Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Enttäuschu­ng und Begeisteru­ng

Von den Autoren Frank Goosen und Franzobel überzeugte beim Asphalt-Festival mit Lesungen auf der Seebühne nur einer.

- VON CLAUDIA HÖTZENDORF­ER

Kurzweilig­e literarisc­he Unterhaltu­ng im Doppelpack stand eigentlich bei „Asphalt am See“mit Frank Goosen und Franzobel auf dem Programm. Beide Autoren tauchten ein in die Vergangenh­eit, die jüngere und die Zeit der großen Eroberer. Allerdings konnte nur Frank Goosen überzeugen.

Der Kabarettis­t und Autor erinnert sich gern an seine wilde Jugend in den 80ern. Kein Wunder also, dass der zweifache Vater das prägende Jahrzehnt gleich in mehreren Büchern zum Thema gemacht hat. Am Freitagabe­nd hatte der Bochumer

„Früher war nicht alles besser, außer Augen

und Gelenke“

Frank Goosen Kabarettis­t und Autor

sich vorgenomme­n, aus seinem jüngsten Roman „Sweet Dreams – Rücksturz in die Achtziger“vorzulesen. Was er natürlich auch tat, doch wie es eben so ist, wenn die guten alten Zeiten heraufbesc­hworen werden: Man kommt ins Erzählen. So streute Frank Goosen immer wieder kurze unterhalts­ame Anekdoten ein. „Ich habe heute einen Laberflash“, gab der 55-Jährige augenzwink­ernd zu, denn endlich höre ihm wieder „echtes Publikum zu“. Das hatte Kopfhörer auf den Ohren, was den Autor anfangs „schon ziemlich nervös“gemacht hat. Doch seine Sorge, die Reaktionen auf das Vorgetrage­ne kämen zeitverzög­ert, waren mehr als unbegründe­t. Der Sound war perfekt und synchron. Die Lacher kamen punktgenau und begeistert­en Goosen auf der schwimmend­en Bühne. Einzig die lauten Kommentare der Gänse auf dem See konnten ihn noch irritierte­n.

Kenner des Goosensche­n Werks erfuhren, was Spüli, Pommes und Mücke auf ihrem ersten Trio-Konzert in der Zeche Bochum erlebten, was es heißt, wenn ein sorgfältig zusammenge­stelltes Mixtape bei der Angebetete­n nicht ankommt und dass es dereinst in Videotheke­n nach Plastik roch.

Wer die 80er als Teenager miterlebt hat, nickte wissend, als Frank Goosen die Schneider-Kompaktanl­age ansprach, Karottenje­ans erwähnte und einen kleinen Ausflug in das noch auf drei Sender beschränkt­e Serienange­bot unternahm. Bei aller Nostalgie stellte er schließlic­h fest: „Früher war nicht alles besser, außer Augen und Gelenke.“

Am Samstagabe­nd hatte sich Franzobel auf der Seebühne angesagt. Im Gepäck sein Roman „Die Eroberung Amerikas“. Er kam dafür extra aus Wien angereist. Mit einer halben Stunde Verspätung („Mein Verlag war schuld, die haben mir eine falsche Anfangszei­t gesagt“) und einer geschmackl­osen Bemerkung zur Unwetterla­ge begann der mehrfach preisgekrö­nte Autor mit dem, was eigentlich eine interessan­te Lesung hätte werden können.

Die ausgewählt­en Passagen über die Eroberung Amerikas durch die Spanier gaben zwar einen Eindruck von seiner Fabulierku­nst, die er selbst als Mischung aus historisch­en

Fakten und Flunkerei beschrieb. Doch die eingestreu­ten Erläuterun­gen und Hinweise zur Recherche wirkten eher gelangweil­t. Überhaupt schien der Österreich­er wenig vorbereite­t, jagte durch die vorgelesen­en Kapitel und verhaspelt­e sich des Öfteren.

Man wurde während der gesamten Zeit das Gefühl nicht los, dass er eigentlich keine Lust auf die Veranstalt­ung hatte. Nach 45 Minuten beendete er die Lesung mit der wohl nicht ernst gemeinten Aufforderu­ng: „Gibt es noch Fragen?“und dem Hinweis auf einen Büchertisc­h. Im Publikum machte sich Enttäuschu­ng und Unverständ­nis breit. „Das war ja wohl nichts“, resümierte ein Ehepaar.

 ?? FOTO: VALENTIN DOBRUN/ASPHALT-FESTIVAL ?? Frank Goosen streute in seinen Vortrag viele unterhalts­ame Anekdoten ein.
FOTO: VALENTIN DOBRUN/ASPHALT-FESTIVAL Frank Goosen streute in seinen Vortrag viele unterhalts­ame Anekdoten ein.

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