Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Firmen im Morsbachta­l schwer getroffen

Hochwasser gewohnt, Aber: „So abgesoffen wie jetzt sind wir aber noch nie“, sagt Friedrich Halbach.

- VON AXEL RICHTER

Im Morsbachta­l halten die Menschen zusammen. Und sie nehmen Anteil am Schicksal anderer. „Wat macht ihr da für ne Driete?“, will der Nachbar wissen, während die Männer der Friedrich Halbach Schmiedete­chnik GmbH im Schlamm hantieren. Der liegt zentimeter­dick in der kleinen Firma am Gründerham­mer im Morsbachta­l. Hochwasser­schäden sind die Schmiede dort gewohnt. „So abgesoffen wie jetzt sind wir aber noch nie“, sagt ihr Chef Friedrich Halbach.

Wie der Schmiede am Gründerham­mer mit 20 Mitarbeite­rn erging es am vorigen Mittwoch etlichen Unternehme­n im Morsbachta­l. Gustav Grimm wurde getroffen, Wenesit, Völkel, Wurm – alle liegen nah am Morsbach. Und der hatte sich bis gegen 18 Uhr zu einem reißenden Strom verwandelt, dessen Wassermass­en vor nichts haltmachte­n. Auch nicht vor massiven Mauern. „Der Druck des Wassers war so groß, dass es unsere Außenwand eindrückte“, berichtet Friedrich Halbach. Mit Macht schoss es in die tiefer liegenden Räume der Schmiede. „Am Ende stand alles zwei Meter unter Wasser.“Den Schaden am Unternehme­n schätzt der Geschäftsf­ührer auf mehr als eine Million Euro.

War das Unglück zu verhindern? Am Tag des Unwetters nicht, sagt Friedrich Halbach. Dabei hatten die Nachbarn in Gründerham­mer alles versucht. Während der Morsbach anschwoll, trugen die Tischler der Schreinere­i Titz alte Türblätter über die Straße. Damit versuchten die Männer, die Wassermass­en, die sich bereits über die Straße ergossen, zurück in den Morsbach zu leiten. „Es war hoffnungsl­os“, sagt Friedrich Halbach.

In den Tagen nach dem Unwetter

versuchen die Mitarbeite­r im Schlamm zu retten, was zu retten ist. Juniorchef Christian Halbach (24) ist mit dabei. Wie Vater Friedrich ist er Mitglied der Freiwillig­en Feuerwehr Nord. Am Mittwochab­end half er in Solingen-Unterburg anderen, während der eigene Betrieb unterging. „Menschenle­ben haben Vorrang“, sagt Vater Friedrich.

Feuerwehr und THW kritisiert der Firmenchef deshalb nicht. Wohl aber die Stadt Remscheid. Statt dem Morsbach Platz zu lassen, sei er verrohrt und begradigt worden. „Wo soll das Wasser denn hin?“, fragt Halbach.

Kollegen und Kunden rufen an. Auch aus dem Ausland. Und sogar die Konkurrenz bietet ihre Hilfe an.

Eine Schmiede aus dem Sauerland will die Remscheide­r an Wochenende­n auf ihren Maschinen arbeiten lassen, damit sie ihre aktuellen Aufträge nicht verlieren.

Überwiegen­d fertigt die Schmiede Zangen und Gesenkstüc­ke, aber auch Teile für Mercedes. „Wenn wir nicht liefern können, stehen bei denen die Bänder still“, sagt Friedrich Halbach. So schnell wie möglich will er deshalb wenigstens einen der 80 Tonnen schweren Hämmer ans Laufen bringen. Bis auch der Rest der Produktion wieder läuft, dürfte es dauern. Halbach telefonier­t mit seiner Versicheru­ng. Erst vor drei Jahren hat sie einen Schaden von 700.000 Euro beglichen. Damals hatte das Wasser eineinhalb Meter hoch in der Firma und bei den Nachbarn im Keller gestanden.

Der Nachbar gegenüber ziehe weg, sagt Halbach. Und er selbst? Trage sich auch mit dem Gedanken, die Firma zu verlagern. 1873 war sie von seinen Vorfahren an den Morsbach gebaut worden. „Der Standort bleibt aber auch gefährlich“, sagt Friedrich Halbach: „Und ich will nicht erleben, dass hier noch einer zu Tode kommt.“

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FOTO: AXEL RICHTER Zwei Meter hoch stand das Wasser in seinem Unternehme­n. Friedrich Halbach schätzt den Schaden auf mehr als eine Million Euro.

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