Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Hamilton siegt in Silverstone
Der nach einem Crash verletzte Verstappen äußerte im Krankenhaus Kritik an den Formel-1-Feierlichkeiten.
(dpa) Nach seiner Formel-1-Kollision mit Lewis Hamilton hat sich der ausgeschiedene WM-Spitzenreiter Max Verstappen zu Wort gemeldet und scharfe Kritik geäußert. „Bin froh, dass es mir gut geht. Ich bin sehr enttäuscht, dass ich so rausgenommen wurde“, schrieb der Red-Bull-Pilot nach seinem frühen Aus beim Grand Prix von Großbritannien am Sonntag in den Sozialen Medien. „Die erteilte Strafe hilft uns nicht weiter und wird der gefährlichen Bewegung, die Lewis auf der Strecke gemacht hat, nicht gerecht. Sich die Feierlichkeiten anzusehen, während man noch im Krankenhaus ist, ist respektloses und unsportliches Verhalten, aber wir machen weiter.“
Verstappen und Hamilton hatten sich bei einem Zweikampf in der Copse-Kurve schon nach einer Runde mit den Rädern berührt. Der WM-Führende verlor die Kontrolle und krachte mit seinem Auto in einen Reifenstapel. Hamilton wurde für das Manöver mit einer Zehn-Sekunden-Strafe belegt und gewann später den Grand Prix. Er verkürzte seinen WM-Rückstand auf nur noch acht Punkte.
Verstappen war nach dem Unfall sichtlich mitgenommen und wurde aus Vorsicht für weitere Untersuchungen in ein Krankenhaus in der Nähe gebracht. „Es besteht immer die Möglichkeit einer Gehirnerschütterung, also behalten wir das immer im Hinterkopf“, sagte der Chef des medizinischen Formel-1-Notfallteams, Ian Roberts. Verstappen war mit einer Wucht von 51g in den Reifenstapel eingeschlagen, wie sein Teamchef Christian Horner sagte.
Der Formel-1-WM-Titelkampf ist nun wieder spannend. Der englische Lokalheld fing mit einem Hammer-Überholmanöver kurz vor dem Ende noch den führenden Ferrari-Fahrer Charles Leclerc ab. Nach dem Blitz-Aus von Verstappen verkürzte Mercedes-Pilot Hamilton trotz einer Zehn-Sekunden-Strafe mit seinem achten Heimsieg in England den Rückstand im Titelkampf auf nur noch acht Punkte.
Im England-Chaos vor der XXL-Kulisse von rund 140.000 Fans wurde Hamiltons Teamkollege Valtteri Bottas Dritter. Sebastian Vettel kurvte nach einem selbstverschuldeten Dreher im Hinterfeld herum und musste später seinen Aston Martin wegen eines Defekts vorzeitig abstellen.
Mick Schumacher schaffte es nach einer fast 40-minütigen Rennunterbrechung wegen des Verstappen-Hamilton-Unfalls in seinem unterlegenen Haas nur als Letzter ins Ziel.
Nach neun Mercedes-Poles nacheinander hatte Verstappen die Silberpfeil-Serie in Silverstone durchbrochen. „Er hat gezeigt, wer Herr im Haus ist“, lobte Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko die Leistung des Niederländers. Mit dem Sieg der Sprint-Premiere über
17 Runden sicherte sich der 23-Jährige vor Hamilton zum vierten Mal am Stück die Pole Position und kassierte vorab drei Punkte. Mehr kamen für Verstappen nach seinem Unfall nicht mehr hinzu.
Festivalstimmung herrschte auf den Rängen – und bei den Fahrern. „Diese Flaggen zu sehen, diese Energie, diese Menschen, das verstärkt meine Liebe zum Sport noch“, schwärmte Hamilton beim Blick auf die Fanmassen vor dem Start. Voraussetzung für den Grand-Prix-Besuch waren bei den Ticketbesitzern entweder ein negativer Schnelltest oder der Nachweis über eine vollständige Impfung.
„Ich gebe alles“, kündigte Hamilton an, der in der Startaufstellung Besuch von Hollywood-Star Tom Cruise erhielt. Und dann ging es knallhart los! Seite an Seite duellierten sich Verstappen und Hamilton, nachdem die Roten Ampeln erloschen waren.
Nach nur einer Runde krachte es. In der Copse-Kurve, wo ein Tempo von etwa 290 km/h gefahren wird, touchierten sich der Führende Verstappen und Hamilton an den Reifen. Der Niederländer verlor die Kontrolle, schoss vom Asphalt ins Kiesbett und krachte in die Reifenstapel. „Er hat einen Schock und ist richtig durchgebeutelt worden“, berichtete Marko im TV-Sender Sky. Er bewertete Hamiltons Manöver als „fahrlässiges bis gefährliches Verhalten“und forderte eine Sperre. Verstappens Teamchef Christian Horner schimpfte: „Das ist ein enormer Unfall und es war zu 100 Prozent die Kurve von Max, Hamilton hätte nie in dieser Position sein dürfen.“
Mit einem stehenden Start ging das Spektakel weiter. Hamilton musste nun Gas geben, war er doch von den Rennkommissaren mit einer Zehn-Sekunden-Strafe belegt worden. Hamilton griff vehement an und war auf den letzten Kilometern nochmal dran – und schnappte sich vor Leclerc noch den umjubelten Heimsieg.