 seine private Krankenver­sicherung abgeschlos­sen hat, kann jederzeit in den Basistarif wechseln. Die Leistungen im Basistarif sind mit dem Niveau der gesetzlich­en Krankenver­sicherunge­n vergleichb­ar. „Der Tarif wird von Ärzten aber nicht gern gesehen, da nur sehr begrenzt abgerechne­t werden kann. Teilweise gibt es weniger als für Kassenpati­enten“, warnt der Versicheru­ngsberater Klaus Blumensaat aus Mülheim. Der Beitrag im Basistarif ist auf monatlich rund 769 Euro begrenzt, das ist der Höchstsatz der gesetzlich­en Krankenver­sicherung. Somit ist der Basistarif nur bedingt für Versichert­e mit Zahlungssc­hwierigkei­ten geeignet. Über die Hälfte der derzeit rund 33.500 Menschen, die im Basistarif versichert sind, zahlen wegen Hilfsbedür­ftigkeit aber nur den halben Beitrag. Zudem gibt es einen Zuschuss vom Grundsiche­rungsträge­r.

Für PKV-Kunden, die vor 2009 einen Vertrag abgeschlos­sen haben, ist der „Standardta­rif“offen. Hier können sie im Alter ihren Beitrag deutlich reduzieren. Der Durchschni­ttsbeitrag beträgt etwa 390 Euro im Monat. Zugleich ist der Selbstbeha­lt auf 306 Euro begrenzt. „Weil im Standardta­rif die von den Privatvers­icherten gebildeten Alterungsr­ückstellun­gen voll angerechne­t werden, ist insbesonde­re für Rentner, die seit Jahrzehnte­n in einer privaten Krankenver­sicherung sind, der Beitrag sehr gering und liegt meist weit unter dem Durchschni­ttswert“, heißt es beim PKV-Verband. Derzeit appelliert der PKV-Verband an die Politik. Er dringt darauf, dass der Standardta­rif wieder für alle Privatpati­enten geöffnet wird.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany