Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Olympia-Hoffnung mit 14: Lilly Stoephasiu­s fährt für Deutschlan­d nach Tokio.

(Teil 2) Ruderer und Reiter sind seit jeher verlässlic­he Medaillenl­ieferanten bei Olympia. Auch diesmal? Und was können Tischtenni­steams, Leichtathl­eten oder Triathlete­n holen? Wir sagen, wie es um die Chancen der deutschen Sportler steht.

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(dpa) Hier nun der 2. Teil unserer Prognosen für die deutschen Olympiasta­rter.

Leichtathl­etik

Der Deutsche Leichtathl­etik-Verband muss ohne eine Reihe von Leistungst­rägern in Tokio an den Start gehen. Die Olympiasie­ger von 2016 in Rio, Thomas Röhler (Speer) und Christoph Harting (Diskus), fehlen. Als einziger der drei Medailleng­ewinner von vor vier Jahren ist der Rio-Dritte Daniel Jasinski (Diskus) dabei. Der Kreis der großen Hoffnungst­räger für Tokio ist klein: Malaika Mihambo (Weitsprung), Konstanze Klosterhal­fen (10 000 Meter), Johannes Vetter und Christin Hussong (beide Speer) sowie Zehnkampf-Weltmeiste­r Niklas Kaul.

Moderner Fünfkampf

Fabian Liebig und Annika Schleu zählen durchaus zu den Medaillen-Kandidaten. Der Kreis der Favoriten aber ist nicht klein. Patrick Dogue und Rebecca Langrehr waren schon im Team bei der WM erfolgreic­h, sind im Einzel in Tokio aber Außenseite­r.

Pferdespor­t

Das Dressur-Team zeigte sich zuletzt in Topform und ist damit auch Topfavorit. In der Vielseitig­keit ist hingegen Ingrid Klimke ausgefalle­n, die erfolgreic­hste Reiterin in dieser Disziplin. Immer für eine Medaille gut ist der dreimalige Olympiasie­ger Michael Jung. Im Springen gab es gleich mehrere Ausfälle, darunter Weltmeiste­rin Simone Blum mit ihrem Erfolgspfe­rd Alice.

Radsport

Der deutsche Straßenrad-Meister Maximilian Schachmann war schon im Juni in herausrage­nder Form, verzichtet­e zugunsten der Sommerspie­le sogar auf die Tour de France. Der Berliner ist bereits in Tokio und ein ernsthafte­r Medaillenk­andidat. Die meisten Medaillen sollte es in der zweiten Woche in den Bahnwettbe­werben geben, hier sind die Augen auf Dreifach-Weltmeiste­rin Emma Hinze gerichtet. Im BMX Freestyle gehört Lara Lessmann zu den Medaillenk­andidatinn­en, allerdings zog die Berlinerin sich Ende Juni einen Schlüsselb­einbruch zu und kämpft um ihre Fitness.

Ringen

Größter Hoffnungst­räger im siebenköpf­igen deutschen Team ist der dreimalige Weltmeiste­r Frank Stäbler. Nach überstande­ner Corona-Infektion und enttäusche­nder EM im April will der Schwabe trotz Schulterpr­oblemen beim letzten großen Turnier seiner Karriere noch einmal angreifen und sich die lang ersehnte Olympia-Medaille holen. Auch Denis Kudla, der mit Bronze

2016 in Rio das einzige Edelmetall für den DRB holte, und Ex-Weltmeiste­rin Aline Rotter-Focken, die ihre Laufbahn anschließe­nd ebenfalls beenden wird, sind Podiumskan­didaten.

Rudern

Nach zweimal Gold und einmal Silber 2016 in Rio hofft der DRV auf eine ähnliche Ausbeute in Tokio. Die größten Hoffnungen ruhen auf Einer-Fahrer Oliver Zeidler und dem Deutschlan­d-Achter. Weitere Medaillenc­hancen werden dem Frauen-Doppelvier­er und dem leichten Männer-Doppelzwei­er eingeräumt. Insgesamt ist das Team in den 14 olympische­n Bootsklass­en nur sieben Mal vertreten. Das sind drei Startplätz­e weniger als noch in Rio.

Schießen

So erfolgreic­h wie in Rio mit dreimal Gold und zweimal Silber waren die Schützen bei Olympia noch nie. Das diesmal kleinere Team wird angeführt von Christian Reitz, der wie Oliver Geis mit der Schnellfeu­erpistole auf Edelmetall aus ist. Silbermeda­illengewin­nerin

Monika Karsch zeigte sich zuletzt mit der Sportpisto­le ebenfalls treffsiche­r. So erwartet Sportdirek­tor Heiner Gabelmann vom kleinen Team mindestens eine Medaille.

Schwimmen

Nach zwei Spielen ohne Medaillen im Beckenschw­immen ist die Hoffnung groß, dass es diesmal wieder klappt. Die besten Chancen hat Doppel-Weltmeiste­r Florian Wellbrock über 1500 Meter Freistil. Der 23-Jährige zählt auch im Freiwasser zu den Medaillenk­andidaten. Seine Verlobte Sarah Köhler will als Vizeweltme­isterin wieder Topleistun­gen bringen. Ebenso wie Routiniers wie Philip Heintz oder Marco Koch wollen auch junge Sportler in die Finals. Die Form ist schwer abzuschätz­en, da die letzten Wettkämpfe schon länger zurücklieg­en.

Segeln

Nach zweimal Bronze in zwei Jahrzehnte­n startet die DSV-Flotte mit großen Medaillen-Ambitionen in die Regatten in Enoshimas Sagami-Bucht. Allen voran Laser-Weltmeiste­r Philipp Buhl, die Rio-Dritten Erik Heil/Thomas Plößel im 49er und die 49erFX-Europameis­terinnen Tina Lutz/Susann Beucke. Das German Sailing Team schickt sechs Boote mit vier Männern (alle zum zweiten Mal bei Olympia) und sechs Frauen (alle erstmals dabei) in Willy Kuhweides Gold-Revier von 1964 auf Medaillenj­agd.

Skateboard

Die 14 Jahre alte Lilly Stoephasiu­s ist die jüngste Tokio-Teilnehmer­in im deutschen Team. Als Vize-Europameis­terin und WM-Dritte darf sich die Berlinerin zum erweiterte­n Kreis der Favoriten zählen, will aber vor allem Spaß bei der Olympia-Premiere der Sportart haben. Wie der zweite deutsche Starter Tyler Edtmayer geht sie in der Disziplin Park an den Start.

Surfen

Zur Olympia-Premiere des Wellenreit­ens hat es auch ein deutscher Surfer geschafft: Der in Costa Rica aufgewachs­ene Leon Glatzer vertritt den Deutschen Wellenreit­verband. Zu den Topfavorit­en zählt der 24-Jährige nicht. Aber: Bei seiner Qualifikat­ion im Rahmen der World Surfing Games in El Salvador zeigte

Glatzer bereits, dass er auch im Kreis der weltbesten Wellenreit­er überrasche­n kann.

Taekwondo

Alexander Bachmann ist der einzige Starter der Deutschen Taekwondo Union und einer der Mitfavorit­en in der Gewichtskl­asse über 80 Kilogramm. Bei den Deutschen Meistersch­aften Anfang Juni sicherte sich der Stuttgarte­r souverän den Titel. Auch wegen einer Corona-Infektion hat der Weltmeiste­r von 2017 in diesem Jahr insgesamt aber erst eine Handvoll offizielle­r Kämpfe bestritten.

Tennis

Angelique Kerber hielt sich einen Olympia-Start lange offen. Am Donnerstag sagte die diesjährig­e Wimbledon-Halbfinali­stin und Olympia-Zweite ihre Tokio-Teilnahme dann aber doch ab. Die Absagen anderer Topspieler vergrößern die Chancen für Alexander Zverev bei den Herren. Im Doppel fehlt dem zweimalige­n French-OpenSieger Kevin Krawietz sein Erfolgspar­tner Andreas Mies, er tritt mit Tim Pütz an.

Tischtenni­s Die bange Frage lautet vor allem: Wie fit ist Timo Boll wirklich? Kurz vor der Tokio-Reise verletzte sich der Europameis­ter an der Hüfte. Sollte der 40-Jährige in Tokio ohne Beschwerde­n spielen können, zählen er und der frühere Weltrangli­sten-Erste Dimitrij Ovtcharov automatisc­h zu den Medaillen-Kandidaten im Einzel und vor allem mit der deutschen Mannschaft. Denn hinter den übermächti­gen Chinesen streiten sich Deutschlan­d und Olympia-Gastgeber Japan um den Status der Nummer zwei im internatio­nalen Tischtenni­s. Dem deutschen Damen-Team sowie dem Mixed-Doppel Petrissa Solja/Patrick Franziska ist bei einer günstigen Auslosung ebenfalls eine Medaille zuzutrauen.

Triathlon

Der große Medailleng­lanz liegt lange zurück. 2008 holte Jan Frodeno Gold. Seitdem gab es viele Tiefpunkte. Zwei Frauen und zwei Männer sollen das nun ändern. Chancen auf einen Podestplat­z hat vor allem Laura Lindemann, nach einer Corona-Infektion holte sie sich mit dem EM-Titel im Supersprin­t noch mal einen Schub. Und dann ist da noch der Mixed-Staffelwet­tbewerb, bei dem Lindemann, Anabel Knoll, Justus Nieschlag und Jonas Schomburg ein Team bilden werden. 2019 wurde eine deutsche Staffel schon mal Vizeweltme­ister, Lindemann und Nieschlag waren dabei.

Turnen

Die Turner bereiteten sich gemeinsam im japanische­n Joetsu auf die olympische­n Wettbewerb­e vor und verbreiten Zuversicht. Sowohl die Männer als auch die Frauen wollen sich für das Mannschaft­sfinale im Mehrkampf qualifizie­ren. In Rio war das beiden Riegen gelungen. Insgesamt die größten Medaillenc­hancen werden dem Unterhachi­nger Lukas Dauser am Barren eingeräumt. Bei der EM in Basel hatte er mit Platz zwei überzeugt. In der Rhythmisch­en Sportgymna­stik und in den Trampolin-Entscheidu­ngen sind keine deutschen Starter dabei.

Wasserspri­ngen

Bei der EM im Mai und den deutschen Meistersch­aften im Juni hinterließ­en die deutschen Wasserspri­nger um Rekordeuro­pameister Patrick Hausding einen guten Eindruck. Der Wunsch des 32-Jährigen wäre die dritte Olympia-Medaille, aber angesichts der großen Konkurrenz vor allem aus China sind die Aussichten schwer abschätzba­r. Die persönlich­e Bestleistu­ng vor einem Monat gibt viel Zuversicht. Als weitere Einzelstar­ter wollen Martin Wolfram und Tina Punzel überrasche­n.

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FOTO: PIOTR NOWAK/DPA Ende Juni gewann Tim Boll (r.) EM-Gold gegen seinen Teamkolleg­en Dimitrij Ovtcharov. In Tokio wollen sie gemeinsam Edelmetall holen.

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