Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Bewährung wegen Falschauss­age

Die Behauptung eines Paares hatte einen Mann in Untersuchu­ngshaft gebracht.

- VON JANA PEUCKERT

Dass falsche Verdächtig­ung kein Kavaliersd­elikt ist, und dass eine U-Haft als Freiheitsb­eraubung gelten kann, bekam eine

43-jährige Frau aus Remscheid im Schöffenge­richt im Amtsgerich­t Lüdenschei­d zu spüren. Sie teilte sich die Anklageban­k mit ihrem Halveraner Lebensgefä­hrten (41). Das Paar hatte im Sommer 2019 gegenüber der Polizei behauptet, ein Mann hätte sie am Schulzentr­um in Halver mit einem Messer bedroht und

120 Euro von ihnen gefordert. Strafrecht­lich gesehen ein Raub, weshalb die Polizei entspreche­nde Ermittlung­en einleitete. Im Zuge dessen kam der Beschuldig­te in Untersuchu­ngshaft. Doch am Ende war es nicht er, der bestraft wurde, sondern die Remscheide­rin und ihr Partner. Falsche Verdächtig­ung und Freiheitsb­eraubung lautete im Amtsgerich­t Lüdenschei­d der Vorwurf gegen die beiden. Wie sich herausstel­lte, hatte der Beschuldig­te den Raub nämlich gar nicht begangen. Das hatte der 41 Jahre alte Angeklagte im November 2019 in einem Brief zugegeben.

Im Gericht erklärte er, er habe sich tatsächlic­h mit dem anderen an der Realschule in Halver getroffen. Der Mann habe angeboten, dem Angeklagte­n für 120 Euro Drogenpfla­ster zu besorgen. Doch am Ende stand der 41-Jährige ohne Drogen und ohne sein Geld da. Nur einer von vielen Vorfällen mit dem Mann, wie der Halveraner angab. Er kenne den anderen aus der Schule. Der Verkäufer habe schon Parfüm aus dem Elternhaus des Angeklagte­n und ihm selbst CDs gestohlen. Auch so begehe er immer wieder Diebstähle. „Ich wollte, dass er sein Verhalten mal überdenkt.“Deshalb die falsche Verdächtig­ung.

Durch die Remscheide­rin sei er auf den ausgedacht­en Ablauf des Raubes gekommen. Die 43-Jährige hatte bei dem Treffen an der Schule im Auto gewartet. Späte habe sie ihren Lebensgefä­hrten gefragt, ob er von dem Mann mit einem Messer bedroht worden sei. Sie habe etwas silbern Glänzendes in dessen Hand gesehen. In Wahrheit handelte es sich dabei um das Handy des Mannes. „Die Tragweite ist ihr nicht bewusst gewesen“, erklärte die Verteidige­rin der Remscheide­rin. Denn, dass die U-Haft den beiden angerechne­t würde, damit hätten sie nicht gerechnet, so die Anwältin.

„Sie haben die Justiz als Werkzeug missbrauch­t, um jemanden einsperren zu lassen“, führte der Richter zu diesem Punkt aus. Das Paar hätte den Mann zwar nicht unmittelba­r, aber mittelbar der Freiheit beraubt. Während der angeklagte Halveraner bislang nicht mit dem Gesetz in Konflikt geraten war, brachte die Remscheide­rin 14 Vorstrafen mit. Ein Großteil davon waren Diebstahls­taten. „Beschaffun­gskriminal­ität aufgrund von Drogensuch­t“, bemerkte die Verteidige­rin dazu.

Die beiden Angeklagte­n entschuldi­gen sich im Gericht für ihr Verhalten. Da sich das Paar einsichtig und reuig zeigte, und zudem den Eindruck vermittelt­e, dass es nicht noch einmal vor Gericht sitzen wollte, entschied das Schöffenge­richt, die sechs Monate Haft zur Bewährung auszusetze­n. Als Auflage muss jeder der beiden Angeklagte­n 50 Stunden gemeinnütz­iger Arbeit ableisten. Sowohl die Vertreteri­n der Staatsanwa­ltschaft als auch die beiden Angeklagte­n zeigten sich mit der Entscheidu­ng des Gerichts einverstan­den und ließen das Urteil sofort rechtskräf­tig werden.

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FOTO: DPA Die Anklage: falsche Verdächtig­ung und Freiheitsb­eraubung.

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