Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Spielabbru­ch wegen Rassismus

Das deutsche Mannschaft geht bei der Olympia-Generalpro­be nach Beleidigun­gen gegen Jordan Torunarigh­a vom Feld.

- VON FLORIAN LÜTTICKE

(dpa) Nach dem Rassismus-Eklat im letzten Olympia-Test nahmen die deutschen Fußballer ihren Teamkolleg­en Jordan Torunarigh­a zum Trost in den Arm. „Er war echt sehr aufgelöst“, berichtete Auswahl-Trainer Stefan Kuntz über die Gefühle des Verteidige­rs von Hertha BSC. Im letzten Test vor dem Abflug zum Olympia-Start Richtung Tokio am Sonntag gegen Honduras berichtete Torunarigh­a über rassistisc­he Beleidigun­gen durch den Gegner – die deutsche Mannschaft setzte daraufhin ein deutliches Zeichen und verließ geschlosse­n den Platz.

„Das war sowohl von meiner Mannschaft als auch Jordan ein sehr, sehr gutes Verhalten“, lobte Kuntz sein Team nach der Partie in Wakayama und nannte die Beleidigun­gen „traurig und armselig“. Das Team habe gemeinsam überlegt, ob der Angelegenh­eit noch weiter nachgegang­en werden solle, sich aber dagegen entschiede­n. „Es ist auch ein starkes Statement von Jordan, dass er gesagt: Okay, es reicht, damit ist das Ding abgeschlos­sen“, betonte Kuntz.

Das einzige Vorbereitu­ngsspiel des Teams von Kuntz, das über dreimal 30 Minuten angesetzt war, fand unter Ausschluss der Öffentlich­keit statt und endete durch den Abbruch mit 1:1. „Nachdem sich die Situation ein bisschen beruhigt hat, kam auch der gesamte Kader von Honduras rüber zu uns zur Bank und hat sich entschuldi­gt. Damit war das Thema für uns gegessen“, sagte Kuntz.

Auf dem Twitter-Account des Nationalte­ams von Honduras wurde der Vorfall allerdings zunächst gar nicht erwähnt, es wurde lediglich ein 1:1 als Ergebnis veröffentl­icht. Anschließe­nd äußerte der Verband, dass es sich um ein Missverstä­ndnis auf dem Spielfeld gehandelt. Dazu gefragt sagte Kuntz: „Ich weiß nicht, wie es Ihnen ging, wenn Sie mit einer

Sechs nach Hause kamen. Da habe ich zu meiner Mutter auch immer gesagt: Es war ein Missverstä­ndnis zwischen der Lehrerin und mir. Das lassen wir am besten mal unkommenti­ert.“In seiner Stellungna­hme erklärte der Verband von Honduras zudem, dass die Nationalsp­ieler „keine Rassentren­nung praktizier­en“würden und sich solidarisc­h mit „Bewegungen, die Gleichheit und Rassenglei­chheit fördern“, erklären.

Torunarigh­a war in seiner Karriere bereits zuvor Opfer von Rassismus geworden. Im DFB-Pokalspiel von Hertha BSC beim FC Schalke 04 im Februar 2020 wurde er mit Affenlaute­n beleidigt. Der Revierklub wurde vom DFB mit einer Geldstrafe in Höhe von 50.000 Euro belegt. „Ich dachte, ich höre nicht richtig“, erzählte der Verteidige­r der Berliner in der ZDF-Dokumentat­ion „Schwarze Adler. Wie rassistisc­h ist der deutsche Fußball?“über die damalige

Situation. „Ich konnte nicht mehr normal denken. Wütend, traurig, alles auf einmal, das war alles zu viel.“

Dass sie geschlosse­n vom Rasen gehen, stand für seine Teamkolleg­en völlig außer Frage. „Wir haben ein richtiges Statement gesetzt, wir haben richtig entschiede­n und gehandelt. Es war auch Jordans Wille, der gesagt hat, dass wir es damit gut sein wollen lassen“, sagte Routinier Maximilian Arnold vom VfL Wolfsburg, der das Team bei Olympia als

Kapitän anführen wird.

„Ich glaube, das ist ein Statement, was wir immer bringen müssen, wenn sowas passiert – vom Platz zu gehen und auf gar keinen Fall das Spiel weiter zu machen“, betonte Stürmer und Mitspieler Max Kruse bei Instagram. „Egal ob in der ersten oder der 90. Minute, das müssen wir einfach immer machen, weil Rassismus einfach keinen Platz im Fußball hat.“

Honduras war in den ersten 30 Minuten in Führung gegangen, der Augsburger Felix Uduokhai erzielte im letzten Drittel den Ausgleich. Kuntz nutzte die Partie bis zum Abbruch zum kräftigen Rotieren und setzte alle 18 Spieler des Kaders ein. Zu Beginn baute der Coach auf Marco Richter (FC Augsburg), Kruse (1. FC Union Berlin) und Nadiem Amiri (Bayer Leverkusen) in der offensiven Dreierkett­e.

Das deutsche Team konnte nach zahlreiche­n Absagen nur mit 15 Feldspiele­rn und drei Torhütern nach Japan reisen. Erlaubt ist ein Kader von 22 Spielern. Am Sonntag flog die DFB-Auswahl nach Tokio und bezog am frühen Abend ihr Teamhotel in Yokohama. Dort startet der Silbermeda­illengewin­ner von Rio 2016 am Donnerstag (13.30 Uhr/ ARD und Eurosport) gegen Olympiasie­ger Brasilien ins Turnier.

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FOTO:IMAGO/REVIERFOTO Jordan Torunarigh­a wurde bereits mehrfach Opfer von rassistisc­hen Beleidigun­gen.

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